Julia Extra Band 0193
Joel. Also war es besser, in ihm “das Biest” zu sehen, und zwar eines, das sich nie in einen Prinzen zurückverwandeln würde.
“Nun, ich würde sagen”, drang seine Stimme in ihre Gedanken, “die Tatsache, dass Sie ein Kind haben, ist äußerst wichtig, wenn Sie auf das Haus aufpassen sollen, während ich auf Reisen bin.”
“Da handelt es sich wohl um ein Missverständnis”, erwiderte sie knapp. “Ich bin nur hier, um Ihre Vorstellungen in Erfahrung zu bringen. Ich werde den Job keineswegs selbst übernehmen.”
“Wieso nicht? Sie sind doch bei Miranda eingestellt, oder? Wo ist eigentlich die hübsche Rothaarige mit dem ansteckenden Lachen? Wie hieß sie noch – Donna?”
Es kümmerte sie nicht, dass er Mirandas rechte Hand Donna offensichtlich attraktiv fand – so sagte sie es sich zumindest. Trotzdem bereitete es ihr eine ungemeine Befriedigung, sagen zu können: “Ich arbeite nur als Urlaubsvertretung, bis Donna aus den Flitterwochen zurück ist. Einer von Mirandas Klienten hat sie wohl unwiderstehlich gefunden.”
Er war überrascht, das konnte sie an seiner Miene mit den hochgezogenen Augenbrauen erkennen. Geschieht ihm recht, sagte sie sich. Da hat er sich wohl was von Donna versprochen, und sie hat einem anderen den Vorzug gegeben. Jetzt konnte er mal von seiner eigenen bitteren Medizin schlucken.
Gleichzeitig aber gestand sie sich unangenehm berührt den Grund ein, woher diese bösartigen Gedanken kamen: Eifersucht. Wie würde es wohl sein, zum Objekt seiner Begierde zu werden?
“Aber sie kommt doch wieder zurück, oder?”
Gab dieser Mann denn nie auf? “Sie wird in ein paar Tagen zurück sein, mit ihrem frisch angetrauten Ehemann.” Sie betonte das Wort “Ehemann” besonders deutlich.
“Und was wird dann aus Ihnen?”
Hatte sie ihn vielleicht missverstanden? Sie hatte angenommen, dass sein Interesse Donna galt, aber … galt es etwa ihr? Sie brauchte und wollte sein Interesse nicht, allerdings fühlte sie sich mehr geschmeichelt, als angebracht war. “Sie wird ihre Stelle wieder übernehmen und ich meine.”
“Und die wäre?”
Sie wollte ihm nichts von sich erzählen, aber ihr schien gar keine andere Wahl zu bleiben. “Ich bin Computerconsultant und erstelle Systempläne für kleinere Firmen, mit denen sie Arbeitskraft und Computersysteme am effektivsten einsetzen können. Aber könnten wir jetzt bitte endlich …”
“Moment, lassen Sie mich nur eine Minute überlegen.” Er rieb sich nachdenklich das Kinn. Obwohl er sich heute Morgen rasiert haben musste, ließ sich schon wieder ein schwarzer Schatten auf dem Kinn erkennen, was ihm ein fast piratenhaftes Aussehen verlieh. “Also, wir haben da ein Organisationstalent mit Mirandas Empfehlung … Hm …”, murmelte er. Dann strahlte er sie an. “Sie sind genau die Person, die ich brauche. Wissen Sie, letzten Monat ist mein Assistent nach Simbabwe ausgewandert. Und da ich einen ziemlich engen Termin habe, hatte ich bisher noch keine Zeit, mich nach Ersatz umzusehen.”
Das erklärt zumindest das Chaos in seinem Arbeitszimmer, dachte sie. “So, wie ich Miranda verstanden habe, suchen Sie jemanden, der auf Ihr Haus achtgibt.”
“Ja, sicher, während ich mit meinem neuen Buch auf Tour gehe. Aber es wäre doch eine große Erleichterung für mich, zu wissen, dass diese Person sich auch um mein Büro kümmern könnte.”
Das ließ sich überhaupt nicht mit Mirandas Konzept vereinen. Hastig zog Haley einen Notizblock aus dem Aktenkoffer, auf dem sie sich alle Punkte aufgeschrieben hatte. “Diese Entscheidung liegt nicht bei mir”, setzte sie an, doch sie kam nicht weit.
“Nein, aber es liegt bei mir, zu entscheiden, wen ich für richtig halte, und wenn ich Miranda sage, dass Sie die Richtige dafür sind, wird sie sicher nichts dagegen haben. Schließlich weiß sie, dass ich gut zahle.” Er nannte eine Summe, die weit über Mirandas übliches Honorar hinausging. Selbst wenn man Mirandas Vermittlungsgebühr abrechnete, blieb immer noch ein Betrag, der viele von Haleys Problemen mit einem Schlag lösen könnte.
Das Hauptproblem würde es allerdings nicht lösen – nämlich die Tatsache, dass Sam Winton Joels Vater war. Trotzdem war das Angebot so verlockend, dass sie sich dabei ertappte, ernsthaft darüber nachzudenken. Außerdem würde ihr diese Arbeit mehr Einblicke in sein Leben geben können, als sie je erhofft hatte zu bekommen. Sicherlich wäre ihr ein regelmäßiger Kontakt zwischen Vater und Sohn lieber
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