Julia Extra Band 0258
Motorengeräusche waren zu laut, als dass Anna die Worte hätte verstehen können.
Nun trat der Mann mit dem Messer wieder aufs Achterdeck und schrie etwas zu dem über ihm schwebenden Helikopter hinauf.
Durch das Kabinenfenster sah Anna, wie ein weiteres Schiff sich ihnen näherte. War das das Schnellboot, das sie gehört hatte? An Bord des anderen Schiffes erkannte sie uniformierte Polizisten.
Kurz darauf war das Schnellboot neben dem Motorboot und zwang dieses beizudrehen.
Der Mann auf dem Achterdeck schrie dem Mann in der Kabine, der sie immer noch festhielt, etwas zu. Sofort schubste dieser Anna brutal in Richtung Deck.
Als sie auf das Achterdeck hinausstolperte, fühlte sie etwas Kaltes und Hartes an ihrem Ohr.
Den Lauf einer Pistole.
So weit draußen war das Meerwasser eiskalt. Doch Leo ignorierte die Kälte, als er sich in die Fluten stürzte. Er ignorierte alles, bis auf das Ziel, das er verfolgte, seit ihn der Sicherheitsdienst seiner Villa angerufen hatte. Drei Männer waren in sein Haus eingedrungen, hatten die Angestellten bedroht und Anna gewaltsam entführt.
Die Stunde, die seither vergangen war, kam ihm wie ein einziger Alptraum vor. Wie erwartet, war die Polizei nicht erfreut, als Leo sich weigerte, an Land zu bleiben. Zusammen mit zwei seiner Sicherheitskräfte stieg er in sein schnellstes Motorboot und nahm die Verfolgung auf. Im nächstgelegenen kleinen Hafen hatte man ein verlassenes Auto gefunden, und einige Fischer berichteten, sie hätten gesehen, wie drei Männer eine Frau an Bord eines Motorboots gezerrt hatten.
Christos … worin in aller Welt war Anna da verwickelt? Wer hatte sie entführt? Und warum? Allem Anschein nach stammten die drei Männer aus dem Mittleren Osten. Mehr hatten seine Angestellten ihm nicht sagen können. Und sie hatten nur Englisch gesprochen. Doch das Motorboot, in dem sie geflohen waren, war auf ein südamerikanisches Land registriert.
Drogen? Hatte Anna damit etwas zu tun? Er wusste, dass sie eine Diebin war – aber Juwelen zu stehlen war doch etwas anderes als Drogenhandel.
Warum hatte man seine Anna entführt?
Energisch drängte er den Gedanken beiseite. Jetzt war nur wichtig, was er als Nächstes tat. Die vom Hubschrauber verursachten Wellen behinderten ihn beim Schwimmen, aber zumindest würden ihn die Entführer bei dem Lärm nicht hören.
Unbemerkt erreichte er das Motorboot und zog sich an Bord. Für einen Moment hielt er schwer atmend inne.
Alle drei Männer standen auf dem Achterdeck. Ihre gesamte Aufmerksamkeit galt dem Hubschrauber und dem Polizeiboot.
Vorsichtig kletterte Leo auf das Dach der Kabine und legte sich flach auf den Bauch. Er sandte ein Kopfschütteln zu den Polizisten hinüber, und die verrieten mit keiner Regung, dass sie ihn gesehen hatten.
Noch immer befahl die Stimme aus dem Megaphon den Entführern, ihre Geisel freizulassen. Doch die drei Männer schrien nur zurück, dass sie Anna töten würden, sobald geschossen würde.
Alle drei kehrten Leo den Rücken zu. Als er die Pistole sah, die einer von ihnen an Annas Ohr presste, stieg Übelkeit in ihm auf. Aber dass die Entführer ihr Kleid zerrissen und sie bis zur Hüfte entblößt hatten, versetzte ihn in kalte, unbändige Wut.
Leise wie der Tod sprang er auf das Deck hinunter.
Verschwommen sah Anna, wie eine Gestalt vom Dach der Kabine sprang. Erst nach einer endlos langen Sekunde erkannte sie, wer das war.
Leo!
Leo griff den Mann an, der die Pistole an ihr Ohr hielt und warf ihn zu Boden. Anna schrie auf. Und dann kämpfte sie. Jeder Muskel in ihrem Körper wurde weich, und sie ließ sich nach vorn fallen.
Schmerzen wie Feuer rasten durch ihre Schultern, aber das kümmerte sie nicht. Ihre Gewichtsverlagerung brachte auch den Mann, der sie immer noch festhielt, aus dem Gleichgewicht. Schnell hakte sie ihren Fuß um seinen Knöchel, spannte gleichzeitig wieder alle Muskeln an und zog. Brüllend stürzte der Mann nach vorn, riss sie dabei beinahe mit sich, ließ sie aber im letzten Moment los, um sich abzustützen. Annas Arme waren noch zu betäubt, als dass sie sie hätte gebrauchen können. Also trat sie zu, immer und immer wieder, um den Entführer auf dem Boden zu halten.
Plötzlich wurde sie hochgehoben. Bevor sie dagegen ankämpfen konnte, bemerkte sie, dass es Leo war. Er hob sie über die Reling und übergab sie in die ausgebreiteten Arme eines Sicherheitsmannes auf dem Schnellboot. Sie hörte ihn etwas rufen, dann drehte das Schnellboot bei und entfernte
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