Julia Extra 360
Charlotte wollte Zander aufhalten, zu ihm eilen, wusste jedoch schon in diesem Moment, dass sie getäuscht worden war.
„Ich pfeife auf eine Beziehung. Ich habe weder einen Bruder noch eine Mutter. Du hast mich bei ihm zurückgelassen, und jetzt kreuzt du wieder auf …“
„Als hätte ich eine Wahl gehabt!“, schrie Nico.
Genauso laut wie Zander, aber nicht so hasserfüllt.
„Du hast woanders ein Leben im Reichtum geführt und bist verwöhnt worden. Jetzt kehrst du wie der verlorene Sohn nach Xanos zurück. Tja, du bist hier unerwünscht. Du gehörst nicht hierher. Ich werde den Nachtklub bauen, also genieß den Krach der Baumaschinen. Der ist nämlich nichts verglichen mit der Musik, die jede Nacht in deinem Haus wummern wird.“
„Welche Musik?“
„Die, die dir das Leben zur Hölle machen soll“, erwiderte Zander.
Trotzdem, Nico musste eine Frage einfach loswerden. „Weißt du, ob unsere Mutter noch am Leben ist?“
„Für mich ist sie tot. Für mich ist sie an dem Tag gestorben, als sie dich gewählt hat. Such sie doch und lass sie den Sohn sehen, den sie gerettet hat.“
„Sie hat mich nicht gerettet!“, schrie Nico. „Sie hat mich verkauft!“
„Nein!“, schrie Zander, weil er lieber an den Teufel verkauft worden wäre, als bei dem Mann zurückzubleiben, den er Vater genannt hatte. „Sie hat dich gerettet, also sei gefälligst glücklich. Aber mach, dass du von der Insel verschwindest, und halt dich von mir fern.“
Er hatte alles gesagt, was er hatte sagen wollen, und dennoch raste er noch immer vor Wut. Weil sein Zwillingsbruder es gewusst hatte. Weil Nico ihm ruhig ins Gesicht gesehen hatte, anstatt schockiert zurückzuweichen. Beleidigt durch Nicos ausgestreckte Hand, hatte Zander sie ignoriert und ihm klipp und klar erklärt, wie er dazu stand: dass er keinen Kontakt wollte, dass Vergebung völlig ausgeschlossen war. Dass seine Mutter den Lieblingssohn gewählt, Nico ein privilegiertes Leben ermöglicht und es Zander überlassen hatte, allein zu überleben.
Und er hatte überlebt.
Er brauchte niemanden.
Er hatte es allein geschafft und würde auch in Zukunft niemanden brauchen. Wenn Nico versuchte, sich ihm anzunähern, würde er ihn vernichten.
Jetzt wollte er nur noch weg.
Weg von dem Mann, der wie er aussah. Weg von dem Spiegelbild, das nun in seinem Spiegel war.
Weg von dem Sohn, den seine Mutter gewählt hatte.
Und dann, als Zander hinausging, sah er Charlotte dort sitzen, und sie sollte ihm gehören, Nico sollte sie nicht haben.
„Hol deine Sachen.“ Zander schnippte mit den Fingern, damit ihr klar war, dass er es eilig hatte. Wenn er sie oben in seiner Suite in seinem Bett hatte, würde er vergessen, was er gesehen hatte, würde den Bruder vergessen und sich in ihr verlieren. Aber Charlotte saß einfach da.
„Hol deine Sachen! Du kommst mit mir!“ Ihr Zögern verstand Zander nicht. Er bot ihr seine Welt an. „Du arbeitest jetzt für mich.“
Nico tauchte aus dem Konferenzraum auf, und Charlotte saß noch immer da.
„Sie hat nichts damit zu tun“, sagte Nico.
„Außer dass sie mit mir mitkommt“, erwiderte Zander, ohne den Mann anzublicken, den er hasste. „Los.“ Er gab ihr eine zweite Chance, während er anderen keine gab.
„Ich arbeite für Nico“, flüsterte Charlotte, blass im Gesicht.
„Meine Angestellten halten treu zu mir“, warf Nico ein.
Und Zander konnte nicht glauben, dass sie seinen Bruder gewählt hatte – nach der Nacht, die sie miteinander verbracht hatten. Voller Hass, voller Wut darüber, wieder im Stich gelassen worden zu sein, konnte Zander nicht mehr klar denken.
„Wirklich? Tja, das schien mir nicht so, als sie gestern Nacht ihre Beine um meine Hüften geschlungen hat“, stieß er sarkastisch hervor und sah Nico an, um dessen Reaktion zu genießen. Zander wollte, dass sein Bruder ihn schlug, wollte kämpfen, doch Nico stand ruhig da. Und, schlimmer, Charlotte entschuldigte sich für das eine, was auf Xanos jemals gut gewesen war.
„Es tut mir leid, Nico …“ Sie fühlte sich betrogen und gedemütigt und schämte sich. Sie erkannte, dass Zander sie nur benutzt hatte. Ihn anzublicken war unerträglich, deshalb schaute sie ihren Chef an. Er war der Mann, dem gegenüber sie hätte loyal sein sollen. „Es tut mir sehr leid, Nico …“
„Kein Problem.“
Nico war tough und konnte genauso sarkastisch wie sein Bruder sein. Aber Charlotte wusste, dass Nicos Zorn nicht ihr galt.
„Wir dürfen alle mal einen Fehler
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