Julia Extra 260
den Vertrag erhalten, klingelte Theos Faxgerät und spuckte den ersten Kommentar aus.
Miranda konnte sich vorstellen, wie frustriert ihre Schwester gewesen sein musste, als ihr bewusst geworden war, dass es sich bei dem Dokument um einen Vertrag handelte, der nicht vor, sondern nach der Eheschließung aufgesetzt worden war. Ihr Einzeiler sprach Bände:
Warum, um alles in der Welt, hast du mich nicht gebeten, einen Blick darauf zu werfen, BEVOR du ihn geheiratet hast? Em.
Typisch Emily! Miranda musste sich das Lächeln verkneifen. Nicht einmal Grüße oder Küsse hatte ihre Schwester geschickt! Sie musste wirklich ziemlich aufgebracht sein.
„Hier kommt das nächste Fax.“ Theo seufzte ergeben, lehnte sich zur Seite und zog den Bogen aus dem Gerät. „Auch aus Ferara.“
Miranda sah ihn warnend an. Sie fand ihn besonders hinreißend, wenn er halb resigniert, halb ironisch war. Aber sie wollte einen kühlen Kopf bewahren und wandte sich daher ab, um das nächste Fax zu lesen, das er ihr reichte.
Glaub ja nicht, dass ich diesen Vertrag im Eiltempo durchlese. Schließlich habe ich mich noch um andere Dinge zu kümmern, als darauf zu warten, dass meine Schwester wieder irgendwas anstellt. Ich habe nämlich einen Job. Wie geht es dir übrigens? Ist alles in Ordnung? Nun melde dich schon!
„Darf ich?“ Miranda hatte sich wieder Theo zugewandt und zeigte auf einen Kugelschreiber.
„Bedien dich ruhig.“
Sie beugte sich über den Schreibtisch und schrieb:
Mir geht es gut. Mach dir um mich keine Sorgen. Allerdings ist es komplizierter, als ich dachte, mit Theo verheiratet zu sein. Du kannst mir bei der Hochzeitsfeier sagen, was du von dem Vertrag hältst. Tut mir leid, dich damit zu behelligen. Viele Grüße und Küsse von M.
„Schickst du es bitte für mich ab?“
Theo hatte bereits die Hand ausgestreckt.
Miranda wartete, bis das Fax unterwegs war, und stand auf.
„Die nimmst du besser an dich.“ Er hielt ihr die gefaxten Seiten hin.
„Du kannst sie in den Schredder geben.“
Theo fütterte das Gerät und sah dann auf. „Also, was ist?“
„Was soll sein?“
„Willst du mir nicht verraten, wie Emily reagiert hat?“
Schockiert, entsetzt, ungläubig – das traf es wohl ungefähr. Doch das behielt Miranda lieber für sich. Schließlich war sie nicht ganz unschuldig an der Reaktion ihrer Schwester, denn erst hatte sie Emily mit der Blitzhochzeit überrumpelt, dann hatte sie noch den Ehevertrag hinterhergeschoben.
„Sie hat gesagt, sie liest sich den Vertrag durch und erzählt mir bei der Hochzeitsfeier, was sie davon hält.“
„Ich hätte aber gern jetzt eine Antwort. Jedenfalls spätestens bis Geschäftsschluss heute Abend“, sagte Theo ungeduldig.
Miranda hatte keine Lust, sich hetzen zu lassen. „Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Meine Schwester ist sehr beschäftigt.“
„Ich etwa nicht?“ Nur mit Mühe konnte er seine Ungeduld zügeln. Der Vertrag musste unterschrieben werden. In dem Dokument, das Dimitris Anwälte ihm geschickt hatten, stand eine Klausel, wonach er mit Miranda mindestens einen Monat verheiratet sein müsse, bevor ihm Dimitris Anteile überschrieben werden könnten. In dem Ehevertrag mit Miranda stand, dass die Ehe mindestens doppelt so lange halten müsse. Erst dann würde seine Frau eine hohe Abfindung erhalten, sollte sie ihn tatsächlich verlassen wollen. Kein vernünftiger Mensch würde sich weigern, diesen Vertrag zu unterzeichnen.
Theo hatte gehofft, der Vertrag würde sie so lange beschäftigen, bis er Gelegenheit gehabt hätte, mit dem Hubschrauber zu Dimitri zu fliegen und seinen Frieden mit dem alten Mann zu machen. An dieser letzten Geste lag ihm sehr viel, seitdem er dank Miranda erkannt hatte, was Gefühle bedeuteten. Er würde allerdings ohne sie fliegen, falls es doch noch Komplikationen mit dem alten Mann geben sollte.
„Warum ist es dir mit meiner Antwort so eilig, Theo?“
„Eilig?“, fragte er gespielt ungläubig. „Ich überschreibe dir praktisch ein Vermögen, und du überlegst noch?“
Miranda wandte den Blick ab. „Das ist sehr großzügig von dir, aber wir befinden uns in den Flitterwochen, Theo. Geht es dir immer nur ums Geschäft?“
Bis vor wenigen Stunden hätte er mit Ja geantwortet, doch inzwischen hatte Miranda ihm gezeigt, dass es noch etwas anderes im Leben gab. „Entschuldige! Ich hatte gehofft, du würdest den Vertrag als Hochzeitsgeschenk betrachten.“ Er gab sich verletzt. Vielleicht würde sie das umstimmen.
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