Julia Extra Band 0292
hatte, wollte Libby sie bezahlen.
„Das ist nicht nötig“, murrte Romano.
„Trotzdem möchte ich die Rechnung übernehmen“, beharrte sie, offensichtlich gegen seinen Willen. Doch er schwieg und nahm seinen Neffen bei der Hand, als sie kurz darauf eine belebte Straße überquerten. Automatisch schob der Kleine seine andere Hand in Libbys. Über seinen Kopf hinweg trafen sich die Blicke der Erwachsenen, was dem Knirps nicht verborgen blieb.
„Wirst du jetzt für immer hierbleiben und bei mir und zio Romano wohnen?“, fragte er hoffnungsvoll.
Seine Mutter wartete mit der Antwort, bis sie die andere Straßenseite erreicht hatten. Wie sollte sie einem so unschuldigen und gleichzeitig unmöglichen Ansinnen begegnen?
„Ich … ich möchte deinem Onkel auf keinen Fall länger zur Last fallen als notwendig“, erwiderte sie zögernd.
„Und was heißt das?“, forschte Giorgio mit klarem Kinderblick.
„Das ist so eine Art Frauensprache, die wir Männer nur schwer verstehen können“, erläuterte sein Onkel ruhig, zauberte eine Münze aus der Hosentasche hervor und wies ihn auf Italienisch an, sich ein möglichst großes und klebriges Eis zu kaufen. Ein Befehl, dem Giorgio äußerst vergnügt Folge leistete.
„Tu das nie wieder!“, knurrte Romano, sobald sein Neffe außer Hörweite war.
„Was?“, fragte Libby irritiert.
„Die Unschuld des Jungen zu gebrauchen, um mir deine offensichtliche Abneigung zu demonstrieren.“
„Habe ich doch gar nicht!“, empörte sie sich. „Zumindest nicht absichtlich.“
„Mag sein, aber eines vergiss nie. Mir ist völlig egal, wie unbequem oder belastend das hier für dich ist, mir geht es dabei nur um Giorgio. Und solange es für ihn wichtig ist, bleibst du hier.“
Libby sah keinen Grund, etwas abzulehnen, was ihr größter Herzenswunsch war. So senkte sie nur den Blick, damit Romano nicht das frohe Aufleuchten in ihren Augen sah und es wo möglich gleich wieder verstand. Doch einen Dämpfer brauchte Mr. Perfect auf jeden Fall!
„Wenn ich hierbleibe, dann freiwillig und aus eigenem Entschluss“, erklärte sie gelassen. „Und ganz sicher nicht, weil ich mich von irgendjemandem unter Druck setzen lasse.“ Damit warf sie den Kopf in den Nacken und folgte Giorgio in das Eis-Café.
Als Libby sich am Abend ein Entspannungsbad gönnen wollte, war die Luxuswanne bereits von einem achtbeinigen Ungeheuer besetzt. Nach einigen erfolglosen Versuchen, das Problem selbstständig zu lösen, gab sie beschämt auf und läutete, um Unterstützung zu bekommen.
Als sie auf ein kräftiges Klopfen hin die Tür öffnete, schlug ihr das Herz angesichts ihres Retters plötzlich bis zum Hals.
„Angelica hat mich davon informiert, dass es hier eine Monsterspinne zu beseitigen gibt“, murmelte Romano und wirkte mit dem Weinglas in der Hand für Libbys Empfinden viel zu entspannt und selbstgefällig. Auf den zweiten Blick fiel ihr auf, dass sein dunkles Haar sich feucht im Nacken kringelte. Auch die blaue Jeans und das Freizeithemd zeigten, dass er bereits geduscht hatte und für den Abend umgezogen war.
„Keine Umstände, ich werde schon selbst damit fertig“, behauptete sie trotzig. „Ich habe nur wegen eines Gefäßes geläutet, das groß genug ist, damit ich dem armen Ding nicht noch ein paar Beine abklemme.“
Romano musterte sie zweifelnd. „Es macht mir keine Umstände. Ich wollte ohnehin zu dir. Ich dachte, falls du Langeweile bekommst, könntest du dir hiervon etwas anschauen.“ Er trat in ihr Zimmer und legte etwas auf einem Beistelltisch ab.
Videokassetten?
Machte sie einen so gelangweilten Eindruck? Oder hielt er sie für zu beschränkt, um etwas aus den gut bestückten Bücherregalen zu lesen, die sie noch gestern Abend inspiziert hatte?
Was für Filme mochte er wohl für sie ausgesucht haben? Soaps? Horrorfilme? Oder vielleicht einen Erziehungsberater?
„Danke“, brummte sie, ohne ihn anzuschauen, bekam aber aus den Augenwinkeln mit, dass er weiter ins Bad ging.
Sie wirkt irgendwie nervös … gehetzt, ging es Romano durch den Kopf, als er wenig später zurückkehrte, nachdem er den ungebetenen Gast aus dem Badfenster expediert hatte. Vergeblich rüttelte Libby an der obersten Kommodenschublade, die offenbar klemmte.
„Warte, lass mich das machen“, bot er an.
„Ich bin durchaus in der Lage, eine Schublade zu öffnen!“, gab Libby patzig zurück, wofür sie sich aber sofort schämte. Doch Romanos Nähe brachte sie jedes Mal so aus der Fassung,
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