Julia Extra 260
gezogen und es vermieden, eine ehrliche Antwort zu geben. Aber wie konnte er erwarten, dass Maggie ihm jemals vertraute, wenn er ihr gegenüber nicht offen war? In einer Beziehung ging es um Geben und Nehmen, das hatten ihm alle ehemaligen Freundinnen versucht klarzumachen. Doch genau das fiel ihm schwer, deswegen waren diese Beziehungen auch alle gescheitert. Er war es einfach zu sehr gewohnt, alles mit sich allein auszumachen. Auch wenn er ahnte, dass das nicht genügte.
Seine Mundwinkel zuckten. „Okay, in der restlichen Zeit habe ich möglicherweise ein kleines Problem damit, einige bestimmte Erinnerungen und Bilder aus dem Kopf zu bekommen.“
Maggies Herz zog sich schmerzhaft zusammen. „Was siehst du?“, fragte sie mit weicher Stimme.
Sean hob seinen Blick. Sah Maggie, direkt vor sich, nah bei ihm. Nur einige Zentimeter waren zwischen ihnen, eine Bewegung seines Kopfes würde genügen, um sie küssen zu können, sich in ihr verlieren und all das ausblenden, was ihn nachts so sehr quälte. Es könnte so einfach sein.
Wenn da nicht doch die Zweifel daran wären, dass sie das überhaupt wollte. Oder die Befürchtung, er würde sie nur benutzen, um vor den Schatten in seinem Kopf zu flüchten.
Er schüttelte den Kopf.
Maggie hob ein wenig ihre Augenbrauen. „Du kannst es mir erzählen, ich kann damit umgehen. Ich bin ein großes Mädchen, weißt du?“
„Ich bin um einiges größer als du, und es ist ziemlich offensichtlich, dass ich nicht damit umgehen kann.“
„Dann solltest du mit einer guten Freundin darüber reden.“
Jetzt verzog er den Mund zu einem echten Lächeln. „Und vielleicht kannst du mir auch sagen, wo ich die finden könnte?“
Sie zog eine Grimasse. „Okay, wir sind in der letzten Zeit öfter aneinandergeraten, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mir keine Sorgen um dich mache.“
„Oh, vielen Dank, Mary Margaret.“
Wieder drückte sie seine Hand. „Pass auf, ich mache uns einen Kakao, und dann unterhalten wir uns.“
„Nur wenn wir uns auf einen Handel einigen.“
„Auf was für einen Handel?“
„Einen Tauschhandel.“
„Bitte?“ Sie verengte misstrauisch die Augen.
„Wir sind doch Freunde, oder?“
„Ja, das sind wir.“ Maggie hoffte immer noch inständig, dass sie es auch bleiben würden, und zwar für alle Zeit. Aber sie hatte schon ein mulmiges Gefühl im Bauch.
„Und Freunde können miteinander reden.“ Er machte eine Pause. „Über alles. Das hat mir zumindest eine gute Freundin vor geraumer Zeit glaubhaft versichert.“
Es stimmte, es gab eine Zeit, als sie geglaubt hatte, sie könnten genau das tun. Aber dann hatten sich die Dinge geändert. Und da gab es jetzt Sachen, über die sie nicht mit ihm sprechen konnte. Wenn sie es tat, würde er womöglich ihr größtes Geheimnis herausfinden. Das durfte sie nicht riskieren.
„Über alles – was meinst du damit?“
Sean blinzelte einige Male und überlegte. Dann lächelte er. „Wenn du möchtest, dass ich über diese Dinge mit dir spreche, dann bist du die Erste, zu der ich wirklich offen sein werde.“
Ihre Stimme war ganz rau. „Das habe ich mir schon gedacht.“
Fragend schaute er ihr tief in die Augen, fand dort aber keine Antworten. Er beschloss, mit etwas Unverfänglicherem zu beginnen. „Also, wenn du mir etwas über deine Verabredungen erzählst, erzähle ich dir etwas über meine Schlaflosigkeit.“
Maggie seufzte erleichtert. Dann runzelte sie die Stirn. „Warum sollten dich meine Verabredungen interessieren? Du brauchst gar nicht zu denken, du könntest dich über jeden einzelnen Mann so lustig machen wie über Bryan.“
„Wow, waren alle Dates so schlimm wie das mit Bryan?“
„Siehst du, genau das meine ich – du kannst einfach nicht anders.“ Als sie versuchte, ihre Finger aus seiner Hand zu befreien, hielt er sie besonders fest.
„Ich schwöre, ich werde mich zusammenreißen. Darf ich mir etwa keine Gedanken machen?“
„Doch, das kannst du, wenn du willst.“ Sie lächelte. „Du kannst dir Sorgen machen, du kannst mich ärgern, du kannst all das machen, aber ich werde meine Meinung nicht ändern.“
„Worüber machst du dir denn Sorgen?“, fragte Maggie unschuldig. Sean hielt noch immer ihren Schlüssel fest in der Hand und blitzte sie mit seinen dunklen Augen an. Sie sollte ihm kräftig vors Schienbein treten. Tief im Inneren wollte sie natürlich, dass er sich über ihre Dates äußerte. Dennoch war das Letzte, was sie brauchte, dass Sean an ihnen
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