JULIA EXTRA Band 0286
das in ihr toste, nicht mehr bändigen.
Der Anblick, die Klänge und Gerüche von La Rambla boten zumindest eine gewisse Erleichterung. Geschäftsleute, ähnlich wie Miguel gekleidet, spazierten zwischen älteren Frauen, Teenagern und Touristen umher. La Rambla war die Flaniermeile im Zentrum Barcelonas. Den Vogelmarkt erfüllte eine bunte Sinfonie aus Geräuschen. Vögel zwitscherten, piepten und sangen, während Händler ihre Waren anpriesen und mit Kunden um die besten Preise feilschten.
Besonders die Straßenkünstler faszinierten Amber. Sie bestand darauf, sich jede menschliche Statue genau anzusehen und allen für ihre unglaubliche Körperbeherrschung mit einer Münze Anerkennung zu zollen.
An einem der unzähligen bunten Marktstände, die die Straße säumten, kaufte Miguel ihr Blumen, die sie glücklich an ihre Brust drückte. Als die Geschäfte langsam für die Siesta schlossen, tranken sie etwas in einem Café, um dann die begonnene Besichtigungstour in Barri Gòtic fortzusetzen. Verglichen mit La Rambla war dieses Viertel sehr ruhig.
„Wunderbar schattig ist es hier“, sagte sie und hatte sich schon fast daran gewöhnt, seinen Arm um ihre Hüften zu spüren.
„Die Häuser stehen sehr eng beieinander. Es gibt hier viele Gassen, die seit einem Jahrhundert oder noch länger kein Sonnenlicht mehr gesehen haben.“
Wie berauscht atmete sie die Luft ein, die Gerüche aus längst vergangenen Zeiten zu konservieren schien. „Es ist sehr schön hier.“
„Leider schaffe ich es nicht oft herzukommen. Mein Büro liegt im neueren Teil der Stadt.“
Sie wusste genau, was er meinte. „Ich denke, wir nehmen die Schönheit unserer Heimat als gegeben hin. Manchmal verbringe ich Wochen in Kalifornien, ohne an den Strand zu gehen.“
„Lebst du in der Nähe vom Wasser?“
„Ja. Unser Haus ist nur fünfzehn Minuten Fußweg von der Küste entfernt.“
„Unser?“
„Ich lebe mit meiner Mom zusammen. Bislang gab es noch keinen Grund für mich auszuziehen, und sie ist glücklich, mich bei sich zu haben. Meine Karriere führt mich so oft an fremde Orte, dass ein eigenes Apartment wirklich Verschwendung wäre.“
„Vielleicht erklärt das auch deinen Mangel an Erfahrungen mit Männern.“
„Mag sein.“ Amber sah keine Notwendigkeit zu wiederholen, dass er der einzige Mann war, der so intensive Gefühle in ihr auslöste. Und hätte es zuvor einen gegeben, hätte das Zusammenleben mit ihrer Mutter bestimmt keine Beziehung verhindert. Tatsächlich gab Helen Taylor ihrer Tochter sogar regelmäßig zu verstehen, dass sie häufiger ausgehen sollte.
„Wollen wir für den Rest der Siesta in meine Wohnung fahren?“
Wahrscheinlich würden sie sie dann erst mal nicht mehr verlassen. Aber Amber spürte, dass sie jetzt bereit dazu war. Sogar mehr als bereit. Allmählich gewann ihr Verlangen im Kampf gegen den Verstand.
„Wenn du das möchtest.“
Miguel wandte sich ihr halb zu und sah ihr tief in die Augen. „Die Frage, mi cielo , ist, ob du es möchtest. Ich kann dich auch in deine Suite zurückbringen und später für den Kasinobesuch wieder abholen.“
Ein Teil von ihr wünschte, er würde sie küssen und ihr so die Entscheidung abnehmen. Doch der weitaus größere Teil freute sich, dass er sie nicht bedrängte. Wenn er nur Sex von ihr wollte, würde er sich dann nicht viel beharrlicher verhalten?
Sie befeuchtete ihre Lippen. „Ich möchte beides … ein bisschen Zeit in der Sicherheit meiner Suite verbringen und dir während der Siesta in deinem Penthouse Gesellschaft leisten … und mehr.“
Er umfasste ihr Gesicht mit den Händen. „Und was willst du lieber?“
„Sollte die Frage nicht lauten, was besser für mich ist?“
„Von mir geht keine Gefahr aus, Amber.“
Oh doch, und zwar für mein Herz! Aber das wusste sie bereits seit ihrer ersten Begegnung.
„Küss mich“, bat sie.
„Wenn ich das tue, landen wir bei mir.“
„Ich weiß“, flüsterte sie, senkte den Kopf und unterbrach damit den Blickkontakt.
Doch Miguel ließ nicht zu, dass sie wegsah. Er zwang sie, ihn anzuschauen. „Obwohl du es weißt, willst du meinen Kuss?“
Sie nickte, weil ihr die Worte zu einer Erklärung fehlten. Es fühlte sich einfach richtig an, diese Anziehungskraft zwischen ihnen hier, im ältesten Teil der Stadt, in der das Herz Kataloniens schlug, zu besiegeln. Vielleicht war es dumm. Aber wenn sie diese Chance nicht ergriff, würde sie ein Leben lang der verpassten Gelegenheit nachtrauern.
Er neigte
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