JULIA EXTRA Band 0276
Die Schwangerschaft ist in einem frühen Stadium. Du hast jede Menge Zeit, deine Gedanken zu ordnen, bevor du eine Entscheidung triffst.“
„Ja, natürlich.“ Trotzdem stand für sie felsenfest, dass sie Mikos’ Baby niemals weggeben würde.
„Mir geht es gut“, sagte sie etwas später zu Mikos und Angelo, als sie gemeinsam beim Essen saßen. Erstaunlicherweise gelang es ihr, überzeugend zu klingen, obwohl sie sich alles andere als gut fühlte. „Ich bin kerngesund, sagte der Arzt.“
„Wenn das wahr ist“, begann Mikos und warf einen kritischen Blick auf ihren spärlich belegten Teller, „wieso isst du dann so gut wie nichts? Außerdem bist du ständig müde.“
„Ich bin ausgebrannt, das ist alles. Aber Dr. Irving verschreibt mir Vitamine. Ihr könnt beruhigt nach Hause fliegen. Ich werde bald wieder ich selbst sein.“
Mit bald meinte sie den März nächsten Jahres, denn dann war laut Sam der Stichtag für die Geburt ihres Kindes.
„Was für Vitamine?“, wollte Mikos wissen.
„Das Übliche“, erwiderte sie nervös und schluckte trocken. „Hör auf, mich so auszufragen! Ich stehe hier nicht vor Gericht.“
„Mir würde es um einiges besser gehen, wenn ich selbst einmal mit dem Arzt sprechen könnte.“
„Tu das“, ermunterte Gina ihn. „Aber mach dir nicht die Mühe, mit ihm über mich zu sprechen. Das geht dich nämlich nichts an, und er unterliegt ohnehin der ärztlichen Schweigepflicht.“
„Lass nur, Mikolas“, beschwichtigte Angelo. „Angelina hat recht. Das geht dich tatsächlich nichts an.“
„Nachdem das alles geklärt ist“, fuhr sie fort, „wann wollt ihr in etwa abreisen?“
„Hast du es so eilig, uns loszuwerden?“ Mikos klang erschüttert. „Sind wir dir so lästig?“
„Nein, natürlich nicht. Ich bin euch wahnsinnig dankbar für alles, was ihr in den vergangenen Wochen für mich getan habt. Aber früher oder später muss ich lernen, allein klarzukommen. Ich denke, je früher, desto besser.“
„So sei es!“, sagte Angelo ironisch. „Wir können morgen fliegen, wenn dir das recht ist.“
Am Ende dauerte es noch zwei Tage, bis Angelos Pilot den Jet und einen Flugplan vorbereitet hatte. Es war ein Mittwoch, als Mikos und Angelo sich von Gina verabschiedeten.
„Wir beide haben noch viel aufzuholen“, sagte Angelo zu ihr. „Ich werde mich regelmäßig bei dir melden.“
„Und ich werde dich vermissen“, sagte sie und war selbst überrascht, wie wahr diese Worte waren. Er war die einzige Familie, die sie noch hatte, und nach dem Tod ihrer Mutter war er ihr sehr ans Herz gewachsen.
Mikos stellte sich Gina in den Weg, drückte sie leicht gegen den Kofferraum und küsste sie hart auf den Mund. „Ich werde nicht die gleichen Versprechungen wie er machen“, sagte er barsch.
Dann stieg er ins Auto und fuhr ab, ohne sich noch einmal umzudrehen. Tränenblind sah Gina dem Wagen nach.
Es vergingen Wochen und Monate, in denen Gina sich neu in ihrem Leben einrichtete. Sie beschloss, die Pension zu renovieren und weiterzuführen, und Angelo unterstützte sie dabei. Nur moralisch, denn ihre finanzielle Situation hatte sich nach einer unerwarteten Zahlung aus der Lebensversicherung ihrer Mutter entspannt.
Aber Mikos fehlte ihr jeden Tag. Wann immer das Telefon klingelte, machte ihr Herz einen Sprung. Sie versuchte sich mit der Arbeit für ihre Pension abzulenken, aber das gelang ihr in den seltensten Fällen.
„Leichte Bewegung ist gesund“, riet ihr Sam Irving, „aber streng dich nicht zu sehr an. Auch wenn die Schwangerschaft problemlos verläuft, solltest du nicht mehr auf Leitern steigen. Und du bist etwas zu dünn. Lass es ruhiger angehen.“
„Ich muss mich aber beschäftigen.“
„Es gibt einen goldenen Mittelweg“, sagte er streng. „Wann hörst du endlich auf, dich selbst zu bestrafen, Gina? Du bist nicht schuld am Tod deiner Mutter.“
„Doch, ich …“ Wie immer bei diesem Thema schossen ihr die Tränen in die Augen. „Ich war nicht da.“
„Nein, du warst dort, wo Leute deines Alters sein sollten. Du warst im Urlaub und hast dich verliebt, und sie fiel zu Hause aus dem Fenster. Sie starb an ihren Verletzungen, und deshalb darfst du nicht mehr glücklich sein. Hm!“ Er rieb sich das Kinn. „Sag mir mal, ist es nicht auch deine Schuld gewesen, dass sie überhaupt Alzheimer hatte?“
„Nein“, schluchzte sie und schnaubte in ein Taschentuch. „Das lag ja außerhalb meiner Kontrolle.“
„Ihr Tod auch. Daher lass die Zweifel
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