Julia Extra 360
Ein Leben, in dem sie nichts riskierte, in dem sie zufrieden, aber nie wirklich glücklich war.
Und plötzlich wusste sie, dass sie das nicht mehr wollte.
„Nein, Finn.“ Tränen traten ihr in die Augen. „Ich will keine Trennung.“
Er neigte sich zu ihr und umfasste ihr Kinn. „Ich auch nicht. Du hattest recht in Bezug auf mich. Ich habe Lucy nach rein praktischen Gesichtspunkten als Partnerin ausgesucht. Und als es nicht funktionierte, habe ich mir gesagt, es läge daran, dass Liebe eben zu riskant ist. Dabei war es gar keine Liebe! Ich habe eine Tabelle aufgestellt, was spricht für und was gegen die Verbindung mit Lucy, und unterm Strich schien mehr dafür zu sprechen.“
Er strich ihr sanft mit dem Daumen übers Kinn und sah ihr tief in die Augen.
„Sich zu verlieben ist ein Risiko. Ein großes. Ich habe es noch nie gewagt. Bisher. Aber heute wurde mir klar, dass ich nicht die wunderbarste Frau, die mir jemals begegnet ist, einfach aus meinem Leben lassen kann. Jedenfalls nicht, ohne ihr vorher etwas zu sagen.“
„Was?“ Mehr brachte Ellie in dem Moment nicht über die Lippen.
„Dass ich sie liebe.“ Finn lächelte. „Ja, Ellie, ich liebe dich. Ich habe mich in dich auf den ersten Blick verliebt. Ich wusste es nur nicht. Jedes Mal wenn ich dich sehe, bin ich … echt glücklich.“
Er war also nicht bloß zufrieden! „Oh, Finn!“
„Ich bin noch nicht fertig. Mit Plänen und Entwürfen konnte ich schon immer besser umgehen als mit Gefühlen. Die durfte ich nicht zeigen, weil sich doch meine Brüder auf mich verließen. Ich war der Fels in der Brandung. Felsen haben bekanntlich keine Gefühle. Sie gehen auch keine Risiken ein.“ Er schob die Finger in ihre seidigen Haare. „Also habe ich mir bei dem Vertrag zwischen dir und mir gesagt, ich brauche nur mein Herz außen vor zu lassen, dann kann nichts passieren. Niemand muss leiden. Aber der Plan ist schiefgegangen.“
Ellie blickte zu Jiao und winkte ihr zu. „Inwiefern?“
„Mein Herz war von Anfang an in die Sache verwickelt, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte. Aber jetzt weiß ich, dass ich mit dir verheiratet bleiben will, Ellie. Für immer.“ Auch er blickte zu Jiao. „Ich möchte, dass wir eine Familie sind: du, Jiao, Heidi und ich. Die Frage ist nur: Möchtest du das auch?“
Ellie atmete tief durch. „Ja, Finn.“
„Dann ist ja alles gut!“ Er zog sie hoch und nahm sie in die Arme und küsste sie. Lange und sanft. „Ich liebe dich, Ellie“, flüsterte er dann.
„Ich liebe dich auch, Finn! Du bist der perfekte Mann für mich, und bestimmt ein perfekter Vater.“
„Ich stelle es mir schön vor, ständig Fotos meiner Kinder aus der Brieftasche zu ziehen und vorzuzeigen und ihre Kunstwerke stolz im Büro zu präsentieren. Ich möchte nicht einfach nur zufrieden sein. Sondern glücklich. Ich will ein erfülltes Leben, nicht mehr nur Erfolg.“
„Das will ich auch. Also darf ich dich jetzt mit deiner Tochter bekannt machen?“ Ellie winkte der Kleinen, die sofort angelaufen kam. Beim Anblick des fremden Manns steckte sie den Daumen in den Mund und wurde scheu. „Jiao, das ist Finn. Und der Hund heißt Heidi.“
Das Kind ging einen Schritt zurück. „Hund?“, fragte es. „Jiaos Hund?“
„Ja“, bestätigte Ellie. „Jiaos Hund!“
Finn zog an der Leine, und Heidi ging zu dem Kind und legte ihm sanft den Kopf auf die Schulter. Es lachte begeistert und schlang dem Tier die Arme um den Hals.
„Heidi Hund! Heidi Jiaos Hund!“
„Ja“, sagte Ellie und zeigte auf Finn. „Und das ist dein Dad!“
Er hielt der Kleinen die Hand hin. „Hallo, Jiao!“
Die schien völlig überwältigt. Plötzlich hatte sie nicht nur Ellie, sondern dazu einen Hund und einen Dad.
Finn war einfühlsam genug, das Kind nicht zu überfordern. Er fing an, Heidi zu streicheln, und Jiao machte es ihm nach. Wortlos ließen sie die Hände über Heidis seidiges Fell gleiten, und dabei entstand zwischen ihnen ein Band, von dem er wusste, es würde lange, lange halten.
Schließlich blickte die Kleine zu ihm hoch. „Jiaos Dad?“
„Ja“, nickte Finn. Dann sah er zu Ellie, in deren Augen Freudentränen schimmerten. „Ja, ich bin Jiaos Dad. Und Ellies Ehemann.“
„Das bist du“, flüsterte Ellie. „Und jetzt ist es wahr!“
Finn streckte die Arme aus und zog seine beiden Mädchen in eine innige Umarmung. Und auf einem sonnigen Spielplatz, mitten in Boston, war eine Familie geboren.
Sie lachten und der Hund bellte, und die Laute
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