Julia Extra Band 0193
Schultern. “Im Moment habe ich wohl keine große Wahl.”
“Man hat immer eine Wahl.”
Seine Worte erinnerten sie plötzlich daran, wie er Ellen und das Baby abgewiesen hatte, und eine eisige Hand griff nach ihrem Herzen. “Willst du damit sagen, ich sollte mich nicht selbst um Joel kümmern?”
Sam schüttelte entsetzt den Kopf. “Auf einen solchen Gedanken würde ich nie kommen. Aber du musst es doch nicht allein tun. Was ist denn mit Joels Vater, kann er nicht helfen?”
Sie spürte, wie Groll und Bitterkeit in ihr aufstiegen. “Er will nichts von dem Kind wissen.”
“Es gibt Gesetze, die ihn zwingen können, sich der Verantwortung zu stellen.”
“Was nützen Gesetze, wenn der Mann von vornherein abstreitet, der Vater zu sein?”
Sams Miene wurde missbilligend. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie schwören mögen, dass er um ihretwillen so aufgebracht war. Aber wieso? Es sei denn, er hatte zwei verschiedene Maßstäbe, mit denen er sich selbst und andere Männer maß. “Du darfst nicht so leicht aufgeben”, riet er.
Sie suchte in seinem Gesicht, aber er meinte es offensichtlich ganz ehrlich. “Ich habe auch noch nicht aufgegeben”, murmelte sie leise. “Ich habe einen ganz bestimmten Plan, wie ich mit Joels Vater umgehen werde.”
“Freut mich, das zu hören.”
Sicher würde er das nicht sagen, wüsste er, dass er gemeint war. Trotzdem konnte sie die Frage nicht zurückhalten. “Aber warum interessiert dich das überhaupt so sehr?”
Er lag auf der Decke und stützte jetzt den Kopf mit dem Ellbogen auf. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. “Musst du das noch fragen?”
Sein warmer Atem streichelte über ihre Wange, sie meinte in seinen Augen ertrinken zu müssen. “Du kennst mich doch erst seit ein paar Wochen.”
“Um sich zu jemandem hingezogen zu fühlen, braucht es nur eine Sekunde, einen Blick. Der Funke ist sofort da, und das Bewusstsein, dass es diesen Funken gibt, auch. Du kannst nicht einfach so tun, als gäbe es ihn nicht.”
Nein, das konnte sie nicht, denn es war wahr. Und sie wusste auch, dass er jetzt an ihrem Gesicht ablesen konnte, was sie dachte. Lass dich nicht von seinen Worten einwickeln, ermahnte sie sich still. Er ist Schriftsteller, er weiß genau, wie man mit Worten umzugehen hat. Trotz der Ermahnung begann ihr Puls zu rasen. “Selbst wenn ich es spüre – ich muss an Joel denken.”
“Wird nicht jeder Mann, der dich liebt, auch deinen Sohn lieben?”
Das Blut rauschte in ihren Ohren. Aber er sprach ja nicht über sich selbst, das durfte sie nicht vergessen. “So einfach ist das leider nicht.”
“Ich zeige dir, dass es doch so einfach ist.” Und damit zog er sie zu sich auf die Decke hinunter.
Ihr stockte der Atem. Als Sam ihr leicht mit dem Finger über die Wange strich, spürte sie das Blut in ihren Adern wie Lava. Sie hatte ihn gewollt, vom ersten Augenblick an, aber sie hatte dagegen angekämpft. Jetzt, in seinen Armen, hatte sie keine Aussicht, diesen Kampf zu gewinnen. Trotzdem musste sie es versuchen.
Sie wandte den Kopf ab. “Ich kann nicht.”
Er sah zu dem schlafenden Joel, dann zurück zu ihr. “Was ist daran so schlimm? Es ist ja nicht das erste Mal.”
“Wenn du wüsstest.”
Erst war er erstaunt, dann spürte er eine tiefe Wut in sich aufflammen. “Hat Joels Vater dich gezwungen? Das würde auch erklären, warum du dich mir gegenüber so unnahbar verhältst, obwohl du ein Kind hast.”
“Nein, das ist es nicht.” Sie spürte plötzlich Tränen in ihren Augen brennen.
Er nahm ihr Gesicht zärtlich in beide Hände. “Du brauchst mir jetzt nicht mehr zu sagen, wenn du nicht willst. Ich möchte nur, dass du weißt, wie wundervoll es sein kann, wenn zwei Menschen das Gleiche fühlen. Es ist dann etwas ganz Besonderes, ein kleines Wunder.”
Sie fühlte dieses Wunder schon jetzt, wenn er sie nur leicht berührte. Sie meinte auf einer Wolke zu schweben. Sie protestierte nicht, als er sich an den Knöpfen ihres leichten Sommerkleides zu schaffen machte und seine Hand leicht über ihre Brüste strich. Verlangen durchströmte sie, so heftig, dass es schmerzte.
Ihr Blick glitt unstet zum See. “Das können wir nicht”, murmelte sie atemlos, “nicht hier.”
“Die Büsche schirmen uns ab, niemand wird uns sehen.” Aber er spürte, dass sie sich nicht nur Sorgen darum machte, ob sie gesehen wurden. “Aber wenn du möchtest, können wir auch zum Haus zurückgehen.” Sie ließ den
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