Julia Extra Band 0198
liebt dich immer noch, und wenn du ihm nicht wenigstens ein bisschen Interesse entgegenbringst, wirst du ihn endgültig verlieren”, riet ihr Claire und verschwand dann.
Wie gern hätte Abby daran geglaubt. Und sie war froh, dass sie sich von ihren Freundinnen nicht zu unrealistischen Gefühlen hatte aufstacheln lassen, als Hunter an diesem Abend von der Arbeit kam. Er sah sehr müde aus, überhaupt nicht wie ein Mann, der eine Reaktion auf zwei Dutzend roter Rosen erwartete. Abby fragte sich schon ernsthaft, ob Thadd Peterson nicht vielleicht ein Fehler unterlaufen war.
„Harter Tag?”
„Vernichtend”, stöhnte er und ließ sich erschöpft auf das gemütliche Sofa fallen.
Mühsam unterdrückte Abby den Impuls, ihren ehemaligen Liebhaber zu berühren. Sie wollte die kleinen Falten glatt streichen, die Stress und Anstrengung an diesem Tag auf sein Gesicht gezeichnet hatten. Sie wollte sich mit einem Kuss für die Rosen bedanken. Aber da er sich wie ein Mann benahm, der vergessen hatte, dass er Rosen verschenkt hatte, sagte sie nur: „Ich habe Schweinebraten gemacht.”
Zu ihrer Überraschung beteiligte sich Hunter wie selbstverständlich an der Vorbereitung zum Abendessen. Hunter war ein exzellenter Koch, der sich überhaupt nicht an Rezepte zu halten schien. Er würzte offenbar nur nach Gefühl, doch aus den Töpfen duftete es köstlicher als alles, was Abby jemals zustande gebracht hatte. Jedenfalls kam es ihr selbst so vor.
Als Tyler zum Essen in die Küche kam, war er noch immer ungewöhnlich still und warf Hunter nur einige merkwürdige Blicke zu. Verwirrt beobachtete Abby die beiden während des Essens und kam zu dem Schluss, dass Tyler seinen Vater möglicherweise wieder verabscheute. Nach langen Minuten des Schweigens räusperte sich Hunter. „Und, Abby, wie war dein Tag?”
Es war schon so lange her, dass sich jemand ernsthaft nach ihrem Tagesablauf erkundigt hatte, sodass Abby im ersten Moment eine Antwort im Halse stecken blieb. Dann fielen ihr plötzlich die Rosen ein, und jetzt war genau der richtige Zeitpunkt, um endgültig die Wahrheit herauszufinden.
„Heute ist etwas Ungewöhnliches passiert. Ich habe zwei Dutzend wunderschöne Rosen bekommen.” Sie brach ab und fuhr sich mit der Zunge über ihre trockenen Lippen. „Von Hunter.”
Bevor dieser reagieren konnte, ergriff Tyler begeistert das Wort. „Haben sie dir gefallen?”
Sie war augenblicklich gerührt von der freudigen Anteilnahme ihres Sohnes, der offensichtlich mitbekam, wie wenig Geschenke oder Überraschungen sie erhielt.
„Ich finde sie toll”, sagte sie mit belegter Stimme und merkte in diesem Augenblick, welchen Effekt Hunter Wyman für ihr Leben hatte. Er konnte Tyler Dinge geben, die Abby ihm nicht geben konnte.
„Ich bin fertig”, verkündete Tyler und sprang auf. Dann umarmte er seine Mutter überschwänglich. „Ich gehe raus und spiele mit Billy.”
„Haben dir die Blumen wirklich gefallen?”, fragte Hunter, nachdem Tyler verschwunden war.
Sie nickte. „Sehr”, gab sie zu und verspürte innerlich wirklich aufrichtige Freude darüber, dass er sich Gedanken um sie gemacht hatte. Am liebsten hätte sie ihn jetzt dafür geküsst. Aber es drängte sich ihr immer wieder auf, dass dies nicht derselbe Mann war, der mit ihr ein Kind gezeugt hatte.
Später am Abend zeigte sie Hunter ein Zimmer im hinteren Teil des Hauses, in dem er in Ruhe arbeiten konnte. Er hatte ihr außerdem angeboten, an jedem zweiten Tag Tyler bei den Schularbeiten zu helfen, was Abby ganz neue Möglichkeiten eröffnete. Dank dieser unerwarteten Unterstützung konnte sie nach langer Zeit zum ersten Mal wieder etwas mehr Zeit für sich beanspruchen.
Als sie Tyler zu Bett brachte und seine Bettdecke um ihn herum feststeckte, bemerkte sie: „Du scheinst Hunter jetzt ein wenig mehr zu mögen als vorher.”
Der kleine Junge nickte.
„Möchtest du mir irgendetwas darüber erzählen?”
„Nein.”
„Nun, wenn dich etwas beschäftigt, was du nicht verstehst oder nicht magst, weißt du, dass du es mir erzählen kannst. Richtig?”
Wieder nickte er und grinste diesmal dabei.
Es war ganz und gar unüblich für Tyler, zu einem Fremden so schnell ein vertrautes Verhältnis aufzubauen. Nachdenklich machte Abby sich auf den Weg nach unten und fand Hunter auf der Verandaschaukel sitzen.
„Setz dich zu mir!”, bot er an und klopfte auf das Polster neben ihm.
Sie tat es und fasste sich ein Herz. „Also, was haben Tyler und du gestern Abend
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