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Julia Extra Band 0193

Julia Extra Band 0193

Titel: Julia Extra Band 0193 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moyra Tarling Kathryn Ross Alison Fraser Valerie Parv
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sie heimlich. Weißt du eigentlich, dass deine Mutter Gefahr läuft, arbeitssüchtig zu werden?”
    Joel brabbelte etwas, das man für eine Zustimmung halten mochte, und Sam spürte, wie sich irgendetwas tief in seinem Innern zusammenzog. Vielleicht war sein Angebot doch keine so gute Idee gewesen. Seit er hatte akzeptieren müssen, dass er selbst nie Vater werden würde, hatte er es peinlich genau vermieden, mit seiner Nichte und seinem Neffen allein zu sein. Sosehr er die beiden auch liebte, sie erinnerten ihn zu stark an seine eigene Unzulänglichkeit.
    Aus einer Schreibtischschublade holte er ein Manuskript hervor, an dem er zwischenzeitlich arbeitete, wenn seine anderen Projekte ihm Zeit dazu ließen. Es war ein Kinderbuch mit farbenfrohen Tierbildern und Zungenbrecher-Reimen.
    “Du bist der Erste, der es überhaupt sieht. Also erwarte ich von dir entsprechende Begeisterungsbekundungen, wenn ich es dir vorlese”, sagte er zu Joel. “Sonst werde ich mich nicht trauen, es meinem Agenten zu übergeben. Du hast ja keine Ahnung, wie nervös diese Agenten werden, wenn man als etablierter Kinderbuchautor eine neue Variante ausprobiert.”
    Joel gab ein ungeduldiges Murren von sich und patschte mit einer kleinen Hand auf das Manuskript.
    “Ja, ich habe schon verstanden”, meinte Sam gutmütig. “Also, auf geht’s.”
    Und während Sam laut vorlas, jeden unsinnigen Reimlaut bewusst in die Länge zog und verzückt auf Joels Lachen hörte, wanderten seine Gedanken zu Haley. Was sie wohl jetzt machte? Hoffentlich nicht arbeiten. Schon jetzt lagen unter ihren wunderschönen Augen dunkle Ringe. Sie würde ihm nicht viel nützen, wenn sie sich mit Schlafmangel und Sorgen um ihre Konzentration brachte.
    Aber im Grunde sorgte er sich mehr um Haley selbst, nicht so sehr um die Arbeit. Wann hatte das bloß angefangen? Dass er sich solche Sorgen um sie machte? Als Chef stand er in dem Ruf, ein Sklaventreiber zu sein. Erstens, weil es den Arbeitsstandard wesentlich verbesserte, und zweitens, weil es von vornherein ausschloss, dass Privat- und Arbeitsleben sich vermischten. Seine Gefühle für Haley waren also völlig atypisch für ihn.
    Aber sie war auch anders als alle anderen. Sie kam ihm nicht vor wie eine bezahlte Arbeitskraft, eher wie … Ja, wie? Fast so, als sei sie hier zu Hause. Als gehöre sie hierher. Das Gleiche war es bei Joel. Auch er gehörte irgendwie hierher. Sam konnte es nicht in Worte fassen, aber er hatte ein so starkes Gefühl für diesen Kleinen. Eigentlich von dem Moment an, als Haley ihm, Sam, eröffnet hatte, dass sie ein Kind mit zur Arbeit bringen würde.
    “Das kommt daher, weil du ein so perfekter kleiner Wonneproppen wie aus dem Bilderbuch bist”, meinte er schmunzelnd zu Joel, aber er wusste, dass da noch mehr war. Denn selbst wenn Joel lautstark brüllte und sich durch nichts beruhigen lassen wollte, fühlte Sam immer noch diese undefinierbare Bindung.
    Joel grapschte nach einer Manuskriptseite. “Da-da.”
    Vorsichtig löste Sam die kleinen Finger von dem Papier, bevor es zerreißen konnte. Als sich diese winzigen Fingerchen um seinen Zeigefinger klammerten, fühlte er einen schmerzhaften Stich in seinem Herzen. “Man hat mir schon viele Namen zugedacht, aber ‚Daddy‘ wird bestimmt nie darunter sein”, murmelte er rau. “Und glaub mir, ich weiß, wie es ist, ohne Vater aufzuwachsen. Meiner ist gestorben, da war ich neun. Aber zumindest kannte ich ihn, und ich habe Erinnerungen an den Spaß, den wir miteinander hatten, solange es eben dauerte. Aber dir bleibt noch nicht einmal das.”
    Sam musste sich räuspern, um den Kloß zu entfernen, der sich in seiner Kehle gebildet hatte. Bilder stiegen in ihm auf: Er auf einem schwarzen Karussellpferd, auf dem Marktplatz im Zentrum Canberras, sein Vater lief nebenher, damit der kleine Sam keine Angst zu haben brauchte.
    Das Karussell gab es immer noch, und Sam fragte sich, wie es wohl sein mochte, neben Joel, hoch oben auf dem Sattel, auf demselben Pferd, herzulaufen. Plötzlich musste er blinzeln. Nun, es würde sowieso nicht passieren, Haley hatte ihre eigenen Vorstellungen für Joels Leben. Und ein Mann war darin offensichtlich nicht enthalten.
    Aber er würde sich von einem kleinen Baby und seiner schönen Mutter nicht verrückt machen lassen, sagte er sich energisch und nahm sich die nächste Seite des Manuskripts vor.
    “Na, dann wollen wir mal sehen, welche lustigen Tiere wir hier noch haben, einverstanden?”
    Umgeben von wunderbar

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