JULIA EXTRA BAND 0261
schien genug zu haben. Ohne Gruß zog er Tina mit sich fort.
„Ich brauchte keinen Retter“, protestierte sie, und er hob ihre Hand an seine Lippen.
„Es hätte zu nichts geführt.“
Ein erregendes Prickeln erfasste sie. Tina wurde warm.
Das ist nicht fair, dachte sie. Sie wollte nichts für ihn empfinden, wollte sich nicht nach ihm sehnen. Sie würde alles verlieren.
Der Pausengong ertönte, und die Premierengäste strömten zu ihren Plätzen. Tina hoffte nur, dass es Sabine nicht gelungen war, einen in ihrer Nähe zu besetzen.
Der Film, obwohl im Original mit Untertiteln, schlug Tina in seinen Bann. Ein Drama unerfüllter Liebe entwickelte sich vor ihren Augen, die Akteure spielten derart überzeugend, dass es wie eine aus dem Leben gegriffene Episode wirkte. So vergaß sie auch, dass Nic noch immer seine Finger mit ihren verschränkt hielt. Als sie es bemerkte, wollte sie sich ihm entziehen, aber sein Griff verfestigte sich.
Auch ein zweiter Versuch fruchtete nicht. Als stumme Warnung presste sie die Fingernägel in seine Haut. Keine Reaktion.
Und nun?
Sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Es gab keine Pause, der Streifen endete ohne Happy End. DieProtagonisten trennten sich und gingen ihrer Wege.
„Hat es dir nicht gefallen?“, fragte Nic auf dem Weg ins Foyer.
„Eine düstere Geschichte. Eigentlich hatte ich etwas anderes erwartet.“
„Ein glückliches Ende wie im Märchen?“, neckte er. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute … So ungefähr?“
„Genau. Wie auch immer, Darsteller und Kameraführung waren großartig.“
Sabine ließ sich nicht mehr blicken.
Tina musste trotzdem an sie denken.
„Ich finde, du schuldest mir eine Erklärung“, begann sie, als sie neben Nic im Wagen saß.
Ein kurzer Seitenblick. „Sabine?“
„Was sonst?“
„Wir sind uns bei gemeinsamen Freunden begegnet, trafen uns auf einer Party wieder. Danach tauchte sie immer dort auf, wo auch ich eingeladen war.“ Nic hielt an einer Ampel.
„Ihr wart ein Paar.“
„Nur kurz.“
„Du hast Schluss gemacht.“
„Gegen erheblichen Widerstand, ja.“
Tina konnte es sich lebhaft vorstellen. „Anrufe, SMS, Einladungen … Sie hat dich damit bombardiert, du hast nicht reagiert. Dann verlegte sie sich auf Stalking“, überlegte sie laut, während sie aus dem Fenster schaute.
Am dunkelblauen Nachthimmel funkelten unzählige Sterne.
„Sabine will dich.“ Sie ist von dir besessen, fügte sie stumm hinzu.
„Ich bin vergeben.“
Ein kurzer Satz, der Tina in einen Strudel mitreißender Gefühle stürzte. Es war verrückt, diesem Mann zu verfallen. Und doch raste ihr Herz.
Verzweifelt kämpfte sie um die Kontrolle … über ihre Gefühle, ihr wohlbehütetes Herz. Wenn sie den Kampf verlor, wäre niemand da, um sie aufzufangen.
„Diese Ehe ist nur vorgetäuscht.“
„Sie ist für uns beide von Vorteil.“
Wirklich? Sie war sich nicht mehr sicher.
Als Nic die Tore passierte, schalteten sich im Haus Lichter ein. Die mild erleuchteten Fenster hatten etwas Tröstliches, Heimeliges.
„Geh ruhig schon nach oben“, meinte er, sobald sie in der Eingangshalle standen. „Ich muss ein paar Mails checken. Zeitverschiebung“, erklärte er.
Gut eine Stunde später betrat er sein Schlafzimmer. Im ersten Moment fragte er sich, ob Tina erneut ihre Unabhängigkeit demonstrieren wollte und in ihre Zimmer zurückgekehrt war. Doch in dem Bett neben seinem lag sie, unter der Decke zusammengerollt.
Sie sah anrührend schutzlos aus. Ihre blassen Züge waren ein auffallender Kontrast zu der rotbraunen Lockenpracht, die sich auf das Kissen ergoss. Nic drängte es, sich zu ihr zu legen, sie nach allen Regeln der Kunst zu verführen und sich in ihr zu verlieren.
Er beherrschte sich.
Um ihr Vertrauen nicht aufs Spiel zu setzen.
9. KAPITEL
Erleichtert fuhr Tina nach Hause. Der Tag war ohne Zwischenfälle verlaufen.
Von Steve erfuhr sie, dass Nic zu einem Geschäftsessen in der Stadt geblieben war. Sie führte Czar auf einem ausgedehnten Spaziergang durch den Garten und machte sich dann einen Salat. Nach dem Essen und einer Dusche ging sie ins Bett, um in ihrem Buch weiterzulesen. Zehn Seiten später konnte sie die Augen kaum noch offen halten. Sie knipste das Licht aus und schlief bis zum anderen Morgen durch.
Nic saß bereits in der Küche, als sie herunterkam.
„War es ein erfolgreicher Abend?“, fragte sie, während sie sich Joghurt und Obst aus dem Kühlschrank nahm. Zuerst
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