Julia Extra Band 0193
gedacht, dass du mich nicht in deinem Haus haben willst.“
„Was ich will, ist unwichtig. Da ist ein Baby, keine Kinderfrau, und ich habe nicht die geringste Vorstellung, wie man sich um ein so kleines Wesen kümmert.“
„Was ist mit Mrs Henderson?“, warf sie ein.
„Beurlaubt, bis auf Weiteres. Also“, er ging zum Kinderwagen und klappte ihn zusammen, „ich werde diese Sachen jetzt zum Auto bringen, in der Zeit kannst du einen Koffer für dich packen.“
Cass, das Baby immer noch auf dem Arm, folgte ihm in die Diele. „Da ist doch noch Camilla Carlisle.“
„Camilla war einmal“, gab er zurück. „Bis jemand ihr wohl die Meinung gesagt hat.“
„Sie war sehr unhöflich zu mir“, verteidigte Cass sich. „Aber wahrscheinlich glaubst du das sowieso nicht.“
„Doch, ich glaube dir“, erklärte er überraschend. „Camilla hatte Grund, deiner Schwester nicht sehr freundlich gesinnt zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass sie diese Antipathie auf dich übertragen hat.“
„Ich verstehe.“ Cass hütete sich, nach dem Grund für die Feindseligkeit zu fragen.
„Das bezweifle ich“, meinte er trocken. „Aber jetzt füg dich in das Unvermeidliche und geh packen, während ich all diese Dinge im Kofferraum verstaue.“
Sie musste nicht mitgehen. Niemand konnte sie dazu zwingen. Aber was würde dann aus Ellie werden? „Na schön, ich werde eine Reisetasche für ein oder zwei Nächte packen.“
Doch als sie dann neben ihm in dem großen Jeep saß, kamen ihr wieder Zweifel. „Es muss doch noch jemand anders geben“, überlegte sie. „Was ist mit Freundinnen?“
„Deiner Schwester?“
„Nein, deine Freundinnen.“
Er hob fragend eine Augenbraue. „Wie kommst du darauf, dass ich eine Freundin hätte? Oder gar mehrere?“
Wem wollte er denn hier etwas vormachen? „Du bist doch reich“, meinte sie schroff. „Reiche Männer haben immer genug Freundinnen.“
Die Beleidigung perlte an Dray ab. „Tja, da bin ich wohl die bedauernswerte Ausnahme. Säckeweise Geld und trotzdem keine Freundin. Vielleicht sollte ich eine Kontaktanzeige aufgeben: ‚Unattraktiver, aber extrem reicher Mann sucht Goldgräberin für unseriöse, nicht ernst zu nehmende Beziehung‘. Was meinst du?“
Cass hielt es für unnötig, diese Frage mit einer Antwort zu würdigen. Aber da fuhr er auch schon fort: „Nein, wenn ich es recht bedenke – eine solche Erfahrung hat mir fürs ganze Leben gereicht.“
Sein Ton sagte ihr deutlich, wen er damit meinte – sie. Sie dachte immer noch über eine passende Antwort nach, als er sich plötzlich zu ihr herüberlehnte. Sie drückte sich erschreckt in den Sitz zurück, doch dann stellte sie fest, dass er nur den Sicherheitsgurt für sie befestigte, da sie offensichtlich nicht daran gedacht hatte.
„Wenn du meinst, dies alles sei nur ein wohlausgeklügelter Plan, um dich zu verführen“, sagte er, während er sich in den Verkehr einreihte, „so irrst du. Ich habe nichts dergleichen vor. Das gestern Abend war ein Ausrutscher.“
„Ein Ausrutscher?“ Diese Beschreibung versetzte ihr einen Stich, und sie erwiderte sarkastisch: „Na dann danke. Jetzt geht es mir doch gleich viel besser.“
Er blickte kurz zu ihr hin. Hatte er ihr nicht gerade mehr oder weniger versprochen, sich wie ein Gentleman zu benehmen? „Dir kann ich es wohl nie recht machen, was, Cass? Wieso eigentlich nicht?“
Was hätte sie darauf sagen sollen? Sie wusste doch selbst nicht, warum sie so widersprüchliche Gefühle hatte. Und da sie nichts sagte, versandete das Gespräch, und sie fuhren schweigend dahin.
Cass’ Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit, als ihre Beziehung zu Ende gegangen war …
Sie waren zum Essen verabredet. Cass war nach der Arbeit vom Supermarkt nach Hause geeilt, um sich zu duschen und umzuziehen. Sie versuchte sich gerade an einer eleganten Frisur, als Pen unangemeldet auftauchte.
Frisch aus den Flitterwochen zurück, hatte Pen es sich nicht nehmen lassen, sofort zu ihrer Schwester zu eilen und ihr Vorhaltungen zu machen, als sie von deren Beziehung zu ihrem Schwager erfahren hatte.
Als sie jedoch mit ihrem temperamentvollen Ausbruch keine Reaktion erzielte, hatte sie die Taktik gewechselt. Ganz die besorgte Schwester, hatte sie Cass vor Drayton Carlisle gewarnt. Es sei schon eine Familienanekdote, dass er es nie lange mit einer Frau aushielt. Und ob Cass sich einbilde, dass es bei ihr anders sein würde.
Cass hatte kaum zugehört. Sie war so sicher, dass das,
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