Julia Extra 0357
der sicherlich ihre Nerven beruhigen würde. Aber das wäre wohl zu viel von Miss Parks verlangt.
Ohne ein weiteres Wort steckte Cass sich wieder die Stöpsel ins Ohr und beugte sich zurück über ihre Arbeit. Wenig später wurden eine Mineralwasserflasche und ein Glas neben sie auf den Tisch gestellt. Schlechte Laune oder nicht, Cass erinnerte sich an ihre Manieren und wandte sich um. Der höfliche Dank blieb ihr jedoch im Hals stecken, als sie in das Gesicht eines Mannes blickte, dessen Präsenz ebenso überwältigend war wie die Neos.
Selbst wenn sie vorher keine Fotos von ihm in den Zeitungen gesehen hätte, wäre ihr auch so bewusst gewesen, dass dieser Mann niemand anders sein konnte als Neos Freund und Geschäftspartner Zephyr Nikos.
6. KAPITEL
Der charismatische Grieche lächelte strahlend. „Ich freue mich sehr, Sie persönlich kennenzulernen. Neo ist nämlich nicht Ihr einziger Fan.“
Cass riss sich die Stöpsel aus den Ohren. Hätte Neos Kuss sie heute Morgen nicht immunisiert, wäre dieses Lächeln tödlich für sie gewesen.
Sie reichte ihm die Hand. „Danke, dass Sie die Meisterklassen ersteigert haben, Mr Nikos. Es freut mich immer sehr, wenn meine Musik anderen auch gefällt.“
„Nennen Sie mich bitte Zephyr. Und warten Sie noch mit dem Dank. Neo hat ja bisher nur ein paar Stunden gehabt, noch steht nicht fest, wie er sich als Schüler macht.“ Er lehnte sich an den massiven Konferenztisch. „Mein Gefühl sagt mir, dass es kein Spaziergang ist, ihn zu unterrichten, auch wenn es nur um simple Anfängerübungen geht. Und dass es jeden einzelnen Dollar, den ich dafür ausgegeben habe, wert ist.“
Cass lächelte trocken. „Ich sitze nur deshalb hier, weil er eine ganze Crew von Handwerkern und Sicherheitsleuten angefordert hat, die jetzt mein Heim zerlegen. Ich mache mir keine Illusionen, was für eine Art Schüler er ist.“
„Sie tauschen Fenster und Türen aus“, ertönte es da von der Tür her. „Das kann man wohl kaum zerlegen nennen.“
Cass sah über die Schulter. „Neo! Ist die Sitzung zu Ende?“
„Ja.“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaute Neo seinen Freund an. „Hattest du nicht gesagt, dein ganzer Vormittag sei mit Terminen besetzt?“
Der andere fantastisch aussehende Grieche zuckte mit den breiten Schultern. „Ein paar Minuten müssen sein. Ich lasse es mir doch nicht entgehen, die unvergleichliche Cassandra Baker zu treffen.“
„Das ist keine öffentliche Vorstellung.“ Neo stand kurz vor dem Explodieren. „Cassandra hat netterweise zugestimmt, den Tag mit mir zu verbringen, solange die Arbeiten in ihrem Haus vor sich gehen. Sie ist nicht zu deinem Vergnügen hier.“
Nett war sie bestimmt nicht gewesen, aber im Stillen dankte Cass Neo für die Beschönigung.
Zephyr amüsierte sich über Neos ungewohnte Beschützerhaltung. „Keine Sorge, ich hatte nicht vor, einen Konzertflügel in den Konferenzsaal bringen zu lassen“, spottete er.
„Das wäre gar nicht schlecht gewesen, dann hätte ich vielleicht mehr geschafft“, scherzte Cass. „Selbst die modernen technischen Errungenschaften haben Grenzen.“
„Du kannst es dir leisten, einen Tag freizunehmen“, kam es überzeugt von Neo.
Zephyr lachte ungläubig auf. „Und das aus deinem Mund!“
„Ich habe heute mehrere Termine abgesagt.“
„Ich weiß.“ Zephyr sah Cass forschend an. „Deshalb wollte ich ja auch diese wunderbar talentierte Lady treffen. Ich weiß, dass sie eine fantastische Pianistin ist, mir war nur nicht klar, dass sie auch zaubern kann.“
„Neo hätte mich heute nicht aus dem Haus bekommen, wenn er nicht all diese Leute angeschleppt hätte.“ Davon, dass er sie geküsst hatte, bis sie atemlos war, um sie zu überzeugen, erwähnte Cass allerdings nichts.
„Du leidest unter Agoraphobie. Dieses Problem darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen, es muss mit der notwendigen Behutsamkeit angegangen werden.“
„Das hört sich an wie aus einem medizinischen Lehrbuch …“ Und dann dämmerte es Cass. „Du hast über die Erkrankung recherchiert.“
„Einer meiner Top-Leute hat das für mich gemacht.“
„Wow. Du nimmst deine Stunden bei mir aber wirklich ernst.“
Neo zuckte nur die Achseln, Zephyr jedoch starrte seinen Freund ungläubig an. Dann änderte sich seine Miene, und er wandte sich mit einem fast mitleidigen Blick an Cass.
„Passen Sie ja auf. Wenn Neo sich erst einmal festgebissen hat, hat er die Unart, sofort das Kommando an sich zu
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