Julia Extra Band 0193
Moment. Erst als Ellies Schreie fordernder wurden, drehte sie sich um und ging voraus.
Es war kein Wunder, dass Ellie wach geworden war. Cass hatte eine große Schrankschublade in ein behelfsmäßiges Babybett umfunktioniert, aber das war wohl kaum zu vergleichen mit dem luxuriösen Himmelbettchen, an das sie gewöhnt war.
Cass nahm die Kleine auf den Arm und ging mit ihr im Zimmer umher, bis das Weinen langsam verstummte. Dray stand im Türrahmen und sah zu.
„Bei dir sieht das so einfach aus“, murmelte er.
Es hätte ein Kompliment sein können, aber Cass wollte keine Komplimente von ihm. „Hast du einen Autositz für sie mitgebracht?“, fragte sie stattdessen und drückte Ellies Köpfchen an ihre Schulter.
Er nickte, dann fragte er leise: „Warum hast du sie mitgenommen, Cass?“
Natürlich wollte er wissen, warum sie Ellie erst hergebracht hatte und jetzt sie einfach wieder zurückgab. „Ich dachte, ich könnte für sie sorgen“, gab sie zu. „Aber das war unrealistisch. Ich muss einen Kredit zurückzahlen, mit dem ich das Studium finanziert habe, und nächsten Montag fange ich eine neue Stelle in einer Gemeinschaftspraxis an. Ich kann nicht gleichzeitig arbeiten und mich um sie kümmern. Und wenn ich nicht arbeite – würde sie es mir danken, wenn ich sie von all den Dingen weghole, die du ihr bieten kannst?“
Dray betrachtete das Baby, das zufrieden in Cass’ Armen lag. „Schwierig zu sagen, was langfristig besser wäre“, meinte er offen.
„Nun, kurzfristig wirst du wohl ein Kindermädchen finden müssen. Am besten eines, das für Ellies erste Lebensjahre bleiben kann. Sie braucht Stabilität.“
„Stimmt“, er nickte, „aber ich will noch warten, bis Tom mit sich ins Reine gekommen ist.“
„Tom?“, wiederholte Cass erstaunt. „Ich dachte, er hätte sich längst zurückgezogen.“
Dray zeigte den Anflug eines Lächelns. „Du hättest viel lieber mich als den Schurken gesehen, nicht wahr? Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber Tom ist Ellies Vater.“
„Sicher?“
„Absolut sicher. Der Bluttest liegt vor.“
„Aber er hatte sich doch geweigert, den Test machen zu lassen.“
„Ich habe ihn vom Gegenteil überzeugen können.“
Cass fragte lieber nicht, wie er seinen Bruder überzeugt hatte. „Und wird er sich jetzt um Ellie kümmern?“
„Das wird sich zeigen. Ellie wird Tom immer an Pen erinnern, eine Frau, die ihn seiner Meinung nach mit anderen Männern betrogen hat.“
„Hat sie das?“ Cass wollte die Wahrheit erfahren.
Dray zögerte mit der Antwort. „Es ist möglich.“
Cass verstand das als Zustimmung und stellte fest, dass diese Wahrheit sie schmerzte. Sie hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.
„Möchtest du noch mehr Fragen stellen?“, meinte er ironisch. „Zum Beispiel, wer der Mann war, mit dem sie Tom betrogen hat?“
Er machte sich über sie lustig. Sie beide kannten doch die Identität dieses Mannes. Er wollte sie nur provozieren. „Nein, ich glaube nicht.“
Seine Lippen wurden schmal. „Du weißt ja sicher schon alles, nicht wahr?“
„Was ich weiß, reicht mir.“ Cass wollte die Details gar nicht wissen. Es tat auch so schon weh genug. „Ich habe Ellies Sachen bereits zusammengepackt“, lenkte sie ab. „Es steht alles auf dem Küchentisch.“
Es war klar, dass sie diesen Besuch abkürzen wollte. Aber er hatte keine Eile. „Und deine Sachen?“
„Wieso meine?“
„Ich denke, du wirst ein paar Dinge brauchen.“
„Wozu?“
„Weil du mit nach North Dean Hall kommst.“ Es war eine Anordnung, keine Frage. „Nur die Ruhe“, fuhr er fort, als er ihren empörten Blick sah. „Es geht hier um Ellies Bedürfnisse, nicht um meine. Nur bis ich ein anderes Kindermädchen gefunden habe – wenn sie denn deine Zustimmung findet“, fügte er ironisch an.
„Ich kann nicht mitkommen“, widersprach sie sofort. „Ich muss hier alles zusammenpacken und umziehen, bevor ich meine neue Stelle antrete.“ Außerdem musste sie erst mal eine Wohnung finden, in die sie ziehen konnte. Und sie brauchte ein Auto und eine neue Garderobe.
„Wo ist diese Gemeinschaftspraxis?“
„In Slough.“
„Dahin kann man von North Dean Hall aus pendeln. Ich habe noch einen Sportwagen, den kannst du benutzen.“
Cass lachte trocken auf. Natürlich, sie in einem Sportwagen vor der Gemeinschaftspraxis! Das würde ja direkt den richtigen Eindruck machen! Außerdem waren ihr seine Motive auch nicht ganz klar. „Ich hätte
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