JULIA EXTRA BAND 0269
in einem praktischen blauen Hosenanzug mit weißem Rollkragenpullover gesehen hatte. An ihre Stelle war eine sehr schlanke Frau getreten, die eine überraschend aufsehenerregende Figur und gebräunte Haut zeigte. Sie trug einen schmalen schwarzen Rock, der einiges an Bein enthüllte, und ein enges T-Shirt, unter dem sich Brüste abzeichneten, die mehr als eine gute Handvoll waren. Ihre flachen Ballerinas bildeten die einzige nicht aufreizende Ausnahme an ihrer Kleidung.
„Ich wusste nie, dass Sie Beine haben“, murmelte er.
„Natürlich habe ich Beine, Gabriel! Was glauben Sie wohl, wie ich von A nach B gelange? Mit Flügeln?“
„Aber Sie haben sie bislang immer versteckt …“ Abrupt stand er auf und lehnte sich über den Schreibtisch, um sie besser betrachten zu können. „Und sehr hübsch sind sie auch noch. Doch vielleicht sollten Sie sich hier im Büro ein bisschen dezenter kleiden.“
Bei dieser ungeniert sexistischen Bemerkung blieb Rose der Mund offen stehen.
„Was haben Sie mit Ihrem Haar angestellt? Haben Sie irgendetwas gemacht? Es sieht anders aus.“
„Ich habe überhaupt nichts mit meinem Haar angestellt, Gabriel, abgesehen von einem Schnitt, und können wir jetzt bitte meine Person für einen Moment hinter uns lassen …?“ Sie schob den schicksalsträchtigen Brief von der einen in die andere Hand.
„Warum? Ihre Verwandlung fasziniert mich. Ich hatte geglaubt,Sie wollten Ihrer Schwester mit dem Baby helfen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie sich vollkommen umstylen würden.“
„Ich bin dorthin gereist, um Grace zu helfen!“
„Und währenddessen haben Sie eine Diät gemacht, sich Ihr Haar schneiden lassen und den ganzen Tag im Bikini in der Sonne gelegen, um braun zu werden …?“
Rose zählte innerlich bis zehn und fragte sich dabei, was sie eigentlich in einem Mann sah, der unerträglich arrogant war und jedes Warnsignal ihrerseits ignorierte.
„Hatten Sie jemals mit einem Neugeborenen zu tun, Gabriel?“
„Das konnte ich bislang verhindern …“
„Dachte ich mir, denn andernfalls wüssten Sie, dass Neugeborene und im Bikini in der Sonne liegen nicht zusammenpassen.“
„Ihre Schwester hat doch sicher nicht erwartet, dass Sie die ganze Zeit nach diesem Ding sehen!“
„Es war kein Ding, Gabriel. Es war ein Baby. Ein wunderschöner kleiner Junge. Er heißt Ben.“ Als sie sich an das winzige weiche Bündel in ihren Armen erinnerte, wurde ihre Stimme ganz weich. Diese neue Erfahrung hatte sie dazu bewogen, ihr Leben zu überdenken. Grace, zwei Jahre älter als sie, war so glücklich. Neben ihr sah Rose plötzlich die hässliche Realität ihres eigenen Lebens deutlich vor sich. In zwei Jahren würde sie genauso alt sein wie ihre Schwester jetzt, achtundzwanzig, aber es war mehr als zweifelhaft, ob sie dann auch ein kleines Kind und einen liebenden Ehemann an ihrer Seite haben würde. Zumindest wenn sie weiterhin für einen Mann arbeitete, der in ihr nichts weiter sah als seine kompetente Sekretärin. Daher schlich sich eine gewisse Sehnsucht in ihre Stimme, als sie ihm jetzt von ihrer Zeit in Australien erzählte.
Gabriel hörte kaum auf ihre weiteren Ausführungen über das Baby. Irgendwann würde das zwar auch für ihn zum Thema werden – schließlich war er Halbitaliener – doch im Moment gab es kaum etwas, das ihn mehr langweilte als die Geschichten über ein Neugeborenes am anderen Ende der Welt.
Er war noch viel zu sehr damit beschäftigt, den Anblick dieser Frau mit den haselnussbraunen Haaren vor ihm zu verkraften. Einer Frau, die über üppige Brüste verfügte, zu denen sein Blick immer wieder abdriftete.
Da er nicht lüstern wirken wollte, und weil er bereits ein unangenehmes Ziehen in den Lenden bemerkte, setzte er sich wieder auf seinen Sessel hinter dem Schreibtisch und versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was sie sagte. Irgendetwas über Ben und die Unberechenbarkeit seiner Hungerattacken. Diesen sanften Ausdruck in ihren Augen hatte er noch nie zuvor gesehen, und plötzlich runzelte er die Stirn.
„Ich hoffe, diese Reise hat Sie nicht auf dumme Ideen gebracht“, unterbrach er sie mitten im Satz.
„Wie bitte?“
„Reise? Ideen?“
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen“, erklärte Rose perplex.
„Ich spreche davon, dass meine perfekte Sekretärin plötzlich entschieden haben könnte, dass es für sie an der Zeit wäre, Mutter zu werden. Dieser ganze Babykram kann manchmal ansteckend sein. Das weiß ich mit
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