JULIA EXTRA BAND 0269
fehlenden Kleider eine Botschaft sein, wo ihr Platz in seinem Leben war?
Dann erspähte sie die Kaschmirdecke, mit der er sie letzte Nacht eingehüllt hatte. Hastig wickelte sie sich darin ein.
Jemand klopfte an die Tür. Fast wäre sie über die Decke gestolpert, so rasch wirbelte sie herum.
„J…ja?“, rief Rachel verwirrt und fragte sich, warum er so rücksichtsvoll ihre Privatsphäre wahrte, wo er doch gestern Nacht das genaue Gegenteil getan hatte.
„Ihre Sachen sind angekommen, Miss Carmichael“, verkündete eine ihr völlig fremde Frauenstimme. „Soll ich Ihren Koffer vor die Tür stellen?“
„Oh … ja … ja, vielen Dank“, antwortete sie stirnrunzelnd. Sie hatte keine Ahnung, wovon die andere Frau sprach.
Rachel wartete ein paar Sekunden, dann öffnete sie die Tür einen Spalt. Vor sich sah sie den Koffer, den sie für ihren Ausflug von Devon nach London gepackt hatte. Mit einer Hand hielt sie die Decke um ihren Körper fest, mit der anderen hob sie den Koffer ins Schlafzimmer und schloss die Tür.
Das letzte Mal hatte sie den Koffer in Marks Wohnung gesehen, wo er offen und halb ausgepackt auf dessen Bett gelegen hatte. Wie war er hierhergekommen?
Hatte Mark ihn geschickt? War er hergekommen und dann wieder gegangen, ohne nach ihr gefragt zu haben?
Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle, als sie den Koffer aufs Bett hievte und öffnete. Darin fand sie alles wieder, was sie ursprünglich eingepackt hatte, plus der vielen Extras, die Eliseihr gegeben hatte, damit sie ihr so ähnlich wie möglich sah.
Ganz oben lag ein kleiner Zettel. Es war eine eilig hingekritzelte Nachricht von Mark.
Musstest du den Chauffeur um sechs Uhr morgens schicken, damit er deine Sachen abholt? Ich bin gerade erst ins Bett gefallen!
Elise hat dich letzte Nacht angerufen, nachdem ich ihr die guten Neuigkeiten erzählt habe, aber dein Handy war aus. Sie und Leo wollten dir zur bevorstehenden Hochzeit gratulieren, wenn du verstehst, was ich meine. Ruf sie doch später an, damit sie um Leos willen die begeisterte Schwester spielen kann.
Ich verreise heute Nachmittag für ein paar Wochen nach LA. Ich melde mich, wenn ich zurück bin. Alles Liebe, Mark
Mission erfüllt, das normale Leben ging weiter – zumindest für Mark. Kein Wort der Sorge, keine Frage nach ihren Gefühlen. Kein Zeichen für einen baldigen Rettungsplan.
Für einige Sekunden starrte Rachel blickleer in den Raum vor sich. Dann ließ sie den Zettel fallen, wandte ihre Aufmerksamkeit der Auswahl ihrer Kleider zu und verschwand damit im Bad.
Gekleidet in einen kurzen Bademantel, die dunklen Haare noch feucht von der Dusche, öffnete Raffaelle die Schlafzimmertür genau in dem Moment, in dem die Tür des angrenzenden Badezimmers leise geschlossen wurde.
Er ging zum Bett hinüber und hob den Zettel auf. Seine Miene verhärtete sich, während er die Nachricht las. Dann betrachtete er den geöffneten Koffer, es schien, als sei er in aller Eile gepackt worden.
Ob sie sich verlassen fühlte? Sie musste sich so fühlen, denn genau das war passiert.
Er legte den Zettel wieder auf den Boden und wandte sich einer weiteren Tür zu, die in den begehbaren Kleiderschrank führte. Zehn Minuten später war er fertig angezogen. Aus dem Bad drang das Geräusch von fließendem Wasser. Raffaelle verließ das Schlafzimmer so geräuschlos, wie er gekommen war.
6. KAPITEL
Es kostete Rachel viel Überwindung, die Schlafzimmertür zu öffnen und in den Flur hinauszugehen. Sie hätte alles andere lieber getan, als Raffaelle Villani im kalten trüben Tageslicht gegenüberzutreten.
Nervös rieb sie mit den Händen über ihre Arme. Zumindest, tröstete sie sich, sah sie wieder wie sie selbst aus. Ohne das auffällige Make-up und mit gewaschenen Haaren hatte ihr die wirkliche Rachel aus dem Spiegel entgegengesehen – die Rachel, die Jeans trug und langärmelige schwarze Stricktops. Die Rachel, die sich kaum schminkte und ihre Haare nicht glättete.
Sie wollte ihre Tasche mit dem Handy suchen, aber so weit kam sie gar nicht. Die Tür neben der Küche stand offen. Rachel spähte ins Zimmer und blieb wie erstarrt stehen.
Raffaelle stand neben einem großen Esstisch und nippte an einer Tasse Kaffee. Er trug ein graues T-Shirt und weit geschnittene lässige Hosen.
Wieder war sie fasziniert von seinem muskulösen Körper und seiner sinnlichen Ausstrahlung.
Etwas regte sich in ihrem Inneren, als die Erinnerung an die letzte Nacht zurückkehrte. Allein sein Anblick ließ ihr
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