JULIA EXTRA Band 0286
der Mann keinen Kamm, sondern seine langen schlanken Finger, um es in Ordnung zu halten.
Bryn Dwyer war Australiens populärster Radiomoderator. Sein Programm lief täglich zur Hauptsendezeit, und zusätzlich schrieb er eine wöchentliche Kolumne für eine der Tageszeitungen. Sein Foto erschien in sämtlichen Magazinen, besonders oft in Frauenzeitschriften, nachdem man ihn im letzten Monat das zweite Mal zum Junggesellen des Jahres gekürt hatte. Und aufgrund erfolgreicher Investitionen auf dem Immobilienmarkt war er mit dreiunddreißig Multimillionär. Er besaß, wovon die meisten Menschen nur träumten: fabelhaftes Aussehen, Reichtum und Ruhm.
Mia warf einen kurzen Blick in die Spiegelwand: Würde er sie von der gestrigen Theateraufführung wiedererkennen? Kaum. In dem T-Shirt und Minirock, ohne Make-up, das schulterlange blonde Haar zu einem Pferdeschwanz hochgebunden, sah sie wie jede x-beliebige Kellnerin aus.
„Schönen guten Morgen, die Herrschaften“, grüßte sie, wobei sie zur weiteren Tarnung einen irischen Akzent nachahmte. „Ein Cappuccino, ein Koffeinfreier. Wer bekommt was?“
„Der Koffeinfreie ist für mich“, erwiderte die Brünette mit einem freundlichen Lächeln.
Mia stellte den Kaffee auf den Tisch und wandte sich Bryn Dwyer zu. „Und für Sie der Cappuccino?“
Er nickte, ohne von dem Schriftstück vor ihm aufzusehen.
„Bitte sehr.“ Mit einer zügigen Geste schüttete sie ihm das heiße Getränk in den Schoß.
Entgeistert sprang Bryn vom Stuhl auf. „Was fällt Ihnen ein?“
„Oh! Das tut mir aber leid … Wie ungeschickt von mir! Ich bringe Ihnen sofort einen neuen …“
„Sparen Sie sich die Mühe!“, fuhr er sie wütend an, dann kniff er die Augen zusammen. „Kenne ich Sie nicht von irgendwoher?“
„Das ist unmöglich. Ich bin Ihnen noch nie begegnet.“ Sie wandte sich ab und wollte gehen, doch er packte sie am Arm. „Jetzt erinnere ich mich! Sie sind das Mädchen in dem Werbespot für Toilettenpapier, stimmt’s?“
Mia schüttelte seine Hand ab. „Sie müssen mich verwechseln“, entgegnete sie kühl.
„Ich vergesse nie ein Gesicht, und Ihres ist …“
„ Sie sind entlassen !“ Zornbebend eilte Tony Petrelli durch den Saal auf sie zu. „Fristlos entlassen! Haben Sie mich verstanden, Miss Forrester?“
Bryn runzelte die Stirn. „Forrester? Mia Forrester?“
„Es tut mir sehr leid, Mr. Petrelli“, sagte sie und vergaß ganz den irischen Akzent. „Die Tasse ist mir aus der Hand gerutscht.“
„Sie lügen! Sie haben es absichtlich getan, ich habe alles mit angesehen. Verlassen Sie mein Café, und zwar sofort!“ Tony wandte sich an Bryn. „Bitte entschuldigen Sie das schockierende Verhalten meiner Angestellten, Mr. Dwyer. Oder vielmehr meiner Ex-Angestellten. Ich werde dafür sorgen, dass sie für den Schaden aufkommt. Darf ich Ihnen einen frischen Cappuccino bringen? Vielleicht mit einem unserer speziellen Buttercroissants? Natürlich auf Kosten des Hauses.“
„Danke, nein.“ Bryn lächelte flüchtig. „Allerdings würde ich mit Ihrer – äh – Ex-Angestellten gern ein ernstes Wort sprechen.“ Er musterte Mia von oben bis unten.
„Mit mir?“ Alarmiert trat sie einen Schritt zurück. „Ich wollte gerade gehen.“
„Nicht so schnell, Miss Forrester, Ihr ehemaliger Boss hat mit Sicherheit nichts dagegen, wenn ich Sie einen Augenblick in Anspruch nehme.“ Er umschloss ihr Handgelenk mit eisernem Griff.
Hilfesuchend sah Mia sich nach Tony um, aber er war bereits an die Theke zurückgekehrt.
Die Brünette erhob sich. „Dann gehe ich jetzt, Bryn.“ Freundlich streckte sie Mia die Hand entgegen. „Ich bin Annabelle Heyward, Miss Forrester. Mr. Dwyers Agentin.“
„Sie Ärmste!“ Mia schüttelte die dargebotene Hand. „Nett, Sie kennenzulernen – trotz der miesen Begleitung.“
„Wie bitte?“ Empört runzelte Bryn die Stirn.
„Ich rufe Sie später wegen der Einschaltquote an.“ Annabelle nickte ihm zu und verließ das Café, ein amüsiertes Funkeln in den Augen.
„Lassen Sie mich los!“, zischte Mia. „Alle schauen uns an.“
„Das ist mir gleichgültig. Wenn Sie meinen, Sie können mir ungestraft Kaffee über die Hose schütten, dann haben Sie sich geirrt.“
Sie hob das Kinn. „Ich wurde bestraft. Haben Sie nicht gehört, dass Tony mich entlassen hat?“
„Mit vollem Recht. Was haben Sie sich dabei gedacht? Was habe ich Ihnen getan?“
„Das fragen Sie noch?“ Erbost schüttelte sie seine Hand ab.
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