Julia Extra 260
verschwunden.
„Und, bist du wütend?“, hauchte sie.
„Nein.“
Leah schluckte. Wie in aller Welt sollte sie den Rest des Abends durchstehen?
Als sich endlich alle von der Dinnertafel erhoben, war Leah in Gedanken schon all die Plätze durchgegangen, an denen sie mit Jason allein sein konnte, wo sie unbefangen miteinander reden konnten, wo er sie küssen und berühren konnte und vielleicht auch …
„Ich gehe mit Jason ins Bootshaus, damit er sich deine Yacht ansehen kann, Daddy“, erklärte sie ihrem Vater. „Er hat Interesse daran, das Boot zu kaufen. Du wolltest es doch verkaufen, oder?“
„Aber nur, wenn es ein Schnäppchen ist“, schaltete sich Jason unvermittelt ein und zuckte ob Leahs Lüge nicht mal mit der Wimper. Was für ein cleverer Mann er war! Clever und atemberaubend und unwiderstehlich!
Leahs Vater seufzte betont bekümmert. „Ich fürchte, ich muss meiner Tochter noch die Kunst der Verhandlung beibringen. Du solltest niemals deine Karten zeigen, Leah. Lass die Leute in dem Glauben, dass du ihnen nicht geben wirst, was sie haben wollen.“ Joachim schaute von ihr zu Jason und wieder zurück, und dabei lächelte er äußerst zufrieden. „Dann geht ihr beiden. Zeig diesem jungen Mann mein Boot, aber überlass die eigentlichen Verhandlungen mir.“
Jason nahm ihre Hand in dem Moment, in dem sie allein auf der Terrasse waren. Er zog sie in den Schatten und drückte sie gegen die Wand.
„Das ist es, was du willst, nicht wahr?“, stöhnte er, bevor er seinen Mund auf ihren senkte.
Der Kuss war leidenschaftlich und wild. Jason plünderte ihre Lippen und brachte ihr Herz zum Rasen. Wer weiß, was sie noch alles zugelassen hätte, wenn er sie nicht erneut an der Hand genommen und am Pool vorbei weiter in den Garten geführt hätte.
„Ist es versperrt?“, fragte er harsch, als sie sich dem Bootshaus näherten.
„Ja. Aber ich weiß, wo der Schlüssel ist.“
„Das dachte ich mir.“
Er klang wütend, wie sie plötzlich feststellte. Entweder das oder einfach genauso ungeduldig wie sie selbst.
„Du bist doch nicht wütend auf mich, oder?“, fragte sie, als sie die Tür des Bootshauses erreichten.
Er drehte sie zu sich um und presste sie hart gegen sich.
„Eher wütend auf mich selbst“, stieß er hervor und küsste sie erneut, dieses Mal noch länger. Als er endlich den Kopf hob, hatte sie den Faden des Gesprächs verloren.
„Der Schlüssel“, murmelte er nervös. „Wo ist bloß der verdammte Schlüssel?“
Ihre Hände zitterten, als sie um ihn herum nach einer kleinen schwarzen Box hinter einem großen Blumenkübel griff und daraus einen Schlüssel entnahm.
Jason streckte die Hand danach aus und rammte ihn ins Schloss. Die Angeln quietschten ein bisschen, als er die Tür aufstieß.
„Gibt es hier drinnen irgendwo Licht?“
„Müssen wir es anmachen?“
„Wenn ich mir das Boot ansehen soll.“
„Du meinst, du willst dir das Boot wirklich anschauen?“
„Nur den Teil, in dem die Kojen sind.“
„Oh.“
Sie drehte das Licht an.
Das Bootshaus war groß genug, um die kleine Yacht ihres Vaters zu beherbergen – ein schlankes weißes Boot, das unter Deck tatsächlich über Schlafkabinen verfügte. Der Anblick des Namens ihrer Mutter, der auf die Bordwand aufgemalt war, dämpfte jedoch Leahs Leidenschaft. Genauso wie der muffige Geruch im Bootshaus. Als sie ein Nagetier hörte, das unter einen leeren Karton auf dem Boden krabbelte, stieß Leah einen spitzen Schrei aus und griff nach Jasons Arm.
„Was ist los?“
„Ich … ich glaube, ich habe eine Maus gehört. Oder vielleicht eine Ratte.“
„Eine Ratte …“
„Ja. Ich hasse Ratten“, flüsterte sie und schauderte.
Jason hätte ihr beinahe gesagt, dass sie sich täuschte. Sie mochte Ratten. Sie hatte schließlich eine geheiratet. Und sie war gerade im Begriff, mit einer weiteren eine Affäre zu beginnen.
Denn schließlich hatte sich seit diesem Morgen nichts geändert. Er konnte ihr immer noch nicht mehr bieten als seinen Körper.
Unglücklicherweise ließ sein Verlangen es nicht zu, dass sein Gewissen die Oberhand gewann. Aber er konnte noch ein wenig warten. Er musste sie nicht hier, in diesem verdammten Bootshaus nehmen.
„Lass uns gehen“, sagte er, packte ihre Hand und führte sie in die mondhelle Nacht hinaus.
„Wohin?“
Er verschloss die Tür und steckte den Schlüssel wieder in die Box.
„Ich bringe dich in mein nettes, kühles, absolut nagetierfreies Apartment.“
„Jetzt
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