Julia Extra Band 0193
war. Angeblich bei ihrer Schwester in der Stadt blieb. Mit einem Handy ist das heute ja kein Problem mehr. Man ist jederzeit erreichbar, ganz gleich, wo man ist. Aber sie war nicht bei dir, nicht wahr?“ Er lachte wieder, ein irres Lachen. Wahrscheinlich war er diesen Gedanken immer und immer wieder durchgegangen.
„Tom, ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir für dich tut“, setzte sie hilflos an und erntete dafür einen vernichtenden Blick.
„Tatsächlich? Tut es dir auch leid um das eine Mal, als ich bei dir anrief und du behauptetest, sie sei nur gerade nicht da?“
Cass sah betreten zu Boden. Ja, sie erinnerte sich, Pen hatte sie als Alibi benutzt und sie unter Tränen angefleht, das Spiel mitzuspielen, weil sonst ihre Ehe zu Ende sei. Obwohl Cass mehr als verärgert gewesen war, hatte sie sich letztendlich doch einwickeln lassen.
„Ja, es tut mir sehr, sehr leid“, murmelte sie jetzt. „Aber damals dachte ich, ich täte das Richtige. Pen war klar geworden, wie sehr sie dich liebte, und sie versprach, sich nie wieder auf eine Affäre einzulassen.“
„Ja, das hat sie mir auch gesagt“, meinte Tom abfällig. „Und ich habe ihr geglaubt. Was für ein Trottel ich doch war!“ Tom sah auf. „Also, wie heißt er?“
„Ich weiß es nicht, ehrlich, Tom.“ Zumindest das konnte sie mit reinem Gewissen sagen. Pen hatte mal etwas von einem „hohen Tier“ bei Carlisle Electronics erwähnt, aber es schien ihr nicht angebracht, Tom das in dieser Situation mitzuteilen.
Tom schaute sie immer noch zweifelnd an. „Ist im Grunde genommen auch egal. Ich nehme nicht an, dass er das Baby haben will.“
„Tom“, versuchte sie es erneut, „wieso bist du so sicher, dass es nicht deine Tochter ist? Hast du einen Test machen lassen?“
„Ich brauche keinen Test, um es zu wissen. Wie sie sich verhalten hat, wie sie mich auf Distanz gehalten und ausgeschlossen hat … Jetzt ergibt alles einen Sinn. Aber sie muss dir doch irgendwas gesagt haben!“, brauste er wieder auf.
„Nur, dass ihr euch versöhnt habt und eine Familie plant“, rückte Cass mit der Sprache heraus.
„Wann genau war das?“
„So genau weiß ich das nicht. Irgendwann im letzten Oktober.“
Sein Mund zuckte. „Sie hat gelogen.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Cass sah es wieder vor sich: Pen war zu ihr gekommen, um sich medizinischen Rat einzuholen. Tom drängte darauf, eine Familie zu gründen, und Pen wollte wissen, wie die Chancen für eine Schwangerschaft standen.
Cass hatte nichts beschönigt. Für Pen war eine Schwangerschaft mit einem tödlichen Risiko verbunden. Selbst wenn Pen die Zeit der Schwangerschaft in einem Krankenbett verbringen sollte, standen die Chancen immer noch sechzig zu vierzig, dass entweder Mutter oder Kind oder beide nicht überleben würden. Das Einzige, das sie Pen raten konnte, war, Tom die Wahrheit zu sagen. Pen hatte entsetzt protestiert, aber Cass hatte ihr auch gesagt, dass, sollte sie nochmals schwanger werden, die Ärzte feststellen könnten, dass es ihre zweite Schwangerschaft war, und Tom würde es dann sowieso herausfinden.
Cass hatte damals geglaubt, zu Pen durchgedrungen zu sein. Offensichtlich hatte sie sich geirrt.
„Sie hat gelogen“, wiederholte Tom jetzt und riss Cass damit aus ihren Gedanken. „Da war sie schon schwanger.“
„Wie bitte?“ Cass schüttelte verwirrt den Kopf.
„Im Oktober. Sie war schon im zweiten Monat im Oktober.“
Cass rechnete nach und runzelte die Stirn. „Ich dachte, das Baby sei eine Frühgeburt?“ Dray hatte doch gesagt …
„Ja, das dachten wir anfangs auch“, erzählte Tom. „Aber die Ärzte haben nach den Untersuchungen ihr Urteil revidiert. Das Baby ist voll ausgetragen.“
Oh, Pen! Am liebsten wäre Cass in sich zusammengesunken, als ihr klar wurde, was Pen getan hatte. Pen war bereits schwanger gewesen, als sie zu ihrer Schwester gekommen war und um Rat gefragt hatte. Und da sie ihre Zustimmung als Ärztin nicht gegeben hatte, hatte Pen ihr erzählt, Tom und sie hätten Abstand von der Familienplanung genommen.
„Wenn man nachrechnet, kann es nicht von mir sein“, sagte Tom schwerfällig.
„Oh, Tom“, wollte sie ihn trösten, aber er winkte nur unwillig ab und erhob sich.
„Danke, dass du gekommen bist. Ich fühle mich schon wohler. Du wirst doch Dray gegenüber nichts von dem ersten Baby erwähnen, oder? Gut.“ Er ging zur Tür. „Und ich bin dir wirklich sehr dankbar dafür, dass du das Baby
Weitere Kostenlose Bücher