JULIA EXTRA BAND 0261
Haut prickelte.
Das ist nicht fair!
In den folgenden Tagen konnte nur die Arbeit in der Boutique sie ablenken. Auch wenn sie ein eigenes Bad, ein eigenes Schrankzimmer zur Verfügung hatte, so blieb Nic stets präsent. Die zurückgeschlagene Decke auf dem großen Bett, seine Kleidung vom Vortag auf dem Herrendiener, der schwache Duft seines Aftershaves oder der Geruch seiner Seife, die ihr nach jeder Dusche aus seinem Bad entgegenströmte.
Schlimmer noch, der unvermeidliche gelegentliche Blick auf ihn, bevor er vollständig angezogen war.
Wie heute Abend, als sie fertig geschminkt aus dem Badezimmer kam, um in ihr Schrankzimmer zu gehen. Nackt bis zur Taille stand er da, hatte sich gerade die Hose angezogen. Er hob den Kopf, ihre Blicke verfingen sich. Dann lächelte er, und Tina hatte das Gefühl zu schmelzen wie Eis unter der Sonne.
Männer wie er gehörten verboten!
Sie zwang sich zu einem lässigen „Bin gleich fertig“ und verschwand im Schrankzimmer.
Das Kleid, das sie für den heutigen Abend ausgesucht hatte, war ein Traum aus tiefblauem Seidensatin. Dünne Spaghettiträger hielten das perlenbestickte, eng anliegende Mieder, das in einen raffiniert gearbeiteten Rock überging. Eine kurze,ebenfalls mit Perlen übersäte Jacke ergänzte das Outfit. Tina schlüpfte in passende, handgearbeitete High Heels. Zum Schluss die Brillantohrringe angesteckt, fertig.
Nach einem letzten kritischen Blick in den Spiegel betrat sie das Schlafzimmer. Nic sah ihr entgegen. Er bot einen atemberaubenden Anblick. Tina konnte nichts dagegen tun, dass ihr Herz schneller schlug.
„Können wir gehen?“
Sie nahm ihr Abendtäschchen und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Auf in den Kampf.“
„Eins noch.“
Mit langen Schritten kam er auf sie zu, und sie rettete sich in Humor. „Habe ich Lippenstift auf den Zähnen? Die Wimperntusche verschmiert?“
„Du siehst wunderschön aus.“ Eine Schönheit, die von innen kommt, dachte er.
Oh.
Ahnte er, was er in ihr anrichtete?
„Danke.“ Sie ließ den Blick über ihn gleiten. „Glaub mir, die Frauen werden sich scharenweise um deine Aufmerksamkeit reißen.“
„Du übertreibst.“
„Meinst du?“ Sie lächelte verschmitzt, während sie die Treppe hinuntergingen.
In dichtem Verkehr erreichten sie die Innenstadt und reihten sich vor dem imposanten Hotel in die lange Schlange glänzender Limousinen.
Der Wohltätigkeitsabend zugunsten des „Royal Children’s Hospital“ fand jährlich statt und gehörte zu den schillernden gesellschaftlichen Ereignissen, die keiner, der in Sydney Rang und Namen hatte, sich entgehen ließ. Die Frauen trugen Modellkleider und verschwenderischen Schmuck, die Männer machten im Smoking eine gute Figur.
Zwischen den Gästen balancierten Serviererinnen Tabletts mit Champagner und Orangensaft, die gedämpfte Musik ging fast unter im Stimmengewirr. Tina schaute in die Runde. Sie machte sich nichts vor. Ihre ersten Gedanken hatten Sabine gegolten.
Ob sie hier auftauchen wird?
Die Veranstaltung war seit Wochen ausgebucht. Sabine musste schon jemanden überzeugen, sie mitzunehmen, um hereingelassenzu werden.
Da öffneten sich die Türen zum Ballsaal, und die Gäste wurden gebeten, ihre Tische aufzusuchen. Tina unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung, während sie an Nics Seite zu ihrem Platz ging.
Zu früh, wie sie feststellen musste. Kurz bevor der Zeremonienmeister das Podium bestieg, erschien Sabine Lafarge.
Passend zu ihrem aufsehenerregenden Haar trug sie Schwarz. Eine schulterfreie Abendrobe mit tiefem Rückendekolleté, die ihre hinreißende Figur wie eine zweite Haut umschmiegte. Scharlachrote Lippen und im selben Farbton lackierte Fingernägel vervollständigten die Aura verruchter Eleganz, die sie umgab. Tina ahnte, dass nicht wenige Männerherzen im Saal bei diesem Anblick höher schlugen.
Ihr Begleiter, gut gebaut und mit dem Gesicht eines hoch bezahlten Dressman, passte zu ihr wie das Kleid, das sie am Leib hatte.
Ganz in der Nähe waren zwei Plätze frei geblieben. Tina beobachtete, wie Sabine mit graziösen Bewegungen genau darauf zuschritt. Natürlich wartete der Zeremonienmeister, bis sie und ihr Gefährte Platz genommen hatten.
Sie saß genau in Tinas Blickrichtung – und damit auch in Nics.
Und sie spielte ihre Reize voll aus. Wollte sie ihn erinnern, was sie miteinander gehabt hatten … und noch haben konnten?
Tina versuchte, sich einzureden, es mache ihr nichts aus.
Nach außen hin gelassen,
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