Julia Extra 0357
seine Richtung ausstreckte. Gabriel machte keinerlei Anstalten, darauf zu reagieren, ja er lächelte nicht einmal.
Natürlich tat er es nicht.
Warum sollte er auch nur das leiseste Interesse an seinem eigenen Sohn haben?
Die Aufzugtüren öffneten sich, und sie betraten das Penthouse, wo Maria Silva sie mit einem strahlenden Lächeln begrüßte.
„Was für eine Freude, Sie wiederzusehen, senhora Laura! Und das ist also Ihr reizendes Baby …“ Sichtlich hingerissen wandte sie sich Robby zu und fing sofort an, mit ihm zu schäkern.
„ Senhora ?“, wiederholte Laura, erstaunt, dass sie soeben zur verheirateten Frau befördert worden war.
Die korpulente grauhaarige Frau errötete. „Sie sind jetzt Mutter und verdienen Respekt“, sagte sie und streckte einladend die Hände nach Robby aus. Der Kleine grinste von einem Ohr zum andern, und sie nahm ihn entzückt auf den Arm.
Jetzt hatte Laura endlich Gelegenheit, sich etwas genauer umzuschauen. Auf den ersten Blick sah alles genauso aus wie früher, und doch wirkte das Penthouse irgendwie verändert. Schließlich erkannte sie, woran es lag: Sämtliche offenen Steckdosen und scharfen Kanten waren sorgfältig überklebt worden. Sie ging ins Esszimmer hinüber und stellte fest, dass es sich in einen Spielzeugladen verwandelt hatte.
„Du hast ja wirklich an alles gedacht“, flüsterte sie überwältigt und drehte sich zu Gabriel um. „All dieser Aufwand für einen einzigen Tag …“
Gabriel zuckte gleichgültig die Schultern, um zu demonstrieren, dass er nicht das Geringste damit zu tun hatte. „Das war allein Marias Werk“, klärte er sie auf.
Das soeben noch so wohlige Gefühl war im Nu verflogen.
„Wir werden uns einen tollen Tag machen, nicht wahr, mein Schatz?“, zwitscherte Maria und wirbelte Robby herum, um ihn zum Lachen zu bringen. „Wenn Sie uns brauchen sollten, Miss Laura, finden Sie uns in der Küche.“
Am liebsten wäre Laura ihnen sofort gefolgt, aber Gabriel hielt sie zurück. „Die beiden kommen schon klar“, sagte er gereizt. „Mach dich jetzt lieber frisch, die Zeit ist knapp.“
Laura warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Früher hast du deine Befehle wenigstens in freundlicherem Tonfall erteilt.“
„Willst du jetzt duschen oder nicht?“
Sie presste die Lippen zusammen und nickte.
„Du hast zehn Minuten. Oder brauchst du Unterstützung?“, fügte er hinzu, als Laura keine Anstalten machte, sich in Bewegung zu setzen. Ein kurzes, herausforderndes Lächeln, dann wandte er sich ab, um in sein Schlafzimmer zu gehen.
Als er sich an der Tür noch einmal zu ihr umdrehte, sah er, dass sie nach wie vor reglos dastand.
„Ab mit dir“, forderte er sie ein letztes Mal auf. „Sonst komme ich tatsächlich, und dann gnade dir Gott.“
Eilig flüchtete Laura in die Sicherheit ihres alten Zimmers, das sich ebenfalls verändert hatte. All die Möbel, die früher dort gestanden hatten, waren verschwunden. Jetzt war es nur noch ein unpersönliches Gästezimmer, abgesehen von …
Sie sah das neue Kinderbettchen neben ihrem Bett. Den Wickeltisch, der mit Windeln, Babykleidung und allem, was Robby brauchen könnte, bestückt war. Im Schrank hingen auch für sie neue Kleider. Gabriel hatte wirklich nichts vergessen. Behutsam berührte Laura ein schwarzes Kleid und war entzückt von dem weichen Material. Dann fiel ihr Blick auf das Größenetikett.
Tja, dachte sie mit einem Anflug von Galgenhumor. An alles hatte er wohl doch nicht gedacht …
5. KAPITEL
Gabriel stand auf der sonnigen Terrasse und versuchte, sich auf die vor ihm liegenden Stunden einzustimmen, die endlich die ersehnte Entscheidung bringen würden. Er hatte bereits geduscht und sich für die Poolparty in die klassische Freizeitmontur im Carioca-Stil geworfen: Khaki-Shorts, ein offenes Hemd über einem Tanktop und Flipflops.
Während sein Blick über das bunte Treiben am Strand und das glitzernde Meer dahinter schweifte, atmete er bewusst tief und regelmäßig, um seinen Adrenalinspiegel wieder zu normalisieren. Oliveira und Adriana durften keine Sekunde daran zweifeln, dass er und Laura sich liebten. Sie mussten es glauben, denn sonst …
Nein, über einen Fehlschlag durfte er nicht einmal nachdenken! Undenkbar, dass die Firma seines Vaters ihm wieder entglitt, nachdem sie bereits zum Greifen nah war.
Gabriel umfasste fest das weiße Geländer und betrachtete die Silhouette der Wolkenkratzer, die mit den grünen Gipfeln der Serra do Mar um die Vorherrschaft am
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