JULIA EXTRA BAND 0269
verdient habe, nachdem ich vier Jahre lang ein vorbildlicher und großzügiger Chef war?“
„Ich dachte nicht, dass Sie blumige Reden mögen würden. Außerdem gibt es nicht mehr zu sagen. Ich gehe, weil ich festgestellt habe, dass es da draußen noch ein paar Dinge für mich zu erledigen gibt, und das kann ich nicht tun, während ich hier arbeite, auch wenn Sie tatsächlich ein sehr großzügiger Chef waren.“
„Dinge, die Sie noch erledigen wollen?“ Erneut runzelte Gabriel verständnislos die Stirn.
„Ich … ja …“
„Was für Dinge?“
„Ein Business-Kurs zum Beispiel …“ Unter anderem, dachtesie, inklusive einem eigenen Leben mit passendem Partner, einer Familie und all den Dingen, von denen Frauen meist schon sehr früh träumen.
„Sie wollen einen Business-Kurs belegen?“ Bei ihm klang es so, als hätte sie den Wunsch geäußert, auf den Mond fliegen zu wollen.
„Ja, zufälligerweise möchte ich das!“ Rose hob trotzig das Kinn. „Ich bin mit achtzehn von zu Hause weggegangen“, fuhr sie fort und gab damit noch mehr von ihrem Privatleben preis, das sie bislang so unter Verschluss gehalten hatte. „Dann musste ich mich um meine kranke Mutter kümmern, und als sie starb, machte ich eine Sekretärinnenausbildung, um Geld zu verdienen, das ich für ein Studium verwenden könnte. Falls Sie sich daran erinnern … ich bin mit einem Zeitvertrag zu Ihnen gekommen … und dann hier hängen geblieben …“
„Davon haben Sie nie etwas erzählt“, murmelte Gabriel, der die Bestürzung über ihre ungewohnte Gesprächigkeit in ihrem Gesicht ablesen konnte. Seine kühle, souveräne, sachliche Sekretärin verfügte also über inneres Feuer. Natürlich hatte er das von Anfang an vermutet. „Was hat denn Ihre Schwester gemacht, während Sie sich um Ihre Mutter gekümmert haben?“, fragte er neugierig.
Rose starrte ihn an und versuchte insgeheim, sich wieder auf sicheres Terrain zurückzuziehen, doch das ließ er nicht zu. Nach ein paar Sekunden lastender Stille zuckte sie die Achseln und wandte den Blick ab. „Grace war an der Universität, und dann hat sie Tom kennengelernt, und alles wurde … ziemlich hektisch für sie. Wie dem auch sei – natürlich werde ich meine Nachfolgerin entsprechend einarbeiten. Wenn ich hier aufhöre, will ich mir ein paar Wochen freinehmen und den Sommer genießen … Der Kurs wird dann im September starten …“
„Und Ihnen ist nie in den Sinn gekommen, das mit mir zu besprechen …? Dass es vielleicht eine für uns beide zufriedenstellende Lösung geben könnte …?“
„Nicht wirklich. Ich meine …“
„Warum nicht?“ Gabriel hakte sofort nach. „Weil Sie, wenn Sie ganz ehrlich sind, doch ein Problem damit haben, für michzu arbeiten?“
„Natürlich nicht!“ Sie konnte es nicht zulassen, dass Gabriel glaubte, er habe etwas mit der Sache zu tun.
„Warum haben Sie dann bis jetzt geschwiegen?“
„Ich habe wirklich erst darüber nachgedacht, als ich in Australien war“, gab Rose zu. „Da hatte ich Zeit, mir über einige Dinge klar zu werden und zu erkennen, dass ich etwas verändern muss, wenn ich beruflich vorankommen will …“
Gabriel, der vor seinem inneren Auge bereits eine ganze Reihe unfähiger Sekretärinnen sah, die jedes Mal zusammenzuckten, wenn er die Stimme hob, verfluchte insgeheim Roses Schwester, die sein geordnetes Arbeitsleben so durcheinanderbrachte.
„Und ich gebe Ihnen recht“, verkündete er plötzlich.
„Wirklich?“
„Natürlich.“ Er lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schaute Rose mit einem verständnisvollen Blick an, der ihr völlig neu war. „Sie sind jung. Sie sind intelligent …“ Er wartete, bis die Worte in ihr Bewusstsein gedrungen waren. „Sie wollen mehr als Anweisungen von mir entgegenzunehmen. Nicht“, fügte er bewusst hinzu, „dass ich Ihnen nicht eine ganze Menge Verantwortung übertragen hätte. Wenn ich mal bedenke, dass Ihre ursprünglichen Aufgaben darin bestanden, zu tippen, zu ordnen und Anrufe entgegenzunehmen, dann sind Sie ganz schön weit gekommen. Doch das nur nebenbei gesagt …“
Rose versuchte, die überraschende Wendung des Gesprächs zu verarbeiten. Natürlich wusste sie, wie unberechenbar Gabriel sein konnte, dennoch …
„Ich kann verstehen, dass Sie vorankommen wollen … Schließlich bin ich das beste Beispiel dafür – jemand, der sich mit Zielstrebigkeit und Ehrgeiz nach oben gearbeitet hat …“
„Oh, solch schwindelerregende
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