Julia Extra 0357
binden will“, erklärte Elizabeth.
„Aha. Hat er das gesagt oder ist das nur deine Vermutung?“
„Er hat mir schon beim ersten Abendessen unmissverständlich erklärt, dass er niemals eine dauerhafte Beziehung eingehen wird.“
„Das sagen alle Männer.“
„Aber er meint das auch so.“ Sie erzählte Mel, was Thomas ihr gestern Abend über seine Eltern anvertraut hatte. „Er hält die Liebe für eine unheilbare Krankheit“, berichtete sie abschließend.
Diese schockierenden Tatsachen musste Mel erst mal verdauen. „Das ist natürlich hart“, sagte sie schließlich ernst. „So eine Erfahrung prägt dich fürs ganze Leben. Kein Wunder, dass Thomas Bindungsängste hat.“
„Da muss ich dir leider recht geben.“ Elizabeth stöhnte missvergnügt. „Warum muss er so liebenswert sein? Alles wäre einfacher, wenn er ein frauenfeindlicher Schuft wäre.“
„Ist er aber nicht.“ Mel lächelte vor sich hin. „Aber du hast natürlich die Möglichkeit, den Deal platzen zu lassen. Sag einfach, du hättest es dir anders überlegt. Wir finden sicher eine andere Möglichkeit, das Geld für die Stiftung zusammenzubringen.“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Es geht nicht, Mel. Ich habe ihm doch mein Versprechen gegeben.“ Sie lachte selbstironisch. „Solange es kein Eheversprechen ist …“
Mel blieb ernst. „Bist du sicher, dass du das wirklich durchziehen willst?“, erkundigte sie sich besorgt.
Nach kaum merklichem Zögern erklärte Elizabeth: „Ja. Heute in einer Woche gehen Thomas und ich ja sowieso wieder getrennte Wege.“
Besonders tröstlich fand sie diese Vorstellung allerdings nicht. Eher im Gegenteil. Doch darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken.
„Wenigstens machst du dir nichts vor“, sagte Mel.
„Genau. Es hat nun mal keinen Sinn, jemanden ändern zu wollen, der sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Dadurch vergrault man ihn erst recht.“
„Sag mal, ist alles in Ordnung mit dir, Elizabeth?“ Mel musterte sie besorgt.
„Klar. Ich mag Thomas und fühle mich zu ihm hingezogen. Aber verliebt bin ich nicht in ihn. So, jetzt aber genug davon!“ Energisch wandte sie sich ab und widmete sich der Arbeit am Computer, der inzwischen hochgefahren war.
Mel stand auf und ging zur Tür. „Elizabeth?“
„Ja?“ Sie sah kurz auf und begegnete Mels beunruhigtem Blick.
„Versprich mir, dass du auf dich aufpasst.“
„Versprochen.“ Tatsächlich beschloss sie, sich sorgfältig auf den Abend mit Thomas vorzubereiten und nahm sich vor, das Treffen als Geschäftstermin zu betrachten. Sie erstellte einen ganzen Katalog von Fragen, die Thomas ihr beantworten sollte, damit sie auf den Termin bei seiner Großmutter gut vorbereitet war. Dann überlegte sie, was er noch über sie wissen müsste. Schließlich erstellte sie eine Tabelle ihrer Vorlieben und Abneigungen sowie einen tabellarischen Lebenslauf. Auch die Namen ihrer Haustiere schrieb sie auf. Die Geburtstage ihrer Eltern und ihres Bruders Ross vermerkte sie ebenfalls.
Ach, Ross! Wo mochte er wohl gerade stecken? Er fehlte ihr sehr. Fünf Monate vor seinem achtzehnten Geburtstag hatte er sich aus dem Staub gemacht. Im Gegensatz zu ihr hatten Delphine und Skeet Verständnis dafür aufgebracht.
„Er ist glücklich“, hatte Delphine behauptet. „Nicht alle Menschen sind zum Studieren geschaffen, Lizzie.“ Skeet hatte ihr zugestimmt. Er selbst hatte schließlich auch keinen höheren Bildungsabschluss und hielt seine Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Wenn sie manchmal bei Freunden oder Verwandten unterkriechen mussten, dann war das auch okay.
„Alles ist gut, so wie es ist.“ Das war Skeets und Delphines Leitspruch.
Sie hatten gut reden. Schließlich trugen sie keine Schuld daran, dass Ross das Weite gesucht hatte. Das hatte Elizabeth sich ganz allein zuzuschreiben. Im Gegensatz zu der lässigen Einstellung ihrer Eltern hatte sie immer wieder darauf gedrängt, dass er einen Schulabschluss machte.
„Was soll denn aus dir werden?“, hatte sie wütend gefragt, nachdem er die Schule endgültig geschmissen hatte. „Ohne Ausbildung landest du auf der Straße.“
„Mom und Dad haben auch keinen Abschluss und es geht ihnen gut“, hatte er argumentiert.
„Ohne Freunde und Verwandte, die uns immer wieder bei sich aufgenommen haben, wären wir obdachlos, Ross. Außerdem wird es immer schwieriger, ohne Ausbildung einen Job zu finden.“
„Eine Streberin in der Familie reicht“, sagte er
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