Julia Extra 0357
Schuldbewusstsein und Sorge spiegelten sich in seiner Miene. „Du kennst meine Gründe.“
„Ja.“ Sie wusste auch, dass er tatsächlich von diesen Gründen überzeugt war. Ebenso wie von den Gründen für seine Überzeugung, niemals eine feste Beziehung einzugehen. In beiden Fällen lag er falsch. Doch das musste er selbst herausfinden.
„Trotzdem finde ich, du solltest ihr die Wahrheit sagen.“
„Was ist denn die Wahrheit?“, fragte er verwirrt.
Elizabeth musterte ihn überrascht. Dann zählte sie die Punkte auf: „Wir sind nicht verlobt. Wir sind nicht einmal zusammen. Wir sind nur flüchtige Bekannte.“
„Ich habe aber das Gefühl, dich besser zu kennen, als jede andere Frau zuvor, Elizabeth.“
Sie lehnte sich zurück. Das süße Ziehen in ihrem Bauch und Thomas’ interessierter Blick machten sie misstrauisch. „Wir haben uns erst Montag kennengelernt, Thomas.“
„Wie lange wir uns kennen, spielt keine Rolle. Ich werde dir beweisen, wie gut ich dich kenne.“
„Also gut.“ Sie gab sich geschlagen.
Doch zunächst wurde der Nachtisch serviert. Das mit frischen Blaubeeren, Brombeeren und Himbeeren gefüllte Törtchen sah köstlich aus. Beim Anblick der Köstlichkeit, die der Ober vor Thomas auf den Tisch stellte, lief ihr erst recht das Wasser im Mund zusammen. Das Dessert war mindestens ebenso verführerisch, wie der Mann, der ihr gerade tief in die Augen sah.
„Wo waren wir stehen geblieben?“, fragte er herausfordernd.
„Du wolltest mich mit deinen Kenntnissen über mich blenden.“
„Da ist wieder dieser trockene Humor! Mit einer Spur Sarkasmus, für die du dich am liebsten sofort entschuldigen würdest.“
Sie schob sich eine saftige Himbeere in den Mund und verdrehte die Augen himmelwärts. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“ Oder doch?
„Bist du wohl“, widersprach er. „Es gefällt mir, dass du die Gefühle deiner Mitmenschen nicht verletzen willst. Und du bedauerst die Wahl deines Nachtischs.“
„Gar nicht wahr!“ Zum Beweis probierte sie das Törtchen und schob noch eine Blaubeere hinterher. „Köstlich.“
„Okay, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Du hast dir die Beeren ausgesucht, weil sie nicht nur köstlich sind, sondern auch gesund. Wahrscheinlich lässt du das halbe Törtchen auf dem Teller.“
Das hatte sie tatsächlich vorgehabt.
„Aber eigentlich hättest du dir viel lieber auch den roten Samtkuchen bestellt.“
„Und warum habe ich es nicht getan?“, fragte sie unleidlich, weil er schon wieder recht hatte.
„Weil du lieber auf Nummer sicher gehen wolltest.“
„Ach ja? Und wieso sitze ich dann hier und spiele deine Verlobte?“
„Meine Großmutter sitzt nicht mehr am Tisch, Elizabeth. Du brauchst also keine Rolle mehr zu spielen.“ Wieder schaute er ihr tief in die Augen. „Ich frage mich, warum du mir die letzten beiden Tage vor der Fahrt hierher aus dem Weg gegangen bist.“
„Das stimmt so nicht. Wir hatten doch Kontakt.“
„Per E-Mail und Nachrichten auf der Mailbox. Okay, ein kurzes Gespräch war auch dabei, als du meine Einladung ins Kino ausgeschlagen hast.“ Als sie widersprechen wollte, hob er gebieterisch die Hand. „Und gestern Abend hast du dich ins Gästezimmer verzogen, sobald Nana Jo uns eine gute Nacht gewünscht hatte.“
Schuldig im Sinne der Anklage! „Und was ist mit dir, Thomas? Du gehst auch lieber auf Nummer sicher.“ Sie bezog sich auf die Tatsache, dass er jede Beziehung beendete, bevor es ernst wurde. Thomas wusste, was sie meinte, ohne dass sie es hätte in Worte fassen müssen. Seine Miene sprach für sich.
„Schon möglich. Aber hier geht es nicht um mich. Du kannst mich später ins Kreuzverhör nehmen.“
„Worauf du dich verlassen kannst.“
„Ich weiß. Dich zu unterschätzen, wäre nämlich ein Riesenfehler, Elizabeth. Leider stellst du dein Licht unter den Scheffel. Es war mein Ernst, als ich meiner Großmutter vorhin verraten habe, wie sehr ich deinen Einsatz bewundere.“
Er kennt mich wirklich ziemlich gut, dachte sie verunsichert und fragte in scharfem Tonfall: „Bist du nun fertig?“
Thomas ließ sich durch ihre Kratzbürstigkeit nicht beirren. „Ich habe gerade erst angefangen. Du bist viel zu faszinierend und vielschichtig, als dass ich dich so schnell analysieren könnte. Ich möchte mir dazu viel Zeit lassen.“ Er probierte seinen Kuchen. Unbewusst ließ Elizabeth die Zunge über die Lippen gleiten.
Thomas lächelte wissend und so sexy, dass sie ihm nicht
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