Julia Extra Band 0293
sicher“, antwortete Ethan und meinte es auch so. „Aber ich habe vor, es herauszufinden!“
Rasch verließ er das Restaurant und eilte Claire nach. Sie war, den Kopf hoch erhoben, schon ein ganzes Stück vor ihm, und er musste laufen, um sie einzuholen.
„Claire!“
Als sie ihn hörte, blieb sie stehen und wartete auf ihn. Der ziemlich starke Wind, der vom See her wehte, zerzauste ihr das Haar. Sie sah eindeutig überrascht aus.
Ob sie wohl ebenso überrascht, vielleicht sogar erfreut gewesen wäre, wenn ich ihr vor zehn Jahren auch so gefolgt wäre? überlegte Ethan.
Nun wusste er nicht, was er sagen sollte. Er konnte sich auch nicht erklären, warum er überhaupt noch etwas sagen wollte. Befangen schob er die Hände in die Jackentaschen und suchte nach den richtigen Worten.
Schließlich begann er, ein bisschen unzusammenhängend: „Sie ist nicht meine Frau. Laura. Die im Restaurant. Sie ist meine Schwägerin. James’ Frau. James ist mein Bruder. Der Jüngste von uns.“
Claire nickte nur und stupste einen Stein mit den Zehenspitzen an. Anscheinend war sie ebenfalls verlegen. „Du hast also nicht Frau und Kinder?“, hakte sie nach.
„Nein, ich habe nie geheiratet.“ Er schluckte. „Ich meine natürlich, ich habe kein zweites Mal geheiratet.“
Sie legte den Kopf schief. „Gebranntes Kind und all das?“
„Nein! Ich warte nur immer noch auf die richtige Zeit und die richtige Frau. Und wie steht es mit dir, Claire?“
„Ich bin auch noch sozusagen in der Warteschleife.“ Tief sah sie ihm in die Augen.
Unvermittelt überfiel ihn die Erinnerung, wie er ihr damals gesagt hatte, sie sei die einzige Frau für ihn, die, auf die er immer gewartet habe … und dass er sie liebe, obwohl sie sich erst so kurz kannten.
Sie hatte ihn leidenschaftlich geküsst und dann vorgeschlagen, ohne langes Zögern in Las Vegas zu heiraten.
Nun zog Ethan den Reißverschluss seiner Jacke höher, denn es wurde immer kälter. „Deinem Vater gefällt es vermutlich nicht, dass du unverheiratet bist, richtig?“
„Das stimmt, aber ich habe den Versuch aufgegeben, meinen Eltern Freude zu machen“, gestand Claire.
„Weil du gemerkt hast, dass es unmöglich ist?“
„Das ist es nicht – nur müsste ich dann mein eigenes Leben aufgeben und nur noch tun, was sie von mir wollen. Und dazu bin ich nicht bereit.“ Wieder stieß sie gegen den Stein. „Sag mal, Ethan, dass du mir jetzt noch mal nachgekommen bist … bedeutet das, du akzeptierst endlich meine Entschuldigung für mein damaliges Verhalten?“
„Ich würde gern“, erwiderte er ausweichend.
„Du kannst mir also noch immer nicht verzeihen.“ Sie klang traurig.
„Was soll’s? Es ist doch schon so lange her.“
„Wie wäre es wenigstens mit einem Waffenstillstand?“
„Wir haben uns nie bekriegt, Claire.“
„Was haben wir denn getan?“
Gewartet, ging es ihm durch den Sinn, aber darüber wollte er nicht sprechen. „Du hast vorhin erwähnt, dass du heute zurückfliegst?“
„Ja, ich muss nur noch mein Gepäck holen und fahre dann zum Flughafen“, informierte sie ihn nach einem Blick auf ihre kleine, aber sichtlich teure Armbanduhr.
Ethan nahm eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche. „Hier, Claire. Wenn sich mit dem Tagebuch noch etwas Wichtiges ergeben sollte, ruf mich an, am besten auf meinem Handy.“
„Okay. Möchtest du auch meine Handynummer?“
„Nein, ich kann doch, wenn nötig, im Verwaltungsgebäude der Mayfield Corporation anrufen.“
„Da wirst du mich aber nicht erreichen“, teilte sie ihm mit. „Ich arbeite nicht mehr dort.“
Er glaubte, sich verhört zu haben. „Wieso nicht? Ach so, arbeitest du jetzt in einer Zweigstelle?“
„Nein, ich habe vor einigen Tagen gekündigt.“
Unwillkürlich stieß er einen Pfiff aus. „Das überrascht mich. Es war doch ein bombensicherer Job.“
„Ja. Aber ich wollte mehr als das“, gestand Claire.
„Was denn?“
„Eine Beförderung. Zur Vizepräsidentin der Abteilung Produktentwicklung, um es präzise zu sagen.“
„Ein Schlüsseljob mit viel Verantwortung“, merkte er an.
„Deshalb wollte ich ihn ja!“
„Dein Vater hält dich nicht für qualifiziert genug?“
Diese Bemerkung schmerzte sie sichtlich. „Richtig. Dabei bin ich für diese Stellung bestens geeignet. Viel besser als der Typ, der den Job jetzt kriegt“, fügte sie kritisch hinzu.
„Vielleicht braucht er das Geld dringender als du?“, vermutete Ethan.
Seine Anspielung auf ihren Reichtum
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