JULIA EXTRA BAND 0269
Lokal bekannt zu sein. Irgendjemand tauchte wie aus dem Nichts auf, lächelte und küsste sie auf beide Wangen, ehe er sie an einen kleinen Tisch im hinteren Teil des Raums führte.
„Weil ich weiß, dass Sie exklusivere Restaurants bevorzugen.“
„Oh, tue ich das?“
„Ja.“ Sie drehte sich zu ihm um und lächelte trocken. „Vergessen Sie nicht, dass ich die Tische für Sie reserviere.“ Sie senkte den Blick, während sie sich auf ihrem Platz niederließ. „Schöne Frauen mögen teure Restaurants, haben Sie einmal gesagt. Sie genießen das Gefühl des Sehens und Gesehenwerdens.“
„ Das habe ich mal gesagt?“
„Jawohl.“
„Ich bin überrascht, dass Sie mir nicht vorgeworfen haben, furchtbar oberflächlich zu sein.“
Rose zuckte achtlos die Schultern, schaute zu ihm herüber und wich dann seinem Blick aus. „Jedem das Seine. Außerdem arbeite ich für Sie.“
„Das hat Sie nie davon abgehalten, Ihre Meinung zu äußern.“
Sie errötete und schwieg. Ja, sie hatte immer laut ausgesprochen, was sie dachte. Es hatte ihr nie Angst gemacht, anderer Meinung zu sein als er, zumal er es in beruflicher Hinsicht sogar begrüßte, wenn jemand einen auch schon mal kontroversen Standpunkt vertrat. Es war eine seiner größten Stärken, die sie in den vergangenen Jahren immer geschätzt hatte.
„Ist das hier Ihr Stammlokal?“, fragte Gabriel und wechselte damit das Thema. Er blickte sich eine Weile um, ehe er wieder zu ihr herübersah. „Ich hätte nicht gedacht, dass Ihnen diese Art von Kneipe gefällt.“
„Warum nicht?“, entgegnete Rose verwundert.
„Weil es … ziemlich laut ist.“
„Und ich bin eher ein stiller Bücherwurm?“
„Jetzt legen Sie mir Worte in den Mund, Rose.“
„Ich bin müde.“ Sie war dankbar für die Unterbrechung durch den Kellner, dem sie ihre Bestellung nannte, ohne auch nur in die Speisekarte zu schauen. „Warum bringen Sie mich nicht auf den neuesten Stand? Durch Ihre E-Mails habe ich den groben Überblick, was sich in den letzten drei Monaten in der Firma getan hat, aber wenn Sie mir jetzt die Details erklären, komme ich schneller wieder rein.“
„Der Flug von Australien ist ganz schön lang“, versetzte Gabriel, der damit das Thema Arbeit umging, das ihm im Moment unglaublich langweilig erschien. „Ich kann verstehen, dass Sie müde sind. Und vermutlich vermissen Sie Ihre Schwester …?“
„Ja, natürlich tue ich das. Obwohl die drei nächstes Jahr nach England zurückkehren wollen. Sowohl Grace als auch ihr Ehemann Tom finden, dass es an der Zeit ist, wieder in die Heimat zu kommen, jetzt, wo Ben auf der Welt ist.“
In diesem Moment wurde ihr Essen gebracht, und Rose musste ein Lächeln unterdrücken, als sie Gabriels erstaunten Gesichtsausdruck sah, weil die Gerichte wirklich vorzüglich waren. Er blickte auf, ehe sie wegschauen konnte und lächelte sie verschmitzt an.
„Jetzt werde ich wahrscheinlich einen Vortrag zu hören bekommen, wie dumm es ist, für ein Dinner horrende Summen zu zahlen, wenn man die gleiche Qualität anderswo zum halben Preis bekommt …“
„Nein, natürlich nicht.“
„Ich würde Lokale wie dieses besuchen, wenn Klienten und Frauen nicht exklusivere Restaurants erwarten würden.“
„Was die Klienten anbelangt, so gebe ich Ihnen recht, aber vielleicht sollten Sie einmal mit einer anderen Sorte Frau ausgehen.“
„Warum sagen Sie das?“
„Sage ich was?“
Rose, die gar nicht so genau darauf geachtet hatte, was sie antwortete, schaute hoch und stellte fest, dass der Blick aus seinen mitternachtsblauen Augen fest auf sie gerichtet war. Sollten sie nicht eigentlich Berufliches besprechen? Warum saßen sie überhaupt hier?
„Eigentlich weiß ich gar nicht, was Sie von … meinen Frauen … halten … aber ich schätze, dass Sie sich mit den Jahren eine Meinung gebildet haben. Schließlich haben Sie alle miteinander kennengelernt …“
„Nicht wirklich …“ O ja, und ob sie eine Meinung hatte! Allesamt waren sie schön, hirnlos und vollkommen unbedarft. Schon oft hatte sie sich gefragt, wie ein intelligenter Mann wie Gabriel sich mit dem Klischee des blonden Dummchens zufriedengeben konnte. Doch irgendwann hatte sie erkannt, dass er Leidenschaft und Herausforderung nur im Beruf suchte. Privat bevorzugte er Frauen, die einfach nur gefügig waren.
„Sehen Sie mich deshalb so missbilligend an?“, fragte Gabriel.
Ertappt!
„Tue ich das?“, erwiderte Rose betont lässig, und hoffte inständig, dass er
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