Julia Extra 260
unsensibler Kerl warst, und sie demütig um die Erlaubnis gebeten, sie heiraten zu dürfen, damit du für sie und das Kind sorgen kannst. Das hast du doch gesagt, oder?“
„Ich habe gesagt, wir heiraten. Etwas anderes käme ja wohl überhaupt nicht in Frage.“
Ein seltsamer Ausdruck huschte über Leos Gesicht.
„Sag mal, kleiner Cousin, ist dir je in den Sinn gekommen, dass du in menschlichen Belangen völlig inkompetent bist?“ Aber Leo ließ ihm gar keine Zeit, diese Frage zu beantworten. „Fehlt nur noch, dass du einen Vaterschaftstest verlangt hast“, schnaubte er, hielt inne, sah Markos prüfend an und stieß einige griechische Worte aus.
„Du hast es getan? Du hast ihr gesagt, dass du einen DNA-Test willst, bevor du sie heiratest!“
„Verdammt! Natürlich habe ich das. Glaubst du etwa, ich wollte …?“ Er schwieg einen Moment. „Ich wünschte, es hättediese Tests schon bei meiner Geburt gegeben. Das hätte mein Leben viel, viel einfacher gemacht.“
Zum ersten Mal, seit er das Büro betreten hatte, verlor sich der harte Schimmer in Leos Augen.
„Was wirst du tun?“
Markos starrte in die Leere vor sich.
„Ich kann sie nicht zwingen, mich zu heiraten. Sie will das Baby allein großziehen. Also werde ich wohl einen Fonds für das Kind einrichten, auch wenn sie dagegen ist. Und ich werde dafür sorgen, dass sie finanziell abgesichert ist, auch wenn sie mir versichert hat, sie habe genug Geld.“
„Und was ist mit dem Kind? Ein Gericht würde dir zumindest ein Umgangsrecht einräumen. Und du kannst immer noch das Sorgerecht beantragen.“
„Nein! Großer Gott – glaubst du, ich würde das tun?“ Entsetzt richtete Markos seinen Blick wieder auf Leo.
Leo schüttelte den Kopf.
„Möglicherweise erhältst du das Sorgerecht auch gar nicht“, meinte er. „Vanessa ist nicht wie deine Mutter. Und du, mein Lieber“, fügte er langsam hinzu, „bist nicht wie dein Vater.“
„Nein?“, fragte dieser zurück, und das Zucken seiner Mundwinkel verriet, wie verbittert und verletzt er war. „Bevor sie mich hinausgeworfen hat, hat sie mir die Leviten gelesen. Und teilweise war ich nicht sicher, ob sie von mir oder meinem Vater spricht.“
Es war Nacht. Dunkle mondlose Nacht und kein Stern am Himmel.
Reglos stand Markos auf der Terrasse. Die Hände fest um das Geländer gelegt, sah er hinaus in die Nacht. Unter ihm flüsterte leise die Themse.
Irgendwo, Hunderte von Meilen entfernt im Südwesten, schlief jetzt Vanessa, mit seinem Kind in ihrem Bauch.
Abrupt ließ er das Geländer los und eilte durch die Terrassentür nach drinnen, in das große luxuriöse Wohnzimmer. Instinktiv sah er zum Sofa hinüber.
Aber Vanessa war nicht da.
Sie war nicht hier, mit ihren warm funkelnden Augen, mit ihren weit geöffneten Armen, die nur auf ihn warteten, darauf, dass er ihren weichen zärtlichen Mund küsste.
Nie wieder würde sie hier sein.
Nie wieder ihn verliebt ansehen. Nie wieder in seinen Armen liegen, ihr rotes Haar wie Feuer auf dem Kissen ausgebreitet und sich ihm in Ekstase hingeben. Nie wieder.
Ich habe sie für meine Geliebte gehalten, aber das war sie nie … niemals! Sie war immer viel mehr …
Es war, als wäre seine Brust in einem Schraubstock eingeklemmt. Die Schmerzen waren fast unerträglich.
Sie war immer hier. Immer bei mir. Wohin ich auch gegangen bin, sie ist mit mir gekommen. Sie hat mich nie allein gelassen …
Doch jetzt hatte sie ihn verlassen. Und sie würde nicht zurückkommen. Sondern ihr Leben leben, weit weg von ihm, und sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Erneut spannte sich der Schraubstock um seine Brust, er konnte kaum noch atmen.
Sie will mich nicht. Nicht als Ehemann und nicht als Vater für ihr Kind.
In seinem Kopf wiederholten sich die Worte, mit denen sie ein so grausames Porträt von ihm gezeichnet hatte.
Manche Väter sollten ihren Kindern erspart bleiben.
Und dann mischte sich die Stimme seines Cousins in das Echo ihrer Verurteilung. Ebenfalls grausam, aber auch einen winzigen Hoffnungsschimmer weckend.
Du bist nicht wie dein Vater.
Lange blieb er still und unbeweglich stehen. Dann hastete Markos in sein Schlafzimmer, betrat den Kleiderschrank und sah sich suchend um.
Irgendwo musste hier ein Koffer sein.
11. KAPITEL
Nach einem entspannten Tag am Strand kam Vanessa müde, aber glücklich nach Hause. Die Hitze der letzten Tage hatte ihr sehr zugesetzt. Heute jedoch wehte eine frische Brise vom Atlantik, sogar einige kleine Wolken
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