Julia Extra 0357
sein.“
„Eher selten, falls dich das beruhigt. Entschuldige, mein Kommentar war völlig unangemessen.“
„Nein, überhaupt nicht. Du hast ja recht“, erklärte er selbstkritisch. „Ich habe dir doch selbst erzählt, dass ich mich nicht binden will. Deshalb beende ich die jeweilige Beziehung immer, bevor …“
„… sie zu intim wird?“
„Bevor sie zu kompliziert wird.“
„Aha. Und wann hast du die letzte Beziehung beendet?“
„Vor drei Wochen.“
Erst vor drei Wochen, dachte sie pikiert. Da hing der Duft seiner Ex wohl noch in den Laken. Seltsam, irgendwie störte sie das.
„Hast du damit ein Problem?“, erkundigte er sich besorgt, als er ihr Missfallen bemerkte.
„Nein, nein“, versicherte sie ihm schnell.
„Keine Angst, es wurden keine Herzen gebrochen“, witzelte er.
Nachdenklich drehte sie das Weinglas in ihrer Hand. „Hat dir schon mal jemand das Herz gebrochen?“, fragte sie leise.
„Nein, noch nie. Genau wie ich es mir vorgenommen habe.“
Das klang ja sehr mysteriös. Bevor sie nachfragen konnte, wollte Thomas wissen: „Und wie ist es mit dir?“
Ihre Beziehungen hatten zwar länger gedauert, doch richtig ernst war es Elizabeth eigentlich mit keinem ihrer Partner gewesen. Und ihr Herz war auch intakt geblieben. „Nein, mir auch nicht.“
„Dann warst du auch noch nie richtig verliebt?“
„Nein, ich glaube nicht.“ Traurig, wenn man auf die Dreißig zuging.
Doch Thomas teilte diese Auffassung nicht. „Sehr gut. Das ist die Sache nämlich nicht wert.“
„Woher willst du das wissen, wenn du selbst noch nie verliebt warst?“
„Ich weiß es, weil ich gesehen habe, wohin die Liebe führen kann. Das ist nichts für mich. Ich möchte nie so …“
„Verletzbar sein?“
„So dumm.“
Liebe war für ihn gleichbedeutend mit Dummheit? Elizabeth fand das sehr traurig und konnte diese Einstellung nicht nachvollziehen. „Ich könnte es mir sehr schön vorstellen, mal so richtig verliebt zu sein.“
„Aber so bleibt es nicht“, gab er sachlich zu bedenken.
„Du meinst, die Liebe geht vorbei?“ Ihre Eltern waren bis zum heutigen Tag ineinander verliebt.
„Nein. Das ist ja gerade das Schlimme. Sie dauert bis über den Tod hinaus an.“
„Wäre es besser, sie hätte ein Verfallsdatum?“
„Nein.“ Bedrückt senkte er den Blick. „Die Liebe überdauert alles. Man ist machtlos dagegen.“
„Aber dann verstehe ich nicht, was du gegen die Liebe hast, Thomas.“
„Mein Vater hat meine Mutter von ganzem Herzen geliebt“, erklärte er leise. „Richtig verzweifelt hat er sie geliebt.“
„Und das ist schlimm?“
„Nein, jedenfalls war es das nicht, solange meine Mutter am Leben war. Meine Eltern und ich hatten einen Verkehrsunfall, als ich acht Jahre alt war“, erzählte er. „Unser Wagen ist bei einem Gewittersturm von der Straße abgekommen und mit dem Dach zuerst in einem See gelandet.“
Auf seinem Gesicht spiegelte sich das Entsetzen über das schreckliche Erlebnis. Am liebsten hätte Elizabeth ihn tröstend in die Arme genommen. Sie ahnte, was jetzt kam.
„Deine Mutter hat den Unfall nicht überlebt.“ Langsam fügte sich ein Puzzleteil nach dem anderen zum Gesamtbild. Es war kein schönes Bild.
Traurig schüttelte Thomas den Kopf. „Meiner Großmutter hat mein Vater erzählt, sie wäre sofort tot gewesen. Aber ich war dabei. Ich weiß, wie es wirklich gewesen ist.“
Dabei beließ er es. Er war unfähig auszusprechen, was ihn seit jenem Tag verfolgt hatte. Hätte sein Vater die Wahl gehabt, er hätte seine Frau gerettet und nicht seinen Sohn. Doch Thomas’ Mutter hatte ihrem Mann diese Wahl nicht gelassen. Als immer mehr Wasser durch die zerborstene Windschutzscheibe drang und Hoyt verzweifelt versuchte, seine Frau aus dem eingeklemmten Sitzgurt zu befreien, hatte sie seine Hände weggestoßen und geschrien: „Lass mich! Bring Tommy in Sicherheit!“
„Oh Thomas! Das tut mir schrecklich leid!“
Auch durch Elizabeths aufrichtiges Mitgefühl ließen sich die grausamen Erinnerungen nicht verbannen. Sie würden ihn wohl bis ans Ende seiner Tage verfolgen. Aber ihre Anteilnahme tat gut. „Ich rede nicht gern darüber“, sagte er leise. Nicht einmal mit Nana Jo konnte er über dieses schmerzvolle Thema sprechen. Schon gar nicht mit ihr, denn sie hatte bei dem Unfall ja ihr einziges Kind verloren.
„Das kann ich gut verstehen, Thomas. Und normalerweise würde ich auch nicht nachfragen, weil es mich eigentlich nichts angeht. Aber unter
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