Julia Extra 0357
einem guten Jahr mit dem Ziel zu uns gekommen, seinen Töchtern eine Gutenachtgeschichte vorlesen zu können.“
„Nun hat er sein Ziel erreicht. Das freut mich für ihn und für dich, Elizabeth. Es muss ein gutes Gefühl sein, den Menschen zu helfen.“
„Ja, das stimmt.“ Sie trank einen Schluck Cola. „Und wie war dein Tag?“
„Reine Routine. Ich bin mit dem Leiter meiner Rechnungsabteilung Zahlenkolonnen durchgegangen. Wir wollten eigentlich expandieren, aber dieser Plan liegt jetzt erst mal auf Eis, weil die Finanzierung nicht stimmt. Nun müssen wir uns um andere Investoren bemühen.“
„Das ist sicher schwierig in dieser Wirtschaftskrise.“
„Auch nicht schwieriger, als das Geld für deine Stiftung zusammenzubekommen.“
„Mit deiner Hilfe ist es mir gelungen.“ Sie wurde ernst und schlug in sachlichem Tonfall vor, sich gemeinsam durch die mitgebrachte Mappe zu arbeiten.
Noch bevor der Ober mit der Dessertkarte an den Tisch kam, wusste Thomas alles über Elizabeths frühere Haustiere. Ihre Goldfische hatte sie Bonnie und Clyde genannt.
Wie seltsam, dass sie mir immer rätselhafter wird, je mehr ich über sie erfahre, dachte er, als er sie schließlich zum Bürogebäude zurückfuhr, wo ihr Wagen auf dem Parkplatz wartete.
Schon während der Fahrt war die Stimmung angespannt gewesen, doch als er jetzt höflich den Wagenschlag ihres Autos für Elizabeth aufhielt, wurde es noch schlimmer.
„Gute Nacht.“ Er beugte sich vor, um ihr einen flüchtigen Kuss zu geben, doch sie streckte schnell die Hand aus und stieß ihm dabei versehentlich in die Rippen.
„Entschuldigung.“ Sie hüstelte. „Ich weiß, du hast gesagt, wir sollen uns an Küsse und zärtliche Gesten gewöhnen, aber mir ist das irgendwie unangenehm.“
Das schmeckte ihm gar nicht. Er musste sich sehr zusammenreißen, damit aus einem keuschen Kuss nicht wieder heiße Leidenschaft entbrannte, und Elizabeth verweigerte ihm sogar einen flüchtigen Kuss? Das war ihm noch nie passiert. Seltsam, gestern Abend hatte sie völlig anders reagiert. Genau das sagte er ihr auch.
„Ja, aber wir sollten uns zurückhalten. Schließlich ist unsere Beziehung nur gespielt.“
„Hm.“ Las er da Bedauern in ihrem Blick?
„Keine Sorge, Thomas, wenn deine Großmutter dabei ist, werde ich nicht zurückweichen, wenn du den Arm um mich legst.“
„Gut zu wissen.“
„Und was den Rest betrifft: Vielleicht könntest du ihr erklären, dass es Beth unangenehm ist, ihre Gefühle in der Öffentlichkeit zu zeigen.“
Jetzt sprach sie von ihrer Rolle schon in der dritten Person! Wahrscheinlich um Distanz zu schaffen. Was blieb ihm anderes übrig, als ihr zum Abschied lediglich höflich die Hand zu schütteln. „Ich faxe dir den ausgefüllten Fragebogen gleich morgen Vormittag zu“, sagte er noch, bevor sie sich ans Steuer setzte.
Griesgrämig betrat er zwanzig Minuten später sein großes Haus, das Ähnlichkeit mit einem Ranchgebäude hatte, und nahm sich den Fragebogen vor.
Ärmellänge? Wozu wollte sie die denn wissen? Verwundert schüttelte er den Kopf. Die Fragen, die er Elizabeth am liebsten gestellt hätte, zielten in eine ganz andere Richtung …
Zwei Stunden später tigerte er in seinem Schlafzimmer hin und her, weil er einfach nicht zur Ruhe kam, als plötzlich das Telefon auf dem Nachttisch klingelte.
„Hallo, Tommy.“ Nana Jos Stimme drang laut und klar an sein Ohr, als er abnahm. „Ich war nicht sicher, ob ich dich zu Hause erreichen würde.“
Thomas warf einen Blick auf die Uhr. Es war nach zehn. Eine ungewöhnliche Zeit für einen Anruf von seiner Großmutter. „Alles in Ordnung, Nana Jo?“, fragte er daher sofort besorgt.
„Alles bestens. Ich freue mich schon sehr aufs Wochenende.“
„Ich mich auch.“
„Ich kann es kaum erwarten, Beth endlich kennenzulernen. Ihr kommt doch beide, oder?“
„Ja, am Freitag. Wie wir es verabredet haben. Wir haben uns vorhin beim Abendessen über das Wochenende unterhalten.“ Thomas war froh, seine Großmutter nicht mehr belügen zu müssen. Auch wenn es nur die halbe Wahrheit war.
Nana Jos Stimme war die Freude anzuhören. „Hast du sie in ein romantisches Restaurant mit Kerzenschein und Stehgeiger eingeladen?“
„Stehgeiger? So etwas kenne ich nur aus alten Filmen.“ Thomas lachte. „Wir waren in einem indischen Restaurant. Immerhin brannte auf unserem Tisch eine Kerze.“
„Indisch? Klingt exotisch und nach vielen Gewürzen.“
Thomas lächelte über ihre
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