Julia Extra Band 0213
freundlich. Claudia würde ihn dominieren. Selbst ihn hatte sie in diese chaotische Lage gebracht.
Kaum zu glauben, dass er sie erst wenige Stunden kannte. Sie kam ihm schon so vertraut vor, als ob sie zu seinem Leben gehöre. Mit ihrer Klasse und Selbstsicherheit ähnelte sie Alix. Nur hatte Alix nicht den Schalk in den Augen gehabt. Und Alix wäre auch weder klaglos in diesem Gefährt mitgefahren, noch wäre sie um die halbe Welt gereist, in der Hoffnung, einen Ehemann zu finden. Sie hätte auch zu Hause leicht einen Mann finden können, dachte er bitter.
Claudias Kopf schaukelte erneut hin und her. Sie lehnte sich nur nicht zurück, um nicht an seinen ausgestreckten Arm hinter der Lehne zu stoßen.
“Um Himmels willen”, seufzte David, als sie nach einem besonders tiefen Schlagloch kurz die Augen öffnete und wieder schloss. Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Claudia wehrte sich im Halbschlaf zunächst dagegen, gab dann aber der Bequemlichkeit nach.
David rutschte noch weiter nach außen, um für sie mehr Platz zu schaffen. Sie lehnte sich wie selbstverständlich an ihn und drückte ihr Gesicht mit einem leisen Murmeln an seinen Hals. David senkte bei ihren sanften ruhigen Atemzügen unwillkürlich seinen Kopf, bis er auf ihrem Haar auflag.
Amil warf einen Blick auf die schlummernde Claudia. “Sie haben großes Glück, so eine Frau zu haben”, bemerkte er leise zu David. “Das ist eine der schlimmsten Straßen des Landes, und sie scheint wirklich müde zu sein. Trotzdem hat sie sich mit keiner Silbe beschwert.”
“Das stimmt.”
Amil seufzte. “Sie ist sehr schön”, fuhr er fort. Davids Griff wurde Besitz ergreifend.
“Ja, das ist sie wohl”, sagte er langsam.
Amil war enttäuscht von dieser zurückhaltenden Antwort.
“Wir sind bald bei der Oase. Hoffentlich ist im Gästehaus noch Platz. Ohne Touristen gibt es keine Hotels.”
“Ja”, meinte David lächelnd. “In der vierten Phase des Projekts werden wir in Telema’an ein Hotel bauen, aber das nützt uns im Moment nicht.”
“Wo werden Sie wohnen?”, fragte Amil. “Es gibt in der Nähe der Baustelle ein paar Häuser für die ausländischen Ingenieure. Wohnen Sie bei Ihren Kollegen?”
“Normalerweise ja. Dieses Mal war Scheich Said jedoch so freundlich, mich in die Gästeunterkünfte seines Palastes einzuladen.”
Amil sah ihn erstaunt an. “Sie werden bei meinem Onkel wohnen?”
David hob den Kopf. “Bei Ihrem Onkel?”
“Hatte ich es noch nicht gesagt? Ja, wir scheinen alle an denselben Ort zu wollen. Wenn mein Onkel Sie eingeladen hat, sind Sie sein Ehrengast.”
David schnitt im Dunkeln eine Grimasse. Wenn auch Amil zum Palast fuhr, mussten er und Claudia wohl oder übel auch in Telema’an zusammenbleiben. Amil würde sicher erzählen, dass das Paar mit ihm gereist war. Er hätte erklären müssen, wo seine angebliche Ehefrau abgeblieben war.
“Claudia und ich haben so kurz entschlossen geheiratet, dass der Scheich nicht darüber informiert ist, dass ich nicht allein reise. Es wäre unhöflich, unangemeldet mit meiner Frau aufzutauchen. Außerdem arbeite ich den ganzen Tag. Daher schien es unter den gegebenen Umständen das Beste, wenn meine Frau bei ihrer Cousine untergebracht wird.”
“Das wird nicht notwendig sein”, meinte Amil herzlich. “Mein Onkel wird Ihrer frisch angetrauten Frau gern seine Gastfreundschaft gewähren.”
“Ich möchte mich nicht aufdrängen”, fing David an, doch Amil winkte ab.
“Gastfreundschaft ist eine ehrwürdige Tradition in Shofrar. Es würde meinen Onkel verletzen, wenn Ihre Gemahlin sich nicht im Palast aufhalten möchte.”
David versuchte ein letztes Mittel. “Ich möchte Scheich Said keineswegs verletzen. Doch vielleicht wird er verstehen, dass Claudia vom Palast aus ihre Cousine nicht so leicht besuchen kann. Die Ingenieure wohnen außerhalb der Stadt. Ohne einen Wagen …”
“Dieses Problem lässt sich leicht lösen”, warf Amil ein. “Mein Onkel besitzt viele Autos. Er wird Ihnen sicherlich eines zur Verfügung stellen, damit Sie und Ihre Frau frei entscheiden können, wann und wie Sie den Palast verlassen.”
Nachdem auch dieser Plan durchkreuzt worden war, blieb David nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. “Sehr freundlich von Ihnen.” Hoffentlich bemerkte Amil seine Enttäuschung nicht.
Sie fuhren schweigend weiter. David brütete darüber, was er Claudia alles sagen würde, sobald sie allein waren. Aufgrund ihrer
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