Julia Extra 0357

nicht zuletzt auch sein Privatleben – wie eine gut geölte Maschine lief. Im Übrigen wusste Gabriel, dass eine Frau mit so altmodischen Werten sich niemals für das entscheiden würde, was er zu bieten hatte: Geld, Glamour und emotionsfreien Sex. Also hatte er sich jeden Annäherungsversuch, ja selbst den kleinsten Flirt mit ihr versagt.
    Bis zum letzten Jahr.
    Es war während eines Helikopter-Fluges von Açoazuls Stahlfabrik in den Norden der Stadt. Sie überflogen gerade das Straßenstück, an dem seine Familie vor fast zwanzig Jahren ums Leben gekommen war. Gabriel nahm es scheinbar emotionslos zur Kenntnis, ohne zu bemerken, dass die unerwartete Konfrontation mit dem Trauma seines Lebens einen tiefen Riss in seinem inneren Schutzwall hinterließ.
    Als er in sein Büro zurückkam, war es schon sehr spät. Seine Angestellten waren bereits gegangen, nur Laura Parker saß allein an ihrem Schreibtisch. Sie trug eine ihrer hochgeschlossenen Blusen und einen Tweedrock und heftete Papiere in verschiedene Akten ab. In diesem Augenblick entluden sich fünf Jahre unterdrückten Verlangens in Gabriel. Noch immer sah er Lauras schreckgeweitete Augen hinter den schwarz gerahmten Brillengläsern vor sich, als er sie wie ein Wahnsinniger gepackt und rücksichtslos seinen Mund auf ihren gepresst hatte.
    An jenem Abend waren ihm zwei Dinge klar geworden, mit denen er nie gerechnet hätte: Erstens war Laura Parker noch Jungfrau gewesen, und zweitens verbarg sich hinter ihrem sittsamen Äußeren eine unbeschreiblich erotische Frau, die es an Leidenschaft problemlos mit ihm aufnehmen konnte.
    Er hatte sie hart und schnell auf dem Schreibtisch genommen, doch beim zweiten Mal, nachdem er seinen Schock über ihre Unberührtheit überwunden hatte und mit ihr zu seinem Penthouse hinaufgefahren war, ließ er sich mehr Zeit. Stundenlang hatte er sie auf seinem Kingsize-Bett geliebt und jeden Zentimeter ihres göttlichen Körpers erkundet, während sie sich lustvoll stöhnend unter ihm wand und mit einem Feuer auf seine Berührungen reagierte, was ihm den Atem raubte. Es war eine in jeder Hinsicht unvergessliche Nacht gewesen. Die unglaublichste sexuelle Erfahrung seines Lebens …
    Als er Laura nun betrachtete, kam es Gabriel vor, als würde seine Brust von einer Eisenklammer zusammengepresst. Er hatte all das aufgegeben, und sie hatte sich einfach weggeworfen. Sie hatte zugelassen, dass irgendein hergelaufener Niemand sie berührte und schwängerte.
    Gabriels Hände ballten sich zu Fäusten. Vielleicht war es heuchlerisch, sich so betrogen zu fühlen. Immerhin war er mit einer ganzen Reihe von Frauen im Bett gewesen, seit sie ihn verlassen hatte. Doch diese lieblosen Begegnungen hatten ihn innerlich unberührt gelassen und ihm lediglich bewiesen, dass keine Frau Laura das Wasser reichen konnte.
    Er riss sich von ihrem Anblick los und schob entschlossen das Kinn vor. Sobald er Açoazul wieder in seinen Besitz gebracht hatte, würde er sie und ihr Kind nach New Hampshire zurückschicken. Er hatte erwogen, sie zum Bleiben zu überreden, nachdem der Deal über die Bühne gebracht war, aber das war jetzt unmöglich. Sosehr Laura ihm auch in allen Bereichen seines Lebens fehlte, gab es kein Zurück mehr. Erst recht nicht mit dem Kind. Es würde sich zu sehr nach Familie anfühlen, und das würde er nicht einmal einen Tag lang ertragen.
    „Du siehst müde aus“, stellte Laura ruhig fest.
    Er drehte wieder den Kopf zu ihr, und ihre Blicke begegneten sich im gedämpften Licht der Kabine. „Es geht mir gut.“
    „Den Eindruck habe ich aber nicht.“
    „Es hat sich vieles verändert.“
    Gabriel sah von ihr zu dem schlafenden Baby. Er wollte sie wieder fragen, wer der Vater war. Wie lange sie gewartet hatte, bis sie mit einem Fremden ins Bett hüpfte. Eine Woche oder nur einen Tag? Hatte er sie mit Blumen und einer Flasche Wein herumgekriegt, oder waren ein paar billige Versprechungen schon genug gewesen? Was zum Teufel war geschehen, dass Laura ihren Lebenstraum verraten hatte und sich mit weniger als nichts zufriedengab?
    „Gabriel?“
    Er hob den Kopf und sah, dass sie ihn mit ängstlichem Blick beobachtete. „ Was ?“, reagierte er unfreundlich.
    „Was genau wird geschehen, wenn wir in Rio sind?“
    Er lehnte sich noch tiefer in seinen Sitz zurück. „Oliveira gibt am Nachmittag eine Poolparty in seiner Strandvilla an der Costa do Sol. Adriana wird auch dort sein.“
    Laura biss sich nervös auf die Lippe. „Heißt das, ich muss