JULIA EXTRA Band 0286
Abend, Sir, Madam. Möchten Sie zuerst an der Bar einen Drink zu sich nehmen? Oder soll ich Sie direkt an Ihren Tisch führen?“
Matt schaute fragend zu Harriet hinüber.
„Bitte direkt zum Tisch“, antwortete sie. Trotz der misslichen Situation spürte sie, dass sie extrem hungrig war. Außerdem entging ihr nicht, dass man sie an einen Tisch führte, der zu den besten im ganzen Restaurant gehörte. Er stand ein wenig abseits, sodass sie ungestört und unter sich waren. Sie genossen eine freie Sicht durch die Fenster auf die träge dahin fließende Themse, aber auch das Restaurant hatten sie gut im Blick, wenn sie das denn wünschten. Ansonsten verfügten sie über ein angenehmes Maß an Privatsphäre. Es war beinahe wie ein kleines Separee.
Grimmig fragte sich Harriet, wie viele andere Frauen er wohl schon hierher gebracht hatte. Eine Unmenge, wenn man danach urteilte, wie der Restaurantleiter ihn gleich erkannt und äußerst zuvorkommend behandelt hatte.
Sie hing noch immer diesen Gedanken nach, als Matt plötzlich verkündete: „Es wundert mich, dass Henri sich an mich erinnert – es ist Urzeiten her, dass ich das letzte Mal hier gegessen habe.“
Harriet hätte sich beinahe an dem köstlichen Walnussbrot verschluckt, das man ihnen zusammen mit einem hervorragenden Dip als Appetithäppchen gereicht hatte.
„Du hättest das hier wirklich nicht tun müssen, weißt du“, sagte sie später, als sie ihre Bestellung aufgegeben hatten und die Vorspeise serviert worden war. „Schließlich werden wir Ben in diesem Restaurant nicht begegnen!“
„Würdest du dir wünschen, wir täten es? Glaubst du, es würde ihn eifersüchtig machen?“
Harriet atmete tief aus und stellte das Weinglas wieder ab, das sie gerade ergriffen hatte.
„Zum allerletzten Mal: Ich bin nicht in Ben verliebt! Und ihn dabei zu haben, wenn ich mit einem Mann ausgehe, ist normalerweise das Letzte, was ich mir wünsche.“
Als Matt daraufhin die Stirn runzelte, erklärte sie heftig: „Es mag ja ein Schock für dich sein, aber die einzige Art und Weise, auf die ich Ben liebe, ist die als Bruder, und er verhält sich auch genau wie ein großer Bruder, wenn ich mich mit einem Mann verabrede – er nimmt seine Beschützerrolle manchmal viel zu ernst, was sehr lästig sein kann!“, fügte sie düster hinzu.
Als sie merkte, wie sehr der Wein ihre Zunge löste, verstummte sie abrupt. Sie musste gehörig aufpassen, was sie da ausplauderte und gegenüber wem!
„Um deine Frage zu beantworten – ich habe dich hierher gebracht, damit du nicht der Versuchung ausgesetzt bist, Ben zu sehen“, erklärte er knapp, ehe er fortfuhr: „Ich brauche nicht zu fragen, warum du nicht möchtest, dass Ben dich wie ein Bruder behandelt. Es ist offensichtlich, dass du dir wünschst, er würde dich als eine potenzielle Geliebte betrachten, nicht als eine Schwester, und weil er das nicht tut, versuchst du …“
„Du verstehst mich schon wieder absichtlich falsch und legst meine Worte so aus, dass sie dir von Nutzen sind!“, unterbrach Harriet ihn wütend. „Das ist ganz und gar nicht das, was ich meinte.“
Sie starrten sich an wie zwei Feinde. Ihre Auseinandersetzung wurde lediglich dadurch unterbrochen, dass der Kellner kam und ihre Teller abräumte, um den nächsten Gang zu servieren.
4. KAPITEL
Harriet verkrampfte sich, als sie den bewundernden und einladenden Blick sah, den die hübsche junge Empfangsdame Matt beim Verlassen des Restaurants zuwarf. Ein weiterer Grund, mich tunlichst von ihm fernzuhalten, entschied sie grimmig. Welche halbwegs vernünftige Frau wollte einen Mann an ihrer Seite haben, der das Interesse von buchstäblich jedem weiblichen Wesen weckte, mit dem er Kontakt hatte?
Nicht dass Matt den feurigen Blick der jungen Frau in irgendeiner Weise provoziert oder ermutigt hätte, wie Harriet zugeben musste, als sie ihn völlig unbeteiligt und desinteressiert an der Angestellten des Restaurants vorbeigehen sah. Doch das bedeutete nicht, dass die Frau die Chance nicht gleich mit beiden Händen ergriffen hätte, wäre Matts Reaktion eine andere gewesen.
Ganz wie ein Gentleman alter Schule legte er eine Hand unter Harriets Ellbogen und geleitete sie so zum Parkplatz. Mein Vater verhält sich allen älteren weiblichen Familienmitgliedern gegenüber genauso, schoss es ihr durch den Kopf. Und sie kam sich bereits wie eine vertrocknete Jungfer vor!
Ihre Aufmerksamkeit wurde für einen Moment auf ein Pärchen gelenkt, das sich nur ein
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