JULIA EXTRA Band 0286
Kosta hat das Krankenhaus gestern auf eigenen Wunsch verlassen“, erwiderte die Schwester. „Es geht ihm wirklich gut“, wiederholte sie noch einmal. „Sie hatten unheimliches Glück, dass er da war, um Sie zu retten.“
Glück? Ellie konnte sich nicht vorstellen, dass Alexander das genauso sah. Ihretwegen wäre er fast ums Leben gekommen. Das würde sie sich nie verzeihen. Kein Wunder, wenn er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte.
Sie bestand darauf, das Krankenhaus noch am selben Morgen zu verlassen. Der Arzt wollte sie zum Bleiben überreden. Er sagte, dass ihre Rechnung bereits bezahlt sei und dass es besser für sie wäre, wenn sie sich noch etwas schonen würde.
Die Rechnung war von Alexander bezahlt worden, das war Ellie klar. Der Arzt hatte ihr auch verraten, dass er bei ihr gesessen hatte, bis man ihm versichert hatte, dass sie außer Gefahr war.
„Hat er erwähnt, wohin er wollte, als er das Krankenhaus verlassen hat?“, fragte sie beiläufig.
„Zu seiner Yacht?“ Der Arzt wusste es nicht genau.
„Natürlich.“ Genau das hatte sie erwartet – dass er zur Olympus zurückkehren würde, um sein Leben so weiterzuleben, als wären sie einander nie begegnet. Alexander musste die Nase voll haben von ihr und dem Ärger, den sie ihm bereitete.
Ellies Herz klopfte ihr bereits bis zum Hals, noch bevor der Bus um die letzte Ecke gebogen war. Ihr Boot war ihre Zuflucht, und noch nie war sie so erleichtert gewesen, dorthin zurückkehren zu können. In den vergangenen Tagen hatte sie eine Menge Fehler gemacht und vieles falsch eingeschätzt. Das hätte Alexander beinahe sein Leben gekostet. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
Als der Hafen in Sicht kam, sah sie zu ihrer Überraschung unzählige Fähnchen, und halb Lefkis schien sich auf dem Platz vor dem Kai versammelt zu haben. Rasch griff sie nach der kleinen Tasche mit persönlichen Sachen und eilte zur Tür.
„Du bist unsere Heldin“, verkündete der Busfahrer, als sie vorne bei ihm ankam.
„Aber nein“, protestierte Ellie verlegen.
Das schien den Mann jedoch nicht sonderlich zu beeindrucken. „Alle warten auf dich, Kiria Mendoras.“
Wie aufs Wort begannen die Menschen im Bus zu klatschen.
„Nein, nein, ihr irrt euch“, beharrte Ellie, die ganz rot wurde.
Das musste ein Missverständnis sein. Es war so peinlich. Sie war keine Heldin. Sobald der Bus hielt, sprang sie hinaus und lief den Kai hinunter, ohne nach links oder rechts zu schauen. Als sie die Gangway zu ihrem Boot erreichte, seufzte sie erleichtert auf. Wie sehr sehnte sie sich jetzt nach der Sicherheit ihrer Kabine. Sie musste nur noch an Deck klettern und dann nach unten steigen …
„Nicht so schnell.“
Ellie stockte der Atem. Mit einem Ruck drehte sie sich um. „Alexander! Gott sei Dank, du lebst!“ Sie dachte gar nicht weiter nach, sondern reagierte ganz instinktiv, indem sie sich ihm an den Hals warf. Er war in Sicherheit, das war das Einzige, was zählte.
„Ellie …“
„Alexander“, erwiderte sie etwas ruhiger und löste sich von ihm. Sie ahnte bereits, was er dachte.
„Du kommst besser mit mir, der Bürgermeister wartet auf dich.“
„Auf mich? Warum?“
„Du erinnerst dich gar nicht mehr an den Unfall, oder?“
„Doch“, murmelte sie und wich seinem Blick aus. „Warum sind alle hier?“
„Weil sie dich für eine Heldin halten. Wenn du nicht gewesen wärst, dann wären mir alle Motorboote gefolgt und ebenso wie ich gegen die Felsen geprallt. Selbst die besten Wissenschaftler verfügen nicht über deine Ortskenntnisse, Ellie. Du hast diesen Menschen das Leben gerettet.“
„Wirklich?“
„Oh, ja“, bekräftigte Alexander, „und deshalb will ich dich vor all diesen Leuten hier bitten, mit mir in jedem Komitee zu sitzen, das sich mit dem Wohlergehen der Insel befasst. Ich will nie wieder einen Tag wie den gestrigen erleben.“
Es war deutlich, dass er es ernst meinte. Zu Beginn der Woche hatte sie sich genau das gewünscht, doch jetzt reichte es ihr nicht mehr, ihn nur dann zu sehen, wenn sie in den Komitees aufeinandertrafen. Natürlich würde er Dinge mit ihr teilen, doch irgendwann würde er …
„Ellie … Ellie?“ Alexanders Ton wurde hartnäckiger. „Alle warten darauf, dass du etwas sagst.“
„Oh, tut mir leid.“ Schnell riss sie sich zusammen und sprach ein paar Worte. Sie erklärte, dass sie der Zukunft von Lefkis positiv entgegenblicke, jetzt wo Alexander die Zügel in der Hand hätte.
„Sehr gut“, murmelte er frech.
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