JULIA EXTRA Band 0276
Früher oder später wird er sein gebrochenes Herz zurück nach Griechenland bringen. Und wenn du glaubst, dass dort nicht zahlreiche Frauen warten, die ihn trösten wollen, bist du nicht smart genug, um meine Enkelin zu sein.“
Später am Tag, nachdem die Trauerfeier vorüber war, fiel Gina in der Küche ihres Hauses in Ohnmacht. Glücklicherweise war der Arzt noch im Haus und kümmerte sich um sie.
„Stress und Erschöpfung“, sagte er zu Mikos und Angelo. „Unter diesen Umständen ist es ein Wunder, dass sie überhaupt so lange durchhält. Sie hat schon ein paar harte Jahre hinter sich. Wie lange können Sie beide hierbleiben?“
„So lange sie uns braucht“, entgegnete Tyros sofort. „Ich bin ihr Großvater.“
„Dachte ich mir schon“, murmelte der Arzt. „Wohl besser spät als nie, würde ich sagen.“ Er nahm seine Tasche und wandte sich an Mikos. „Ein paar Tage Ruhe, dann sollte sie wieder erholt sein.“
„Sie hat sich nicht mehr erholt, seit sie Griechenland verließ“, widersprach er. „Sie hat keinen Appetit, keine Energie. Und sie hat auch etwas abgenommen.“
„Dann werde ich sie einmal gründlich untersuchen. Das kann nie schaden.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr überhaupt eine Hilfe bin“, sagte Mikos zu Angelo. „Sie will mich gar nicht in ihrer Nähe haben.“
„Möglicherweise nicht“, gab der Alte zu. „Vielleicht ist es das Beste, wenn wir nach Hause fliegen. Wir können nicht für sie trauern, yio mou. Das muss sie allein schaffen, in ihrem eigenen Tempo. Und falls wir ihr dabei im Weg stehen, tun wir ihr keinen Gefallen damit.“
Mikos hörte seine eigene Stimme kaum. „Dann schlägst du vor, wir sollen sie im Stich lassen?“
„Nein. Wir sollten ihr Raum zum Atmen geben, damit sie wieder gesund werden kann. Vielleicht vermisst sie uns sogar.“ Hilflos hob er die Schultern. „Es könnte sein, dass eine solche Maßnahme nötig ist, damit sie merkt, dass sie uns braucht.“
Gern hätte Mikos dem widersprochen, aber im Herzen wusste er, wie recht Angelo hatte. Je mehr er sich Gina zu nähern versuchte, desto weiter trieb er sie damit von sich fort.
„Gut, wir gehen. Aber erst, nachdem sie untersucht wurde. Ich muss wissen, dass mit ihr alles in Ordnung ist.“
„Schwanger?“ Verblüfft blickte Gina Sam Irving an, der ihr gegenüber am Tisch saß, um die Untersuchungsergebnisse mit ihr zu besprechen. „Wie kann das sein?“
„Das solltest du wohl genau wissen, Kindchen“, antwortete der Arzt mit gespielter Strenge. „Hast du etwa keinerlei sexuelle Kontakte gehabt?“
„Ähm, nun ja“, stotterte sie verwirrt. Dann sammelte sie sich. „Ich hatte eine Affäre in Griechenland, um ehrlich zu sein. Du hast mir selbst praktisch dazu geraten, und ich befolge immer ärztliche Anweisungen. Aber wir haben uns geschützt und waren immer vorsichtig.“
Außer dem einen Mal, als sie Mikos in der Dusche überrascht hatte!
„Nicht vorsichtig genug, fürchte ich“, sagte Sam und zog die Augenbrauen hoch. „Kenne ich den Vater?“
Sie wurde rot. „Ja. Du hast ihn hier im Haus getroffen.“
„Der junge Grieche? Hab ich mir schon gedacht. Besteht die Möglichkeit, dass ihr heiratet?“
„Nicht die geringste!“
„Auch nicht, wenn er vom Baby erfährt?“
„Das wird er nicht.“
„Wieso nicht?“
„Weil zwischen uns alles aus ist“, gab sie tonlos zurück. „Er und mein Großvater werden schon bald nach Griechenland zurückkehren.“
„Verstehe.“ Nachdenklich rieb er sich den Bart und kippelte auf seinem Stuhl vor und zurück. „Wie gefällt dir der Gedanke, bald Mutter zu werden?“
„Ich weiß nicht genau“, gab sie zu. „Ich bin in erster Linie überrascht. Geschockt.“ Sie lachte verlegen. „Wenn ich darüber nachdenke, war es ja buchstäblich vorprogrammiert. Uneheliche Babys liegen bei uns in der Familie.“
„Heutzutage denkt man nicht mehr in diesen Kategorien, Gina. Alleinerziehende Mütter werden gesellschaftlich nicht mehr geächtet. Und in deinem Fall muss es nicht unbedingt von Nachteil sein. Ein Baby würde auf natürliche Weise die Lücke schließen, die der Tod deiner Mutter in deinem Leben hinterlassen hat. Falls du dich aber nach einer gründlichen Bedenkzeit anders entscheiden solltest …“
„Ich will keine Abtreibung, Sam“, fiel sie ihm ins Wort.
„Es gibt auch noch die Möglichkeit einer Adoption. Viele liebevolle Menschen würden die Chance sofort ergreifen, deinem Kind ein Zuhause zu schenken.
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