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Julia Extra Band 0292

Julia Extra Band 0292

Titel: Julia Extra Band 0292 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VALERIE PARV BARBARA HANNAY ELIZABETH POWER HELEN BIANCHIN
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du wirklich meine mamma ?“, fragte das Kind nach einen kurzen Pause.
    „Ja, Giorgio“, gestand Libby mit schwankender Stimme. „Ich bin deine mamma.“
    Der Kleine legte den Kopf schief und betrachtete seine Mutter aufmerksam. „Wirst du bis zu meinem Geburtstag hierbleiben?“, wollte er dann wissen.
    Libby lachte etwas zittrig und versuchte, die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Das war ihm also wichtig? Kinder waren so klar und so gnädig – ganz anders als die Erwachsenen.
    „Darauf kannst du wetten“, versicherte sie mit fester Stimme und vermied es, sowohl Sofia als auch Romano anzuschauen.
    Giorgio belohnte sie mit einem breiten Grinsen. Wie jedem angehenden Schulkind fehlten auch ihm die vorderen Milchzähne, doch die zweite Garnitur kündigte sich bereits in Form von kleinen weißen Erhebungen an.
    „Oh, bene! Zio Romano hat mir ein neues Fahrrad versprochen! Ich wollte ein viel größeres, aber zio hat gesagt, ich muss erst noch wachsen, und er zeigt mir an meinem Geburtstag, wie ich mit dem neuen Rad fahren kann.“
    Sein Onkel Romano schien der Dreh- und Angelpunkt in Giorgios jungem Leben zu sein.
    „Du sprichst sehr gut Englisch“, lobte Libby ihren Sohn.
    „Romano hat darauf bestanden, dass sein Neffe beide Sprachen seiner Herkunft perfekt erlernt“, erklärte Sofia steif.
    „Ich spreche auch genauso gut Italienisch!“, verkündete Giorgio stolz und streckte die Hand aus, um über den bunten Seidenschal zu streichen, der um Libbys Schultern lag. Unwillkürlich hielt sie den Atem an. „Ich mag dein Haar. Es sieht aus wie Feuer.“
    „Und das ist etwas, wovor du dich in Acht nehmen musst“, warnte Romano aus dem Hintergrund. „Sonst kann es dein Verderben sein.“
    Giorgio runzelte kurz die Stirn, bemühte sich aber nicht weiter, zios rätselhafte Andeutungen zu entschlüsseln. Libby verstand sie dafür umso besser und atmete tief durch.
    „Ich mag dein Haar auch.“ Zärtlich verwuschelte sie die dicken dunklen Locken ihres Sohnes. „Es glänzt wie poliertes Holz.“
    Giorgio schien geschmeichelt. „Bestimmt möchtest du mein Zimmer sehen, oder?“, fragte er mit einem konspirativen kleinen Lächeln und ergriff ihre Hand.
    Fünf Jahre!, dachte Libby. Und ebenso umwerfend charmant und unwiderstehlich wie sein Vater!
    „Sehr gern“, sagte sie völlig aufrichtig und ließ sich von ihrem Sohn aus dem Wohnzimmer ziehen. Als sie über die Schulter nach hinten schaute, sah sie Romanos ruhige Geste, mit der er Giorgios Großmutter daran hinderte, ihnen zu folgen.
    Verstand Romano etwa, dass Mutter und Sohn eine Zeit für sich haben mussten? Das wunderte Libby und verursachte ihr gleichzeitig ein warmes, wohliges Gefühl.
    Giorgios Zimmer stellte sich als eine Art Apartment mit Schlaf-, Spielzimmer und eigenem Bad heraus. Hier fehlte nichts, was für einen Fünfjährigen das Paradies bedeuten musste. Nachdem sie sich alles in Ruhe angeschaut hatte, fiel Libby ein Plüschbär ins Auge, dem ein Ohr fehlte und dem man sechs Jahre stürmische Liebesbezeugungen deutlich ansehen konnte.
    „Das ist Cesare“, erklärte Giorgio, der ihrem Blick gefolgt war. „Ich habe ihn, seit ich denken kann. Nonna sagt, ich bin jetzt zu groß für ihn, aber zio meint, ich muss ihn nicht wegtun, nur weil er alt ist und nicht mehr so gut hören kann.“
    Mit einer zärtlichen Geste nahm er den Bär vom Regal und flüsterte ihm etwas ins verbliebene Ohr. „Sprechen kann er leider auch nicht, sonst hätte er dir schon längst buon giorno gewünscht. Dies ist meine mamma , Cesare.“
    Libby versuchte verzweifelt, den Kloß in ihrem Hals loszuwerden. „Wir haben uns schon einmal getroffen“, murmelte sie erstickt.
    Sie selbst hatte den Teddy gekauft, als Giorgio gerade mal zwei Wochen alt war, und ihn in sein Bettchen gelegt, an dem Tag, an dem sie für immer ging.
    „Warum weinst du?“, wollte Giorgio wissen und schaute sie forschend aus den großen schwarzen Augen seines Vaters an. „Bist du traurig?“
    „Nein, Giorgi .“ Was hätte sie auch sonst sagen können?
    Instinktiv kniete sich Libby vor ihren Sohn hin und zog ihn in die Arme. Zärtlich und sprachlos vor Glück bettete sie sein Gesicht an ihrer Schulter und strich ihm immer wieder übers Haar.
    „Warum bist du damals weggegangen?“, fragte er irgendwann mit dünner Stimme.
    Libby hielt den Atem an und schloss gepeinigt die Augen. Mit aller Macht versuchte sie, ein verzweifeltes Aufschluchzen zu unterdrücken, das ihr fast die Brust

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