Julia Extra Band 0193
Verantwortung in die Schuhe zu schieben.”
Haley riss entsetzt die Augen auf. “Wie konnte sie nur so etwas tun?”
“Nun, Intrigen und Lügen scheinen eine Spezialität des weiblichen Geschlechts zu sein.”
Sein eisiger Ton sagte ihr deutlich, dass er damit nicht nur auf seine Exfrau anspielte. Sie konnte sich vorstellen, wie froh und glücklich er gewesen sein musste, kaum warten konnte, ihr die freudige Neuigkeit mitzuteilen, und dann kam er nach Hause, und sie empfing ihn mit Beschuldigungen. “Was auch immer du jetzt denken magst”, sagte sie, “ich freue mich ehrlich für dich.”
Sein Ärger war lange nicht verraucht. “Du hast eine seltsame Art, das zu zeigen.” Seine Augen blitzten. “Das bedeutet, dass Joel also doch mein Sohn ist. Und sobald ich den Beweis für die Vaterschaft schwarz auf weiß in Händen halte, gedenke ich, das Sorgerecht für ihn zu beantragen.”
Haley spürte, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. “Du kannst ihn mir nicht wegnehmen.”
“Er ist mein Sohn”, sagte Sam überzeugt. “Und du hast mir gerade gezeigt, wie weit ich dir vertrauen kann. Joel ist besser bei jemandem aufgehoben, der mit offenen Karten spielt und nicht einen geheimen Plan verfolgt.”
Sie reckte die Schultern. “Ich bin nicht stolz darauf, dass ich dir etwas vorgemacht habe. Aber ich tat es für Joel, nicht zu meinem eigenen Nutzen.”
Er hieb mit der Faust auf den Ordner, der auf dem Schreibtisch lag. “Und du glaubst also wirklich, ich hätte die Arbeit deiner Schwester als meine eigene ausgegeben, um das Geld in meine eigene Tasche zu wirtschaften?”
“Gibt es denn eine andere Erklärung?”
Seine Augen funkelten. “Keine, die du akzeptieren würdest.”
“Versuch es doch wenigstens.” Ihre Augen flehten ihn an. Warum half er ihr nicht, zu verstehen? Doch sie sah es in seinem Gesicht – er hatte nicht die Absicht. Die Entscheidung lag allein bei ihr, ihm zu glauben oder nicht.
Seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. “Seltsame Worte von jemandem, der mich bereits verurteilt hat, ohne mir überhaupt eine Chance einzuräumen.”
Es stimmte, sie konnte es nicht leugnen. “Es tut mir leid, Sam.” Sie senkte den Kopf.
“Ja, mir tut es auch leid. Mehr, als du ahnst.”
Die Worte klangen so endgültig, dass es ihr das Herz zerriss. “Was wirst du jetzt tun?”, fragte sie bedrückt.
Er wurde sehr sachlich. “Ich verstehe, dass du weiterhin ein Teil von Joels Leben bleiben möchtest. Du bist schließlich die einzige Mutter, die er kennt, und er liebt dich.”
In seiner Stimme war kein Nachgeben zu hören, aber zumindest verstand er. Aber sie liebte auch Sam, trotz allem. Ihm jetzt als Gegner gegenüberzustehen, war eine unvorstellbare Qual. Wie konnte sie immer noch so für ihn fühlen, wenn er ihr doch alles wegnehmen wollte, was sie besaß? “Du weißt, dass ich Joel nicht kampflos aufgeben werde. Und ich will nicht, dass Joel zum Spielball zwischen uns wird, hin und her gereicht wie ein Paket.”
“Das wird nicht nötig sein. Mein Antrag gilt noch immer. Wenn wir verheiratet sind, werden wir Joel zusammen großziehen. Unsere Gefühle füreinander spielen da keine Rolle.”
Der Vorschlag war so ungeheuerlich, dass sie Sam wie in Trance anstarrte. Aber sie hatte es ja von Anfang an gewusst: Er liebte sie nicht. Sie hatte seinen Antrag angenommen, in der Hoffnung, er würde sie eines Tages lieben lernen. Aber diese Chance war jetzt wohl endgültig vertan. Konnte sie ihn unter diesen Umständen überhaupt heiraten?
Wenn sie es nicht tat, würde sie Joel verlieren. Natürlich würde sie vor Gericht gehen, aber ihre Aussichten, zu gewinnen, waren minimal, zumal Sam allein schon finanziell eine sehr viel bessere Ausgangsposition hatte als sie.
Es war auf ihrem Gesicht zu lesen, dass sie aufgab. “Du lässt mir keine Wahl.”
Er lächelte verächtlich. “Das ist immerhin sehr viel mehr Spielraum, als du mir zugestanden hast.”
Sie sah auf den vermaledeiten Ordner. “Ich weiß, es bedeutet nicht mehr viel, aber ich möchte dir trotzdem sagen, dass ich dich nicht für einen Menschen halte, der sich anderer Leute Ideen aneignet. Ich weiß nicht, wie diese Zeichnungen zu erklären sind, aber es muss einfach eine andere Erklärung geben.”
“Oh, wie großzügig von dir”, erwiderte er nur sarkastisch.
“Sam, bitte nicht”, murmelte sie unglücklich.
“Nicht was? Ich soll mich nicht verteidigen, oder ich soll nicht erwarten, dass du immerhin
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