JULIA EXTRA BAND 0269
ließ Rachel sich auf einen Stuhl sinken.
„Und jetzt frag dich, wie lange die Reporter brauchen werden, um herauszufinden, wer du bist. Dann werden deine fünfzehn Minuten Ruhm zu einem wilden Ritt in die Hölle und zurück. Sie werden deine gesamte Vergangenheit ans Licht zerren, während Leo Savakis nur darauf wartet, dass du einen Rückzieher machst und zugibst, dass alles nur eine hässliche Tarngeschichte für die Eskapaden seiner Frau war.“
„Mehr brauchst du nicht zu sagen“, flüsterte sie. „Ich habe verstanden.“
„Hast du das wirklich?“, fuhr er ungerührt fort. „Dann solltest du auch Folgendes bedenken: Wenn du jetzt wegläufst, werde ich die ganze Lüge aufdecken und die Ehe deiner Schwester zum Teufel jagen. Ich kann mit den Konsequenzen leben.“
Damit verließ er das Zimmer und ließ Rachel allein, um über seine Worte nachzudenken. Sie brauchte nicht lange. Die Fahrt nach Devon war tatsächlich eine Flucht. Jedoch war nicht die Lügengeschichte der Grund, weshalb sie fliehen wollte.
Was zwischen ihm und ihr passierte, war der wahre Grund. Es ging um die Gefühle, die er in ihr weckte. Wenn er sie bereits nach einer Nacht so sehr aufwühlen konnte, würde sie, wenn die ganze Sache in ein paar Tagen oder Wochen vorbei war, ein emotionales Wrack sein.
Falls es jemals vorbei wäre. Rachel erinnerte sich an seine Androhung einer Hochzeit.
Raffaelle wanderte in seinem Arbeitszimmer auf und ab und fragte sich, was mit ihm los war. Warum war er sie so scharf angegangen?
Weil sie nach Hause wollte, um ein paar Kleider zu holen und ihr Leben zu organisieren, oder weil sie immer noch ihre selbstsüchtige Familie verteidigte?
Oder war es, weil sie diesen Mann in Devon erwähnt hatte? Einen angeblichen Nachbarn.
Er wusste es nicht. Er glaubte nicht, dass er es wissen wollte.Irgendetwas passierte mit ihm.
Rachel lief in der Wohnung hin und her, und Raffaelle ging zurück, um nach ihr zu sehen. Er fand sie im Wohnzimmer, ihre Tasche in der Hand.
„Mein Handy ist weg.“ Sie sah wieder blass und abweisend aus.
„Die Batterie war leer. Ich habe es in mein Arbeitszimmer zum Aufladen gebracht. Ich hole es dir.“ Er hielt inne. „Wen willst du anrufen?“
Diese Frage stand ihm nicht zu, das wusste er, und ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, dachte sie dasselbe. Trotzdem antwortete sie.
„Wenn ich das Haus nicht verlassen darf, muss ich mit ein paar Leuten sprechen.“
„Nein, wir werden es auf deine Art machen. Allerdings werden wir beide mit dem Wagen nach Devon fahren, nicht mit dem Zug.“
„Aber …“
„Zehn Minuten“, entschied er finster. „Und lass mich nicht warten. Je eher wir abfahren, desto früher sind wir zurück.“
Raffaelle lenkte den silbernen Ferrari mit derselben rücksichtslosen Aggressivität durch die Straßen der Stadt, wie in der Nacht zuvor. Kaum waren sie aus der Garage gefahren, da waren auch die wartenden Reporter zu ihren Wagen gelaufen und hatten die Verfolgung aufgenommen. Nach einigen schwindelerregenden Ausweichmanövern und Richtungswechseln schienen sie die Meute abgehängt zu haben.
„Ich verstehe nicht, warum die Paparazzi immer noch dort sind“, sagte Rachel. „Was glauben die, werden wir machen? Auf der Treppe des Hauses heiraten?“
„Sie wissen noch nicht genug über dich.“ Er klang so finster, dass es Rachel kalt den Rücken hinunterlief.
„Ich hasse das“, flüsterte sie. „Ich habe es schon gehasst, wenn ich mit Elise ausgegangen bin. Wie könnt ihr damit nur leben?“
„So ist nun einmal die Welt“, entgegnete Raffaelle gleichgültig. „Die Menschen sind begierig auf Details aus dem Leben der Reichen und Berühmten. Du gehörst nun zu diesem Kreis,also solltest du dich besser daran gewöhnen, denn das ist erst der Anfang.“
Erst der Anfang …
Bis sie die Autobahn erreicht hatten, schwiegen beide. Dann beschleunigte Raffaelle den Wagen und die Landschaft raste an ihnen vorbei.
„Erzähl mir von deiner Familie“, bat er schließlich.
Also schilderte sie ihm, wie der erste Mann ihrer Mutter nach langer Krankheit gestorben war, als die Zwillinge noch sehr klein waren. „Einige Jahre später hat sie meinen Vater geheiratet und mich geboren.“
„Wie groß ist der Altersunterschied zwischen dir und deinen Geschwistern?“
„Sechs Jahre.“
„Und wem hat die Farm ursprünglich gehört?“
„Meinem Vater. Aber er hat nie – und wir auch nicht – einen Unterschied zwischen Mark, Elise und mir gemacht.
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