Julia Extra Band 0293
reden“, antwortete er prompt, und sein Gesichtsausdruck wurde beinah streng. „Aber nicht jetzt … Wir wollen uns erst einmal um Sorcha kümmern, und heute Nacht, wenn sie im Bett ist, haben wir die Möglichkeit, alles zu besprechen.“
„Alles in Ordnung?“ Flynn sah zur Tür, als Caitlin aus dem Kinderzimmer kam, nachdem sie zum x-ten Mal an diesem Abend nach ihrer Tochter gesehen hatte.
„Sie liegt noch genauso da wie das Mal zuvor und wirkt entspannt.“
„Gut, und jetzt komm und setz dich, bevor du mir noch umkippst. Du siehst aus, als könntest du dich kaum noch auf den Beinen halten!“ Zu behaupten, er wäre angespannt, wäre eine Untertreibung gewesen. Die Sorge um seine Tochter und ihre Mutter wog schwer. Sorcha hatte auch ihm den Schreck seines Lebens versetzt, als sie den Unfall auf der Treppe gehabt hatte. Da war ihm erst so richtig bewusst geworden, wie groß die Verantwortung als Vater war … und wie stark seine väterliche Liebe, die ihn nun für immer mit seiner Tochter verband. Zwar würde es stets einen Platz in seinem Herzen für den kleinen Jungen geben, den man ihm genommen hatte, und dessen erste Lebensmonate er nie vergessen würde. Aber jetzt brauchte seine Tochter seine ganze Zuneigung.
Nachdem Flynn nun überzeugt war, dass Sorcha einen gesunden Schlaf schlief, konnte er Caitlin seine volle Aufmerksamkeit widmen. Danach hatte er sich schon den ganzen Abend gesehnt. Er hatte ihr so viel zu sagen. Aber wo sollte er anfangen?
11. KAPITEL
Flynn betrachtete Caitlin, deren makelloser Teint sich unheimlich blass gegen das Schwarz ihres Pullovers abhob. Als sie sich ans andere Ende des Sofas setzte, zwang er sich, das Gefühl der Zurückweisung, das ihn dabei unweigerlich überkam, zu verdrängen. Eigentlich durfte sich zwischen ihnen keine wie auch immer geartete Distanz mehr entwickeln, nicht, nach den sinnlichen Hochgenüssen, die sie heute miteinander erlebt hatten. Nicht nachdem er wieder das süße Entzücken über ihren Körper hatte spüren dürfen, und wie sie ihm Kuss um Kuss entgegengekommen war, bis ihre Herzen im Gleichklang schlugen.
Aber möglicherweise wollte Caitlin Abstand zwischen ihnen schaffen, weil er sie vorher so schlecht behandelt und ihr mit seinem Verhalten sicher unerhört wehgetan hatte.
„Ich dachte, die Fotos hier möchtest du dir vielleicht ansehen.“ Sie hielt ihm ein brieftaschengroßes rotes Album hin. „Ich habe sie immer in meiner Handtasche, und es ist mir gerade wieder eingefallen. Es sind einige Babyfotos dabei, und auch einige, die Sorcha mit einem und zwei Jahren zeigen.“
„Danke.“ Flynn schnürte es die Kehle zusammen, als er das Album entgegennahm. Dabei traf sein Blick kurz Caitlins, die ihn ernst erwiderte. Im Schein des flackernden Feuers hatten ihre Augen die Farbe des Himmels bei Einbruch der Dämmerung. Flynn wusste nur zu gut, wie er reagierte, wenn er zu lang hineinsah … Mit nachdenklicher Miene studierte er dann die Fotos und nahm sich so viel Zeit, als wollte er sich jedes Detail für immer einprägen.
Als Caitlin den Blick von ihm zum Feuer wandte, dachte sie an die lange, schmerzliche Reise des „Erwachsenwerdens“, die ihren Höhepunkt darin gefunden hatte, dass sie in ihr Heimatland zurückgekehrt war. Dabei ging ihr auch durch den Kopf, dass sie verrückterweise einmal geglaubt hatte, sich zu verlieben sei leicht und dass die Liebe alle Hindernisse überwinden könne und würde. Dabei hatte sie das Gefühl, um hundert Jahre gealtert zu sein, bei all dem, was inzwischen passiert war.
Als sie schließlich wieder zu Flynn schaute, zog sie in Betracht, dass sich das Netz aus Leidenschaft und gegenseitigen Verletzungen, das sie beide umfangen hielt, womöglich schmerzlich zuziehen könnte, wenn sie jetzt begannen, über ihre Zukunft zu sprechen. Eine Zukunft, bei der sich Caitlin keineswegs sicher war, dass sie sich so gestalten würde, wie sie es erhoffte.
„Das hier gefällt mir besonders.“
„Welches meinst du?“ Bevor Caitlin noch begriff, was sie tat, ging sie zu Flynn herüber und kniete sich neben ihn aufs Polster, um über seine Schulter auf das Foto zu blicken. Ihre Tante Marie hatte es wenige Stunden nach Sorchas Geburt aufgenommen. Caitlin saß im Krankenhausbett, mit einer gestrickten rosa Bettstola – eine Leihgabe ihrer Tante – um die Schultern und hielt das Baby in den Armen. Caitlin lächelte schwach und müde, aber auch irgendwie glücklich.
Oh, wie sehr sie sich damals nach Flynn
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