Julia Extra Band 0294
eher an dem grandiosen Aufgebot bezaubernder Schönheiten, die diesen Saal zum Strahlen bringen?“
„Was bist du doch für eine kapriziöse und raffinierte Person“, neckte Romain gutmütig. „Fütterst mich mit Schmeicheleien, nur um gleich darauf deine wahre Meinung über mich kundzutun!“
„Frechdachs!“, schalt sie strahlend. „Aber was erwartest du von mir, angesichts der Fotostrecken in sämtlichen internationalen Hochglanzmagazinen, die dich stets in Begleitung einer anderen umwerfenden Beauty zeigen? Ich könnte schwören, allein im letzten Jahr jedes europäische Topmodel an deinem Arm gesehen zu haben. Bist du vielleicht deshalb nach Übersee gekommen, um neue Quellen aufzutun?“
Normalerweise wäre Romain bereitwillig auf den ironisch-heiteren verbalen Schlagabtausch eingegangen, aber heute verspürte er nicht die geringste Lust dazu. Stattdessen schaute er sich abwesend im Saal um, bis sein Blick erneut von Audrey Murphy gefangen genommen wurde.
Wenn seine Tante wüsste, wie lange es tatsächlich her war, dass es eine Geliebte an seiner Seite gegeben hatte! Er mochte es sich ja nicht einmal selbst eingestehen, dass es auch in dieser Hinsicht in seinem Leben kriselte.
„Du, meine liebe Maud, solltest von allen Menschen am besten wissen, dass man nicht alles glauben darf, was man in der Presse liest“, sagte er leichthin, ohne Audrey aus den Augen zu lassen.
Maud schnaubte verächtlich. „Ich weiß wirklich nicht, was du mit deinem Riesenvermögen anfangen willst, wenn dir nicht einmal dafür Zeit bleibt. Immer nur Schaffen und Raffen …“
„Maud …“, warnte er leise, aber in einem Ton, der sie aufblicken und stutzen ließ.
„Ah, ja … und, was hältst du von ihr?“, fragte sie, seinem Blick folgend.
Romain zuckte lässig mit den Schultern. „Ich bin mir noch nicht sicher …“ Manchmal war seine Tante schlauer, als ihm recht war. Und leider kannte sie ihn viel zu gut.
„Die Blonde an ihrer Seite ist übrigens Kate Lancaster, eine alte Schulfreundin“, verriet Maud ihm im Plauderton. „Sie gehört ebenfalls in die Riege der hochbezahltesten Supermodels in den USA … Originalimport aus Dublin, via London.“
Romain bemühte sich, seine ausdruckslose Miene beizubehalten. Dabei kamen ihm die langen Jahre Übung zugute. Niemandem seine wahren Gefühle zu zeigen war ihm längst zur zweiten Natur geworden.
Während er Audreys blonde Freundin begutachtete – die zugegebenermaßen eine spektakuläre, nordisch anmutende Schönheit war –, zeugte sein Blick von gemäßigter Langeweile.
Und …? Nichts. Keine Reaktion.
Erneut musste Romain sich daran erinnern, dass es am heutigen Abend nicht um persönliche Belange ging. Trotzdem war ihm der erste Eindruck von Audrey Murphy durch Mark und Bein gegangen. Er ließ seinen Blick träge zu ihr weiterwandern, und da war es wieder … dieses Gefühl …
Ungeachtet seiner Bemühungen, den Coolen zu mimen, verlangte Maud endlich Aufklärung. „Und … wird sie den Bildern gerecht, die ich dir zugesandt habe?“
„Natürlich. Das erwarte ich auch von einem Model, das sich deiner Gunst erfreut.“
Maud lachte rau.
„Trotzdem bleibt die Frage bestehen … wird sie auch mental den Anforderungen einer derart aufwendigen und exklusiven Kampagne standhalten? Und hat sie die … wilden Zeiten von damals tatsächlich ganz hinter sich gelassen?“
„Romain, das ist ungerecht! Nicht jeder ist wie deine …“
„ Maud !“ Diesmal war die Warnung ganz klar und unverhohlen.
Seine Tante schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf, ehe sie etwas bedachter weitersprach. „Ich habe jedenfalls nie den geringsten Ärger mit ihr gehabt. Sie ist höflich, pünktlich und äußerst professionell. Die Fotografen und Stylisten beten sie förmlich an, weil sie ihnen den Job so leicht macht.“
„Du hast wohl völlig vergessen, was vor acht Jahren in London geschehen ist“, brachte Romain ihr mit harter Stimme in Erinnerung. „Da waren sämtliche Zeitungen voll von Audrey Quinn, dem Enfant Terrible der Modeszene. So lange ist das noch nicht her, und diese Kampagne …“
„Ich erinnere mich noch sehr gut daran“, unterbrach Maud ihren Neffen ungeduldig. „Und auch an deine unrühmliche und in meinen Augen völlig überzogene Reaktion auf die ganze traurige Geschichte! Du hast mit deiner Meinung wahrlich nicht hinter dem Berg gehalten, oder?“
Mit gerunzelter Stirn musterte sie die stoische Miene ihres Neffen, der sie plötzlich an den
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