Julia Extra Band 0198
etwas wie Pressefreiheit”, zog er seine letzte vermeintliche Trumpfkarte.
“Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht selbst genau, wo auf dem Gebiet die Grenzen sind!” Josh schnaubte vor Wut. “Und im Übrigen – Miss Grahams Vater lebt nicht mehr, und damit ist eigentlich auch Ihre Geschichte gestorben. Tun Sie sich selbst den Gefallen und lassen Sie die ganze Sache auf sich beruhen.”
Tom griff nach einer Packung Zigaretten in seiner Brusttasche. “Na gut. Aber Sie werden noch von mir hören!”, rief er beim Weggehen Josh hinterher.
Diese versteckte Drohung machte Josh in keinster Weise nervös – wohl aber die Körnchen Wahrheit, die er in dem Gespräch in Bezug auf ihn und Flora entdeckt hatte. Nachdenklich lief er in Richtung Farmhaus.
Schon beim Betreten des Hauses wurde Josh glasklar, dass etwas Ernsthaftes los war. Flora stapfte, nachdem sie ihm die Tür geöffnet hatte, stumm zurück ins kleine Wohnzimmer. Ihr schlanker Rücken sandte ein Signal aus, als würde sie rufen: “Rühr mich nicht an!” Betreten schaute er auf die Blumen, die er in einer Hand hielt. Dann stellte er mit der anderen Hand die Flasche Sekt auf der Kommode im Flur ab und legte die Blumen daneben.
“Kannst du dir solche Mitbringsel denn überhaupt
leisten
?”, fragte sie schnippisch, derweil Josh ihr folgte.
Mit leicht zittrigen Händen spielte sie mit einer hübschen, traditionell blau-weiß gemusterten Vase. Es fiel ihr unglaublich schwer, ihre Wut zu kontrollieren und gegen sie anzukämpfen. Als sie darüber nachdachte, wie er sie absichtlich in die Irre geführt hatte, dieser Schwerenöter, da hätte sie am liebsten etwas gegen die Wand feuern mögen – oder am besten den Mann selbst!
Flüchtig von der Seite warf sie einen verächtlichen Blick auf ihn und sah mit wachsender Abneigung, dass er immer noch einfach zu gut aussah. Schwarz kleidet ihn vortrefflich, stellte sie fest und schaute fasziniert auf die wie maßgeschneidert gut sitzende schwarze Hose, die ahnen ließ, wie muskulös seine Hüften waren. Wenn sie nicht dahintergekommen wäre, was für ein Lügner dieser Charmeur war, dann hätte sie sich jetzt wahrscheinlich kaum mehr länger zurückhalten können, ihm dieses krispe Baumwollhemd aufzuknöpfen und … Sie schloss die Augen und schluckte schwer.
Auch Josh schloss die Augen, in dem Wissen, dass er verdiente, was jetzt kommen würde, doch zugleich wissend, dass dadurch die Situation insgesamt auch nicht besser wurde. Aber herrje, er musste unbedingt das Schlimmste vermeiden. “Ich hatte dich schon früher einweihen wollen, Flora, aber ich …”
“Du hattest zu sehr deinen Spaß daran, mir etwas vorzuspielen, stimmt’s?” Sie stemmte eine Hand in die schmale Hüfte und zeigte mit einem Finger der anderen Hand streng auf ihn.
Er bezweifelte, dass ihr bewusst war, wie erotisch sie in dieser Pose wirkte … Und er wünschte sich, er hätte gerade seinen Zeichenblock dabei … aber das Zeichnen hatte er schon zu oft als Ausflucht benutzt in einer heiklen oder schmerzlichen Situation. Nach Bridies Tod hatte er Tag und Nacht gemalt, nur um nicht nachdenken zu müssen oder um sein Schmerzgefühl zu unterdrücken und zu verdrängen. Nachdem er sich dann irgendwann seiner neuen Lebenssituation hatte stellen müssen, hatte er für lange Zeit den Pinsel gar nicht mehr in die Hand genommen.
“Das war bestimmt besonders lustig für dich, als ich dir gute Ratschläge für deine Karriere gab …”
Haben Sie je daran gedacht, Ihr Maltalent beruflich zu verwerten?
So oder so ähnlich hatte sie ihn gefragt und kam sich jetzt im Nachhinein ganz lächerlich dabei vor.
“Du bist anscheinend in der Zwischenzeit dahintergekommen, was ich beruflich wirklich mache …” sagte er recht leidenschaftslos.
Flora verschränkte die Arme und machte einen Schmollmund. “Und wie viele andere Geheimnisse hütest du sonst noch vor mir?” Doch bevor er antworten konnte, hob sie beide Hände in die Höhe. “Halt! Verrat es besser gar nicht”, meinte sie verächtlich. “Ich weiß sowieso schon genug über dich. Du bist nichts anderes als ein billiger Betrüger …! Obschon billig nicht zutrifft, denn deine Bilder verkaufen sich ja zu stolzen Preisen, wie man hören kann.” Sie klang so, als sei gerade diese letztere Tatsache die schlimmste Beleidigung für sie.
Ein leicht ironisches Lächeln legte sich auf Joshs Lippen. “Gegen meine künstlerischen Fähigkeiten scheinst du nichts einzuwenden zu haben, wohl aber
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