Julia Extra 260
bewegen, sie konnte nur dastehen und ihn anstarren. Ihm zuhören, wie die Worte aus ihm herausströmten.
„Ich bin da hinausgefahren, weil ich meinen Job machen wollte. Seit ich mit der Kamera arbeite, wollte ich das tun, und Kriegsberichterstatter waren immer schon meine großenVorbilder. Was sie taten, war für mich heldenhaft: Sie zogen von Krieg zu Krieg und sandten von dort ihre Berichte, die die Menschen zu Hause vor ihren Fernsehern in Atem hielten.“ Erneut atmete er tief durch und fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar. „Aber ich wusste nicht, wie sie dafür bezahlten, wie viel es sie kostete. Wir können also darüber sprechen, wie es ist, innerlich zu sterben.“
„Du musst nicht …“
Der Kampf um sie hatte ihn unglaublich erschöpft, und dieser Frust schlug plötzlich in Wut um. Er ging einen Schritt auf sie zu, seine Augen funkelten. „Denn wenn du mich aus deinem Leben stößt, obwohl es etwas so Wichtiges zwischen uns gibt, dann kämpfe ich um dich. Das solltest du wissen.“
„Sean …“ Sie schüttelte hilflos den Kopf.
„Ich bin nach Hause gekommen, weil ich nicht mehr konnte. Es vergiftete meine Seele, und ich dachte, wenn ich weglaufe, würde ich wieder lernen, was es heißt zu fühlen. Und das habe ich getan, und zwar, als ich dich traf. Und nun sag mir, dass all die Zeit, die wir miteinander verbracht haben, dir nichts bedeutet.“
„Das kann ich nicht, aber trotzdem …“ Maggie schüttelte verzweifelt den Kopf und versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben.
Er hielt sie am Arm fest. „Tu das nicht. Ich brauche dich, und ob du es dir nun eingestehst oder nicht, du brauchst mich auch.“
Das war zu viel für sie, zu viele Emotionen, seine und ihre. Ein Schauer rann ihr den Rücken hinunter, sie schüttelte ihren Arm frei und blickte zur Tür. „Ich will, dass du mich gehen lässt, Sean. Du musst. Ich möchte, dass du jemanden findest, mit dem das Märchen wahr werden kann, jemand, der einen Zauber in dein Leben bringt. Und ich kann das nicht. Also gibt es keinen Grund, uns gegenseitig das Herz zu brechen.“
„Aber du hast das Märchen für mich schon wahr werden lassen.“ Als sie sich umdrehte und ihn ansah, tat sein Herz ihm weh. Diesen Blick hatte er noch niemals gesehen, nicht in Maggies Augen. Sie waren ganz stumpf, der Glanz war aus dem tiefen Grün verschwunden. Und es war dieser Blick, der ihm sagte, dass er sie möglicherweise bereits verloren hatte, vielleicht sogar schon bevor er angefangen hatte, um sie zu werben. „Zuerst hast du mich zum Lachen gebracht, dann zum Reden und auch dazu, dir zu vertrauen. Als dein Freund habe ich all das wiederentdeckt, was es an guten Dingen gibt, wenn man Freunde und Familie hat.“
„Die Familie, die du mit mir nie haben wirst.“
„Das weißt du nicht hundertprozentig.“
„Aber ich habe mitbekommen, wie sehr es Kath belastet hat all die Jahre. Beinahe hätte es alles zerstört, was sie hat. Und ich möchte nicht, dass wir das Gleiche durchmachen müssen.“
Er reagierte darauf mit einem Stirnrunzeln. „Also willst du es von vornherein kaputt machen. Es ist wirklich so schwer für dich, daran zu glauben, dass wir es gemeinsam durchstehen könnten? Verdammt, Maggie, vertraust du mir wirklich so wenig?“
„Ich habe recht, und eines Tages wirst auch du das einsehen“, beharrte sie.
Sean fluchte, schüttelte ungläubig und hilflos den Kopf. „Du bist unglaublich. Stehst da und triffst alle Entscheidungen; und meine Gefühle sind dir noch nicht einmal so viel wert, alles einmal durchzudiskutieren.“ Ihm entfuhr ein bitteres Lachen. „Du hast es dir überlegt und dann eine großartige Maggie-Sullivan-Entscheidung gefällt, die dir in den Kram passt. Und kein einziges Mal ist dir dabei in den Sinn gekommen, dass ich dir zur Seite stehen würde, egal, was passiert.“
Seine Worte trafen sie direkt ins Herz.
„Und du sagst, du liebst mich zu sehr?“, fuhr er fort. „Tja, dann sag ich dir was: Was du tust, ist selbstgerecht und nicht liebevoll.“
Wie konnte er das sagen? Sie versuchte sich einzureden, dass er nur verletzt war und ihr deswegen ebenfalls wehtun wollte. Es wäre ihr nicht so wichtig gewesen, ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten, würde sie ihn nicht so lieben. Und es geschah nur aus Liebe, die Möglichkeit ziehen zu lassen, mit jemand zusammen zu sein, den sie mehr liebte als jemals jemand zuvor. Zu ihrem eigenen Besten. Selbstsucht war das Gegenteil davon.
Doch Sean war noch nicht fertig
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