Julia Extra Band 0198
von lautem Hundegebell sah er einen Mann näher kommen.
“Schön brav”, redete der Fremde auf den Collie ein und schritt nervös weiter.
Josh zitierte den Hund mit einem Fingerschnippen herbei. “Sitz”, befahl er und wandte sich dann dem Mann zu. “Suchen Sie hier jemanden?”
Der Fremde grinste ihn an und wippte dabei auf den Zehenspitzen. “Sie erinnern sich wohl nicht mehr an mich …?”
“Doch, ich erinnere mich sehr wohl”, gab Josh sogleich zu verstehen.
Das Grinsen des Besuchers wurde schwächer, doch verunsichert schien er keineswegs. “Sie ist Ihnen ja wie ein zahmer Vogel zugeflogen, stimmt’s?” Sein jetzt süffisantes Lächeln brachte Josh binnen Sekunden zum Kochen.
Verdammt, dass ich meine Kamera gerade nicht bei mir habe, dachte der Reporter. Er war sich ziemlich sicher, dass das, was auch immer sich gerade eben in der Scheune zugetragen hatte, eine hervorragende Story abgegeben hätte. “Weiß sie inzwischen Bescheid?”
“Wollen Sie mich hier irgendwie erpressen?” Nach außen hin blieb Josh ganz cool. Doch ihm ging ein Licht auf. Ihm sollte bestimmt damit gedroht werden, dass die Presse seinen lang gehegten Racheplan an die Öffentlichkeit bringen würde.
“Erpressen?” Der Reporter tat empört. “Ich bin lediglich berufsbedingt auf der Suche nach interessanten Geschichten, und ich glaube, ich habe wieder eine gefunden”, sagte er selbstzufrieden. “Und Sie könnten mir noch ein paar ausschmückende Details dazu liefern.”
“Übernehmen Sie sich nicht – als Reporter bei einem Provinzblatt –, war’s nicht der
Clarion
?”
“Woher wissen Sie das?”
“Nun, Sie sind nicht der Einzige, der die Kunst des Recherchierens beherrscht.”
Als Tom Channing sah, wie Josh spöttisch die Mundwinkel verzog, wurde ihm klar, dass mit einer Bereitschaft zu guter Zusammenarbeit bei diesem Mann nicht zu rechnen war. Aber der Reporter wollte sich noch nicht so leicht geschlagen geben. “Nun, ganz wie Sie wollen”, sagte er stinkfreundlich. “Aber ich sage es, nur damit Sie es wissen – ich schreibe meine Story auch ohne Ihre Unterstützung.” Es lag ein leicht warnender Unterton in seiner Stimme. “Die Überschrift meiner neuen Story könnte übrigens lauten: ‘Mein Schäferstündchen mit der Tochter des Killers meiner Frau’. Klingt doch irgendwie aufregend, oder?” Er grinste süffisant.
Josh ließ sich nicht so leicht provozieren. “Sagen Sie mal … hängen Sie eigentlich sehr an Ihrem Job?” nahm er den Zeitungsmann in die Zange.
Tom Channing wurde nun etwas unbehaglich zumute, denn er brauchte die Story, wenn er sich einen Namen machen wollte. “Ich liebe meinen Beruf”, wich er der direkten Frage leicht nervös aus.
“Dann lassen Sie die Finger von Flora Graham, und wagen Sie es nicht noch einmal, sie einzuschüchtern.”
“Wie bitte? Einschüchtern? Sie hatte doch noch nie Angst vor mir.”
“Das behaupten Sie einfach. Fakt ist, dass Flora Graham nach außen hin ihre Angst nie zeigen würde.” Für eine Sekunde flackerte ein Ausdruck von Bewunderung in Joshs grauen Augen auf.
“Was soll eigentlich Ihre moralische Entrüstung? Sie haben es gerade nötig! Die Frau ist bei mir doch wohl sicherer als bei Ihnen!”, konterte Tom Channing. “Meine Motive sind doch im Vergleich zu Ihren direkt als
edel
zu bezeichnen!”
Josh presste die Lippen aufeinander. Er musste sich schwer kontrollieren, nicht aus der Haut zu fahren. “Ich sage es jetzt noch einmal ganz deutlich. Wenn sie Ihren Job behalten möchten, dann vergessen Sie am besten sofort den Namen Flora Graham. Wagen Sie es nicht, diesen feinen Menschen noch länger zu peinigen.”
“Meine Güte, Sie klingen ja jetzt, als hätten Sie sich in sie verliebt.”
Josh wollte sich nicht noch mehr von dem Mann anhören – auch wenn dessen letzte Bemerkung nicht gänzlich gelogen war, wie er sich eingestehen musste. Auch spürte er einen bis dahin nicht gekannten Drang, Flora zu beschützen. “Sagen Sie Ihrem Chefredakteur, dass Sie die Story gern abliefern möchten, dass aber Josh Prentice etwas dagegen hat.”
“Wie bitte? Jetzt bluffen Sie aber.”
“Ich kenne Ihren Verleger, David Macleod, persönlich … Aber riskieren Sie doch Ihren Kopf, wenn Sie unbedingt wollen … schreiben Sie ein abschätziges Wort über Flora Graham, und ich werde Sie auseinandernehmen … Stück für Stück.”
Tom Channing starrte Josh an und wusste jetzt, dass dieser Mann keinen Quatsch machte. “Es gibt aber so
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