Julia Extra 0357
nichts mit Sex zu tun hatte?
Als Neo bei Cassandras Haus ankam, war die Tür nicht abgeschlossen, genau wie sie gesagt hatte. Es störte ihn, dass sie nicht auf Sicherheit achtete, noch mehr beunruhigte ihn die Musik, die er aus dem Klavierzimmer dringen hörte. Wenn Cassandra spielte, konnte jeder unbemerkt ins Haus eindringen. Das Stirnrunzeln stand noch immer auf seiner Stirn, als er das Zimmer betrat.
Sie saß am Flügel und sah auf, ohne ihr Spiel zu unterbrechen. „Guten Morgen, Neo.“
„Ihre Tür war nicht abgeschlossen.“
„Das hatten wir doch vereinbart.“
„Es ist nicht sicher.“
„Ich dachte, Sie wollten Zeit sparen und direkt mit dem Unterricht beginnen.“
Er wartete nicht auf ihre Aufforderung, setzte sich gleich zu ihr auf die Bank. „Sie konnten mich nicht kommen hören.“
„Das brauchte ich auch nicht. Ich wusste doch, dass Sie kommen.“
„Darum geht es nicht.“
„Nicht?“ Sie sah ihn an, als wüsste sie wirklich nicht, wovon er sprach.
„Nein.“
„Nun … sollen wir dann da ansetzen, wo wir letzte Woche aufgehört haben?“
Neo war es nicht gewohnt, dass man so einfach über seine Einwände hinwegging. Und doch war er nicht verärgert, sondern musste im Gegenteil diese stille Frau bewundern, die ihn mit wenigen Worten zu dem Grund seines Hierseins zurückbrachte. Und das war mit Sicherheit nicht die Diskussion über unverriegelte Türen.
Cassandras sanfte Stimme, mit der sie ihn durch die Stunde führte, gefiel ihm sehr. Ihre Leidenschaft für die Musik schwang in jeder Anweisung mit und zeigte sich in der Art, wie sie die Tasten anschlug, wenn sie zusammen spielten. Ein Mann würde einiges dafür geben, von seiner Geliebten mit solcher Hingabe berührt zu werden …
Dieser Gedanke musste schuld daran sein, dass Neo bei etwas so Harmlosem wie Klavierunterricht tatsächlich plötzlich erregt war.
2. KAPITEL
Cassandra hielt sich die Hand vor den Mund, als sie jetzt zum dritten Mal innerhalb weniger Minuten gähnte. In den Nächten vor dem Unterricht mit Neo schlief sie nie gut, und das schon seit fünf Wochen.
Anfangs war es die Nervosität gewesen, wieder einen Fremden in ihr Leben zu lassen, doch inzwischen hatte sich diese Unruhe in freudige Erwartung verwandelt. Cass konnte nicht sagen, warum. Neo war nicht unbedingt freundlich, sie hätte ihn nie als etwas anderes als einen ehrgeizigen Geschäftsmann bezeichnet, und doch genoss sie seine Gesellschaft. Er nahm den Unterricht ernst, auch wenn nur allzu offensichtlich war, dass er zwischen den Stunden nicht übte.
Sein Benehmen war definitiv ruppig, ja sogar arrogant. Seltsamerweise empfand Cassandra in seiner Nähe dennoch einen Frieden, wie sie ihn sonst mit niemandem erfuhr. Sie versuchte dieses Wohlgefühl zu ergründen, doch trotz aller Anstrengung konnte sie keine Erklärung dafür finden.
Was die „Keine-Nettigkeiten“-Regel betraf, so bestand er inzwischen nicht mehr so nachdrücklich darauf. Er beschwerte sich nicht, wenn sie über ihr Lieblingsthema dozierte – Musik. Er stellte Fragen, die Interesse und erstaunliches Verstehen zeigten. So scheute sie sich auch nicht, das Thema anzusprechen, das ihr seit dem ersten Treffen keine Ruhe ließ.
„Sie fahren einen Mercedes.“
„Ja.“
Es war die Einladung, weiterzureden, während er die Akkorde spielte, die sie ihm soeben gezeigt hatte.
„Sie tragen einen Designeranzug, aber keine Rolex.“
„Sie sind eine gute Beobachterin“, sagte er mit diesem kleinen Zucken in den Mundwinkeln, das sie so gerne sah.
„Vermutlich.“
„Ich verstehe nur nicht, worauf Sie hinauswollen.“ Er sah sie fragend an.
„Ich hätte erwartet, dass Sie einen Ferrari fahren.“
„Ah … ich verstehe.“ Er lächelte.
Es war ein richtiges Lächeln, und alles um Cass drehte sich plötzlich. Als hätte ihr jemand in den Magen geschlagen. Das war nicht gut. Sie reagierte sonst nie so auf einen Schüler. Oder einen anderen Mann. Aber dieses Lächeln … es sollte einen Warnhinweis dafür geben! Etwa: Vorsicht, ein Blick kann tödlich sein!
„Die wenigsten Menschen würden ihre Vorurteile über reiche Männer zugeben.“
„Ich bin nicht sehr bewandert darin, das, was ich denke, zu verschleiern.“ Sie ging generell nicht gern unter Menschen. Wenn es dann aber auch noch auf Täuschung und diplomatisches Verheimlichen ankam, war sie völlig verloren.
Sein Lächeln wandelte sich in ein breites Grinsen. „Gut zu wissen.“
„Ist es das?“ Hatte sie sich vorher
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