JULIA EXTRA Band 0286
Arbeitszimmer“, wiederholte Alexander verächtlich.
„Es war Sex …“
„Und hat er dich bezahlt?“
„Natürlich nicht!“
„Das heißt, er hat einfach nur mit den Fingern geschnippt, und du kamst herbeigelaufen …“
„So war es nicht.“
„Wie war es dann?“, fauchte er zornig.
„Es war gegen meinen Willen!“, schrie sie. Nachdem ihre Worte verklungen waren, herrschte Stille.
„Was hast du gesagt?“
„Er hat mich zu sich bestellt“, erklärte Ellie stockend. „Er behauptete, mit mir über ein Denkmal zu Ehren meines Vaters sprechen zu wollen. Ich habe ihm vertraut. Noch nie habe ich jemandem erzählt …“ In ihren Augen brannten ungeweinte Tränen.
„Sprich weiter“, drängte Alexander sanft.
„Ich kann dir nicht mehr sagen, weil ich in Ohmacht gefallen bin. Ich weiß nur, dass …“
„Ellie …“ Er legte seinen Arm um sie und führte sie an einen Platz, wo sie weit über das Meer hinausschauen konnten.
Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander – nah, aber ohne sich zu berühren, bis Ellie schließlich wisperte: „Wir sprachen über das Denkmal, und ich wollte bereits gehen, als …“
Sie redete schnell, erzählte ihm alles, woran sie sich erinnern konnte, so als müsse sie es rasch hinter sich bringen. Er konnte sich nicht mal ansatzweise vorstellen, was sie durchgemacht haben musste, und es schmerzte ihn tief, dass er jetzt nicht mehr tun konnte als ihr zuzuhören.
„Ich dachte, dass er nach einem Diener rufen würde, der mich hinausbegleiten sollte, doch stattdessen stand er selbst auf. Ich dachte, er würde stolpern, als er auf mich zukam und mich packte, also wollte ich ihm helfen …“
Das war so typisch für sie, dachte Alexander grimmig. Sie sah immer nur das Besten in den Menschen.
„Jetzt weiß ich, dass er sich auf mich gestürzt hat“, sagte sie zitternd und schüttelte den Kopf, als könne sie es immer noch nicht fassen.
Ihre Naivität gehörte zu ihren liebenswertesten Eigenschaften, aber sie war auch eine immense Bedrohung für ihre Sicherheit. „Ellie …“
„Ich wollte ihm aufhelfen …“ Sie lachte schrill. „Er hat mich zurück auf die Couch gestoßen und mich festgehalten. Ich trug einen Rock, weil ich zu Ehren meines Vaters hübsch aussehen wollte. Ich habe versucht, ihn von mir zu schieben, aber seine Hände waren überall. Ich konnte nicht atmen, ich konnte mich nicht bewegen … ich konnte ihn nicht aufhalten, Alexander …“
Doch er hielt sie in diesem Moment auf, indem er die Arme um sie legte und sie an sich zog. Sie wagte es nicht, ihm ins Gesicht zu schauen, weil sie immer noch glaubte, es sei ihre Schuld gewesen. Am liebsten hätte er gegen die Ungerechtigkeit des Schicksals laut aufbegehrt.
„Als er fertig war“, flüsterte sie an seiner Brust, „war ich einer Hysterie nahe. Ich konnte nicht glauben, was da gerade passiert war, was er getan hatte. Da wurde er wütend und schrie mich an, dass ich still sein solle. Aber ich konnte nicht aufhören zu weinen, und da hat er seine Zigarre auf meiner Wange ausgedrückt.“
Sie klang so nüchtern, dass er am liebsten für sie geweint hätte. Stattdessen wiegte er sie in seinen Armen und redete beruhigend auf sie ein, so als wäre sie ein verschrecktes Kind. Doch er wollte Ellie nicht als kleine Schwester; er wollte viel mehr als das.
„Kein Mann wird mich jemals wollen“, sagte sie in demselben nüchternen Ton. „Ist es nicht so, Alexander? Was er zu mir gesagt hat, stimmt.“
„Nein!“, rief er heftig aus. Er zog ihre Hand zurück, mit der sie über die Konturen ihrer Narbe strich. „Das ist nur ein äußerliches Mal, das entfernt werden kann. Dein Inneres ist das, was zählt. Und es ist auch das, was ich liebe.“
Sie starrte ihn an, als hätte sie nicht verstanden, was er gesagt hatte.
„Ich liebe dich, Ellie“, wiederholte er und senkte den Kopf, damit sie ihm in die Augen schauen konnte. „Ich bin nichts ohne dich, und ich werde auf dich warten, so lange es eben dauert …“
„Alexander … ich liebe dich auch.“
Sie blickten einander einen Moment tief in die Augen, dann umfasste er Ellies tränenüberströmtes Gesicht mit beiden Händen und küsste sie sanft auf die Lippen. Es lag noch ein langer Weg vor ihnen, doch er würde notfalls auch für immer warten, sollte es nötig sein.
EPILOG
Es dauerte noch volle sechs Monate bis zur Hochzeit.
Weil Ellie und Alexander sich einig waren, diesen Tag zu etwas ganz Besonderem zu machen, hatten sie sich
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