JULIA EXTRA Band 0286
Augen. Mia hatte das ungute Gefühl, dass sie in einer Sackgasse steckte, aus der sie nicht herauskonnte. Bryns entschlossener Gesichtsausdruck bewies, dass jeder Versuch, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, nutzlos war. Sein Ziel stand fest, und er würde jedes Mittel anwenden, um es zu erreichen.
„Dazu wird es hoffentlich nicht kommen müssen“, sagte er endlich. „Im Moment bitte ich dich lediglich um deine Unterstützung. Ich will einer alten Frau, die alles für mich getan hat, eine letzte Freude bereiten. Was ich von dir verlange, ist nicht leicht, und ich bin bereit, dich gut dafür zu bezahlen. Ich weiß, ich bin dir unsympathisch, aber ebenso weiß ich, dass du die einzige Person bist, die Tante Agnes gefallen würde. Sie hat dich heute Nachmittag in meiner Sendung gehört und hält dich jetzt schon für die perfekte Wahl. Sie hat es mir selbst gesagt, als ich bei ihr in der Klinik war.“
Mia schwieg. Wie sollte sie das alles ihren Eltern plausibel machen? Dann dachte sie an die alte Dame im Krankenhaus, die ihr eigenes Glück geopfert hatte, um ein Kind großzuziehen, dessen Eltern auf tragische Weise ums Leben kamen. Einen kleinen Jungen mit braunem Haar und tiefblauen Augen, aus dem ein Mann geworden war, der das Trauma seiner Kindheit nicht überwunden hatte und seinen Schmerz hinter einer Maske aus Arroganz und Zynismus verbarg.
Sie sagte sich, dass es keine richtige Ehe sein würde. Sie war Schauspielerin, und Bryn bat sie, seine Frau zu verkörpern. Viele Künstlerinnen spielten Ehefrauen. Wie oft hatte Julia Roberts auf der Leinwand geheiratet? Zehnmal? Öfter?
Außerdem war es nur für ein paar Wochen.
Es war eine Rolle, nichts weiter.
Dennoch …
„Kann ich darüber nachdenken? Das ist alles so überstürzt, so … so vollkommen unwirklich …“
„Selbstverständlich. Aber ich würde dich morgen gern mit meiner Großtante bekannt machen. Vielleicht hilft es dir, eine Entscheidung zu treffen.“
Sie biss sich auf die Lippen. „Und wenn ich mich dagegen entscheide?“
„Dann bringst du dich selbst um ein beträchtliches Vermögen.“
Mia schluckte. „Was verstehst du unter beträchtlich?“
Als sie die Zahl hörte, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen. Ihre Eltern waren gut situiert und hatten ihren Töchtern so ziemlich jeden Wunsch erfüllt; dennoch verschlug ihr die Summe, die er nannte, den Atem. Wenn sie Bryn Dwyer heiratete, wäre das die schnellste Lösung für Ellies Problem.
Aber könnte sie das …
„Solltest du meinen Vorschlag akzeptieren …“, sagte er nach einer Weile, „… dann ist unser nächster Schritt der Rechtsanwalt, damit er den üblichen Ehevertrag aufsetzt. Und, wie bereits erwähnt, musst du als meine Braut einen Verlobungsring tragen.“ Er ging zu einem der Gemälde, schob es beiseite und entnahm dem Wandsafe dahinter eine blaue Samtschatulle. Nachdem er den Safe wieder geschlossen und das Bild an seinen Platz gerückt hatte, kam er zurück und reichte Mia einen Ring.
„Er gehörte meiner Mutter.“
Sie betrachtete den schlichten Weißgoldreifen mit dem lupenreinen Diamanten.
„Probier ihn an.“
Sie steckte ihn an den Ringfinger: Er saß, als wäre er für sie gemacht – es war geradezu unheimlich. Seine Mutter hatte ihn getragen, bevor sie, viel zu jung, ums Leben kam …
„Wenn er dir nicht gefällt, kaufen wir einen anderen.“
„Nein, ich … ich finde ihn wunderschön.“ Ihre Augen waren plötzlich feucht – weshalb, hätte sie nicht sagen können.
„Er hat keinen großen Wert, aber es ist eins der wenigen Andenken an sie, die mir geblieben sind“, sagte er und nahm die Autoschlüssel von dem Tisch, auf dem sie lagen. „Komm, ich fahr dich nach Hause; es ist fast drei Uhr.“
Mia folgte ihm schweigend. Sie wusste nicht, wie es kam, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass, mit dem Ring an ihrer Hand, ein unsichtbares Band zwischen ihr und Bryn entstanden war.
Auf der Fahrt zu ihrer Wohnung schwiegen sie beide. Von Zeit zu Zeit warf Mia einen verstohlenen Blick in Bryns Richtung: Sein Gesichtsausdruck war verschlossen, doch er wirkte müde und abgespannt.
Sie dachte daran, dass er in ein paar Stunden ins Studio musste, um die nächste Sendung vorzubereiten. Als erfolgreicher Moderator konnte er sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, denn das Publikum war ebenso unbeständig wie das Wetter im April – und jeder Vertrag war kündbar.
Allerdings bereitete ihm das bestimmt kein Kopfzerbrechen – er war
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