Julia Extra 360
volltönenden, tiefen Stimme. Erst schrieb Charlotte auf, was sie Nico ausrichten musste, und dann redeten Zander und sie.
Nicht viel.
Nur ein bisschen mehr, als sie es vielleicht sollte.
„Also arbeiten Sie nicht wirklich mit Nico zusammen?“, hakte Zander eines Sonntagabends nach.
Das Timing hatte sie überrascht, aber natürlich, bei ihm war es Montagmorgen. Sie hatte sich unter die Decke gekuschelt. Das Wetter war scheußlich, Regen prasselte an die Fensterscheiben, und Zanders Stimme hielt Charlotte warm.
„Ich arbeite für ihn.“
„Nicht an seiner Seite.“
„Ich arbeite zu Hause“, erklärte Charlotte. „Nico ist oft auf Reisen, und ich organisiere die Dinge von hier aus.“
„Macht es Ihnen Spaß?“
Und sie zögerte. Nicht lange, höchstens eine Sekunde. „Ich finde es toll.“
Das tue ich wirklich, sagte sich Charlotte. Es war ein großartiger Job, auch wenn es eben nur das für sie war: ein Job eher als eine Leidenschaft, ein Mittel zum Zweck statt des Berufs, den sie geliebt hatte. „Stewardess“, hatte sie von Kindesbeinen an unerschütterlich geantwortet, wann immer sie gefragt worden war, was sie einmal werden wollte. Sie hatte in der Schule Sprachen gelernt, sich beworben und war von der Fluggesellschaft eingestellt worden, die ihre erste Wahl gewesen war. Schnell war sie zur Chefstewardess aufgestiegen.
Wie sie sich danach sehnte, in der Luft bei ihren Erste-Klasse-Passagieren zu sein, den Piloten ihr Frühstück zu bringen und im Cockpit zu verweilen, während sie in zehntausend Meter Höhe der Morgendämmerung entgegenflogen.
„Vermissen Sie nicht den Kontakt mit anderen Leuten?“, fragte Zander.
Damit hatte er so ins Schwarze getroffen, dass Charlotte nicht antworten konnte. Tränen stiegen ihr in die Augen, weil ja, sie vermisste nicht nur das Fliegen, sondern auch den sozialen Gesichtspunkt.
„Natürlich ist es ideal, wenn Sie kleine Kinder haben.“
„Oh, ich habe keine Kinder“, erwiderte sie, ohne zu überlegen. Einen Moment später erkannte sie, dass Zander nicht Small Talk machte, dass er sie abschätzte, und ihr wurde ganz warm. „Sie?“
„Nicht doch! Ich bin viel zu verantwortungslos.“
Die Art, wie er das sagte, veranlasste sie, sich auf die Lippe zu beißen. Sie beschloss, ihm nicht zu erzählen, dass sie ihre Mutter pflegte und Amandas Alzheimerkrankheit schlimmer wurde. Dass die alles andere als harte Arbeit für Nico die einzige war, die sie leisten konnte. Sie musste nur zu jeder Zeit am Computer oder Telefon verfügbar sein. Was ihr zusammen mit dem großzügigen Gehalt, das Nico zahlte, ermöglichte, ihr Versprechen zu halten und sich zu Hause um ihre Mutter zu kümmern.
„Und? Vermissen Sie den Kontakt mit anderen?“ Zander ließ nicht locker.
„Überhaupt nicht.“ Weil es sicherer war, log Charlotte. Weil sie vielleicht einfach zusammenbrechen würde, wenn sie mit der Wahrheit herausrückte. Deshalb erzählte sie ihm von Mittagessen mit Freunden und Cocktails am Freitag, erzählte sie von der Charlotte, die sie früher gewesen war, als sie noch um die Welt geflogen war.
„Ich verkaufe dieses Grundstück nur ungern“, lenkte Zander das Gespräch wieder aufs Geschäftliche. „Ihr Chef ist sehr hartnäckig. Er will den Landungssteg haben, klar, denn damit würde ihm der ganze Abschnitt der Bucht gehören.“
Charlotte schwieg. Sie sollte nichts besprechen oder verhandeln. Ihre Aufgabe war es, Nachrichten von Zander an Nico weiterzugeben.
„Haben Sie es gesehen? Sind Sie schon einmal auf Xanos gewesen?“
Zweimal, jeweils nur für einen Tag, und sie konnte verstehen, warum ihr Chef ein Stück davon haben wollte. „Ja, und das Resort ist fantastisch.“
Es war ein exklusiver Schlupfwinkel für die Reichen und Berühmten. Zu einem überhöhten Preis hatte Nico von Zander eines der noch nicht abgerissenen alten Häuser gekauft, aber jungverheiratet und an das Beste gewöhnt, wollte er mehr für seine Ehefrau und seinen Sohn. Seit Wochen konzentrierte sich Nico hauptsächlich darauf, das Nachbargrundstück zu erwerben. Zander sträubte sich jedoch, es zu verkaufen.
„Haben Sie ihm ausgerichtet, dass ich ihm einen Pachtvertrag anbiete?“
„Ja, und er ist nicht interessiert. Er möchte mit Ihnen selbst sprechen.“
„Ich spreche lieber mit Ihnen.“
Zwar ging Zander nicht zu weit, doch die Andeutung, dass er ihre Gespräche ebenso genoss wie sie, ließ Charlotte erröten.
„Ich sollte aufstehen“, sagte er.
„Oh.“ Sie
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