Julia Extra Band 0198
flüsterte sie ganz entrückt.
Er nickte und lächelte leicht verlegen. “Wobei ich gestehen muss, dass ich zu jenem Zeitpunkt mir selbst gegenüber noch nicht recht eingestehen wollte, warum ich wiederkommen wollte.” Seine Stimme klang bei diesem Bekenntnis ganz verändert.
“Nein …?”, reagierte sie jetzt ebenso ernüchtert wie verwirrt. Sie versuchte, sich davon nichts anmerken zu lassen. “Sag mal … wieso melkst du an diesem Ort eigentlich Kühe?”
“Weil ich hier Verwandte besuche und denen ein wenig helfe. Mein Bruder ist nämlich mit Nia, Geraints Schwester, verheiratet.” Er machte eine kleine Pause. “Ich hatte allerdings ursprünglich nicht vor, so lange zu bleiben.”
“Ach so …?” Es fiel ihr schwer, gerade nicht überschwänglich begeistert zu klingen.
Er schüttelte den Kopf. “Bist du immer noch böse auf mich, Flora?”, fragte er mit einem einnehmenden Lächeln.
“Denk nur nicht, mit diesem Lächeln könntest du alles erreichen.”
“Bisher hat es mir zumindest noch nicht geschadet …”
“Das ist leider wahr”, brummte sie. “Und hat sich ja gerade auch heute Nachmittag bewahrheitet.” Auf einmal machte sie einen etwas besorgten Eindruck.
“Das war ja schon ein recht beachtlicher Fortschritt, was uns beide angeht”, meinte er ganz prosaisch.
Ein leises Stöhnen entwich Floras Lippen. “Ist dir eigentlich bewusst, dass ich vorhin gar nicht geschützt war …? Ich nehme nämlich nicht die Pille, weißt du”, sagte sie ein wenig verlegen. “Aber ich glaube, die Gefahr, dass etwas passiert ist, war nicht allzu groß …” Sie runzelte die Stirn. “Doch darum geht es im Wesentlichen gerade auch gar nicht …”
“O doch, darum geht es sehr wohl”, widersprach er plötzlich barsch. “Wenn du gerade den Aspekt Schwangerschaft angesprochen hast …?”
Flora nickte befangen. “Ich möchte im Moment bestimmt nicht schwanger werden.”
“Und ich möchte, dass du
niemals
von mir schwanger wirst”, verkündete er mit bleichem Gesicht und grimmiger Miene. Der Nachdruck in seinem Ton hätte Flora eigentlich nicht so tief verletzen dürfen – schließlich war es doch nur natürlich, dass ein Mann von einer Frau, mit der er nur ein kurzzeitiges Techtelmechtel hatte, kein Kind bekommen wollte. Aber seine Reaktion tat ihr trotzdem schrecklich weh.
“Dass wir vorhin leichtsinnig waren, ist aber nicht nur meine Schuld.” Sie klang bitter. Ihr eigenes Verhalten vorhin hätte sie gern mit Spontaneität umschrieben, aber in letzter Konsequenz war es wohl einfach nur platte Dummheit gewesen, und seine Reaktion unterstrich nur noch, wie töricht sie da gewesen war.
“Meinst du, das weiß ich nicht?” Er presste die Lippen aufeinander. “Freiwillig und mit Verstand würde ich keine Frau, deren Wohl mir am Herzen liegt, dieser Form von Gefahr aussetzen …” sagte er in so ernstem wie emphatischem Ton. “Es war auf geradezu kriminelle Weise unverantwortlich von mir.” Er fuhr sich mit einer Hand wild durchs Haar und stierte dann wie geistesabwesend in die Ferne. “Ich werfe mir vor, einen Vorteil daraus gezogen zu haben, dass du eine schwere Zeit hinter dir hast und wohl dringend jemanden brauchst, an dessen Schultern du dich anlehnen kannst …”
“Ich bin aber kein hilfloses Kind mehr, Josh. Ich wusste
genau
, was ich tat”, widersprach sie ihm entschieden. “Weil ich so mit dir zusammen sein wollte. Ehrlich gesagt, war das schon meine Sehnsucht gewesen, seit wir uns das erste Mal sahen”, gestand sie ihm jetzt ganz unverhohlen, und es war ihr nun egal, so offen zu sein. “Also hatte es überhaupt nicht im Geringsten etwas damit zu tun, dass ich in einer psychischen Krise steckte.” Sie hörte, mit welchen Zischlauten er kräftig einatmete. “Wenn du dir etwas vorwerfen willst, dann lass bitte mein emotionales Schockerlebnis aus dem Spiel”, knurrte sie.
Doch mit einem Male ging ihr ein Licht auf – seine Frau war bei der Geburt des Sohnes gestorben; kein Wunder, dass ihm die Vorstellung einer ungeplanten Schwangerschaft da in Angst und Schrecken versetzen konnte. Armer Josh, es war
sein
emotionales Schockerlebnis, über das sie da gerade stolperten!
“Eine Straße zu überqueren bedeutet immer ein kalkuliertes Risiko, Josh”, gab sie ihm sanft zu bedenken. Er schaute hinab auf ihre schlanken Finger, die jetzt seinen Hemdsärmel fassten, aber er entzog sich ihrer Berührung nicht. “Ich weiß, dass man die Dinge aus einer anderen Perspektive
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