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Julia Extra Band 0193

Julia Extra Band 0193

Titel: Julia Extra Band 0193 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moyra Tarling Kathryn Ross Alison Fraser Valerie Parv
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sie da vielleicht zufällig auf etwas gestoßen, das Sams Verhalten gegenüber Joel erklären könnte? Deshalb fragte sie: “Hattest du eine gute Beziehung mit deinem Vater?”
    “Ja, solange wir die Chance dazu hatten. Er starb an Krebs, als ich neun war. Meine Mutter verheimlichte mir seine Krankheit. Sie behauptete immer, er sei nur müde und müsse sich ausruhen.” Er starrte auf die Zeichnungen, ohne etwas zu sehen. “Sie hätte mir die Wahrheit sagen sollen. Dass er sehr krank war und im Sterben lag.”
    “Sie wollte dich wahrscheinlich nur schützen”, murmelte Haley mitfühlend.
    Sam nickte. “Ja, wahrscheinlich. Aber damit hat sie mir die Möglichkeit genommen, meinem Vater noch alles sagen zu können, was ich ihm sagen wollte. Wir hätten uns zusammen noch Erinnerungen schaffen können, Erinnerungen, von denen ich nach seinem Tod hätte zehren können. Die Wahrheit kann manchmal sehr hart sein, aber Lügen machen die Dinge nur noch schlimmer.”
    Der bittere Ton seiner Stimme ließ Haley innerlich zusammenfahren. Wie würde er reagieren, wenn er herausfand, dass auch Haley ihn angelogen hatte? Wie seine Mutter hatte auch sie einen guten Grund dafür, aber er würde es sicherlich nicht so sehen.
    Haley war überrascht, wie tief ihr Mitgefühl für ihn war. Und ganz gleich, mit welchen Argumenten sie zu rechtfertigen suchte, weshalb sie ihn getäuscht hatte – ihr schlechtes Gewissen ließ sich damit nicht beruhigen. Sie kam sich immer schäbiger vor.
    Durch den Empfänger des Babyfons kam ein quengelnder Laut. Haley stand auf, doch Sam sagte: “Ich gehe.”
    “Ich komme mit”, erwiderte sie. “Wahrscheinlich muss seine Windel gewechselt werden.”
    “Und das traust du mir nicht zu, was?”
    Da war wieder dieser beleidigte Ton in seiner Stimme. Der Moment, in dem er sich ihr offen mitgeteilt hatte, war vorbei. “Bitte, wie du möchtest”, meinte sie schnippisch.
    An der Tür griff er nach ihrem Arm und drehte sie zu sich herum. “Haley, was auch immer Joels Vater dir angetan hat – ich gebe dir den guten Rat, vergiss es und komm endlich darüber hinweg.”
    Sie starrte ihn an. “Wie bitte?”
    “Selbst wenn dir bei seinem Anblick übel wird, denk daran, dass Joel ein Recht darauf hat, seinen Vater zu kennen.”
    Eine eisige Hand griff nach ihrem Herzen. Sam ahnte ja nicht, was er da sagte! “Ich denke, das Thema ist im Moment unangebracht”, fauchte sie.
    Doch er ließ sie nicht los. “Ich weiß, wie es ist, ohne Vater aufzuwachsen. Du hast ein wunderbares Kind, Haley, und glaub mir, eine solche Erfahrung solltest du ihm ersparen.”
    “Erst wenn du bereit bist, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, kannst du mir vorschreiben, wie ich mich als Mutter zu verhalten habe, vorher nicht!”
    Er zog sie an sich und sah ihr argwöhnisch ins Gesicht. “Was soll das heißen?”
    Sie hatte schon zu viel gesagt. “Das kannst du dir aussuchen.”
    Er sah aus, als würde er am liebsten etwas gegen die Wand werfen, am liebsten wahrscheinlich sie. Doch dann beugte er den Kopf und presste die Lippen auf ihren Mund. Und eine Flutwelle der Gefühle überkam sie und trug jeden klaren Gedanken mit sich fort.
    Er hatte doch versprochen, sie nur zu küssen, wenn sie ihn dazu aufforderte, und nichts in ihrem Gespräch hätte man als eine Aufforderung interpretieren können. Haley war wütend auf ihn – und wütend auf sich selbst, dass sie ihn nicht fortstieß. Doch anstatt sich zu wehren, klammerte sie sich wie eine Ertrinkende an ihn.
    Nur gut, dass Joels Stimme jetzt immer fordernder durch den Lautsprecher kam. Das holte beide wieder in die Wirklichkeit zurück. Sam sah genauso erschüttert aus, wie sie sich fühlte. Mit zitternden Beinen ging Haley zu Joel in die Bücherei. Ja, die Windel war durchnässt und schwer. Sie hob Joel auf und ging mit ihm in das Kinderzimmer, um ihm mit zitternden Fingern eine saubere Windel anzulegen.
    Kaum war die Aufgabe erledigt, nahm Sam ihr den Kleinen aus dem Arm. “Na, geht’s dir jetzt besser?”, fragte er das Baby fröhlich.
    Und der Kleine brabbelte vergnügt eine Antwort. Haley runzelte die Stirn. Sie war immer noch wütend über Sams Unterstellung, sie würde Joel von seinem Vater fernhalten, wenn nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein konnte.
    “Komisch, wieso muss ich die Arbeit machen, wenn du dann den leichten Teil genießen kannst?”, fragte sie verärgert.
    Sam warf den Kleinen in die Luft und erntete dafür einen glücklichen Jauchzer.

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